Schäfer, Hamburg: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon eine ganze Menge zum Thema
Freiheit, Freiberuflichkeit etc. gehört. Freiheit heißt nicht nur Freiheit
„von“, sondern auch Freiheit „zu“, und zwar zu einer unabhängigen
Entscheidungsfindung. Ich möchte die Brisanz an ein paar Beispielen aufzeigen,
die mir tagtäglich in Telefonaten in die Ohren flattern.
Ich habe noch die Zeiten erlebt,
als in der Klinik der kaufmännische Direktor hauptberuflich war, der ärztliche
Direktor das im Nebenamt machte und der kaufmännische Direktor ihm die
Entscheidungen vorbereitete und ihm zuarbeitete. Kurze Zeit später wurde dann
der kaufmännische Direktor sehr selbstständig und selbstbewusst. Irgendwann kam
es dazu, dass, um ihm Paroli bieten zu können, der ärztliche Direktor zum
Fulltimejob wurde.
Heute brüstet sich eine Klinikkette
damit, dass sie den ärztlichen Direktor wieder abgeschafft hat, zum Hobby
nebenbei gemacht hat. Das alleinige Sagen in der Klinik hat der Kaufmann.
Welche Folgen das hat, ist richtig
spannend zu sehen, wenn Sie als Sohn einer 91-jährigen Mutter erfahren: Ihre
Mutter ist nicht gut genug, um nach der operativ versuchten Behandlung der
Hüftgelenksfraktur noch in die Reha zu kommen. Sie wird dann in die Geriatrie
abgeschoben, von der die kenntnisreiche Krankenkasse sagt: Dort werden die
Patienten nur noch verwaltet, mehr nicht.
Hier wird nach wirtschaftlichen
Gesichtspunkten entschieden, weil es so schön billig ist, die Reha wird zu
teuer. Dann wird, um irgendwelchen Pauschalen gerecht zu werden, den
Krankenschwestern aufgetragen, Heusäckchen auf die Patienten zu verteilen und
dies als „krankengymnastische Behandlung“ zu dokumentieren. Wenn man nachfragt,
geben die Schwestern Ihnen zu: Dokumentation für alles das, was nach Lehrbuch
erforderlich ist, die Restzeit am Patienten wird für die Leistung erübrigt. Dokumentation
geht vor Ausführung.
Das ist „Qualität“ unter
kaufmännischem Diktat heutzutage. Wir draußen in der Praxis dürfen es zu
ungünstigeren Konditionen nacharbeiten. Das ist sicher für das Gesamtsystem
teurer.
Hier müssen wir dafür sorgen, dass
der ärztliche Sachverstand ein sehr viel stärkeres Gewicht erhält und dass wir
die Freiheit der Ärzte für ihre Patienten uns wieder erstreiten.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Danke schön, Herr Schäfer. So ist das. Wenn man jemanden im
Hintergrund hat, der dafür sorgt, dass für das Krankenhaus, das sich so verhält
bzw. für die Einrichtung, öffentlichkeitswirksame Nachteile entstehen könnten,
dann ist die Verhaltensweise plötzlich ganz anders. Soweit sind wir schon. Ich
spreche auch aus Erfahrung.
Jetzt bitte Frau Taube aus Sachsen.
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