Dr. Koch, Referent:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Sie haben ja anlässlich der Novellierung der Weiterbildungsordnung
2003 beschlossen, dass auf jedem Ärztetag ein Sachstandsbericht über die
Weiterbildungsordnung abgegeben werden muss. Ich folge auch in diesem Jahr sehr
gerne diesem Beschluss.
Der Sachstandsbericht heute wird
sich mit zwei Themen befassen: zum einen mit dem Thema der Anpassung der
(Muster-)Weiterbildungsordnung 2009/2010 und zum anderen mit der Evaluation der
Weiterbildung, so wie sie schon vor einem Jahr diskutiert wurde.
Kommen wir zuerst zur Anpassung der
(Muster-)Weiterbildungsordnung 2009/2010. Meine Damen und Herren, ich habe
bewusst „Anpassung der Weiterbildungsordnung“ gesagt, denn es handelt sich
nicht um eine Novellierung. Es handelt sich um eine Anpassung der
Weiterbildungsordnung 2003 an aktuelle Gegebenheiten, an dringende
wissenschaftliche Erfordernisse, an Beseitigungen von Problemen, die
beispielsweise bei den Kammern in der täglichen Arbeit aufgetreten sind.
Ich habe Ihnen bereits vor einem
Jahr berichtet, dass wir Anfang 2008 sowohl die Landesärztekammern als auch die
Fachgesellschaften und die Berufsverbände angeschrieben haben, wo sie
dringenden Handlungsbedarf und Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf bei der
(Muster-)Weiterbildungsordnung sehen. Als Termin war Ende Juli 2008 festgelegt
worden. Bis dahin sollten alle diese Bemerkungen, Anmerkungen und Wünsche bei
der Bundesärztekammer eingegangen sein. Die letzten, die eingegangen sind,
stammen aus Anfang 2009. Auch manche Kammern haben erst im November 2008 ihre
Wünsche kundgetan.
Wir haben alles, was zum Stichtag
Ende dieses Jahres eingegangen war, mit in die Beratungen aufgenommen und
diskutiert. Inzwischen füllen die eingegangenen Anträge über 20 Leitz-Ordner.
Es geht von ganz einfachen Dingen, wo Begriffe sinnvoll verwendet werden
müssen, bis hin zu grundlegenden Dingen.
Meine Damen und Herren, Sie können
sich bei unserer Weiterbildungsordnung vorstellen, dass es nicht einfach damit
getan ist, an der einen Stelle ein Wort oder einen Satz einzufügen, sondern es
muss natürlich überprüft werden, ob dies nicht an einer ganz anderen Stelle zu
neuen Konsequenzen führt und ob es mit dem ganzen System der
Weiterbildungsordnung kompatibel ist. Aus diesem Grunde haben sich sowohl die
Ständige Konferenz Ende letzten Jahres und im Frühjahr dieses Jahres als auch
der Ausschuss „Weiterbildung“ intensiv mit der Problematik befasst. Der
Ausschuss „Weiterbildung“ hat in den letzten Monaten sehr häufig in zwei- bis
dreitägigen Sitzungen getagt, um alle Wünsche, die eingegangen sind, zu
bearbeiten.
Sie wissen ja, dass diese Anpassung
der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2009/2010 nach dem sogenannten zweistufigen
Normsetzungsverfahren ablaufen soll. Ich denke, Sie wissen inzwischen, was das
bedeutet. Es heißt: Die Landesärztekammern und ihre Gremien sollen in einem
Circulus mit eingebunden werden, damit dann auf einem Deutschen Ärztetag, der
sich mit der Problematik intensiv befasst, eine möglichst bundeseinheitliche
Weiterbildungsordnung ohne Abweichung in einzelnen Kammern zustande kommt, weil
alle schon vorher in ihren Gremien über die Problematik diskutiert haben und
dies dann wieder auf die Bundesebene zurückspiegeln können.
Das zweistufige Normsetzungsverfahren
bezüglich dieses Projekts der Anpassung der Weiterbildungsordnung bedeutet,
dass, nachdem sich der Ausschuss „Weiterbildung“ im Juni in zweitägiger Sitzung
zum letzten Mal mit dieser Problematik befassen wird, ein Überblick darüber
erstellt wird, was empfohlen wird, in der Weiterbildungsordnung zu ergänzen
bzw. zu ändern. Die entsprechende Begründung ist zu liefern. Das Ergebnis wird
dann im Laufe des Monats Juli den Kammern zur Verfügung gestellt werden, damit
diese dann bis Ende November in ihren entsprechenden Organen die Problematik
diskutieren können, sich die einzelnen Punkte anschauen können.
Wir haben eruiert und
herausgefunden, dass bis Ende November alle Landesärztekammern ihre
Kammerversammlung durchgeführt haben werden. Deswegen haben wir für Anfang
Dezember einen neuen Termin für die Ständige Konferenz „Weiterbildung“
festgelegt. Dann wird die Ständige Konferenz, in der ja die Landesärztekammern
vertreten sind, in einer dreitägigen Sitzung darüber befinden, wie man mit den
Einwendungen und den Ergänzungen der Kammern sinnvoll umgeht.
Im Februar oder im März 2010 wird
sich der Vorstand der Bundesärztekammer nochmals mit der Problematik befassen,
sodass dann auf dem Deutschen Ärztetag 2010 in Dresden Ihnen diese Punkte zur
Ergänzung bzw. zur Änderung einzelner Passagen der Weiterbildungsordnung
vorgelegt werden können.
Sie sehen: Es gibt eine doch
erhebliche Vorlaufzeit, um dieses zweistufige Normsetzungsverfahren umzusetzen,
damit wir ganz demokratisch von allen Seiten, auch aus den Kammern, diejenigen
Informationen bekommen, um Ihnen auf dem nächsten Deutschen Ärztetag einen
sinnvollen Vorschlag für eine Weiterbildungsordnung machen zu können.
Es ist deswegen wenig sinnvoll,
jetzt nochmals die Möglichkeit zu schaffen, neue Anträge einzubringen. Diese
können in dem jetzt eingeleiteten Verfahren nicht mehr untergebracht werden.
Sie würden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, was auch nicht gut wäre.
Man sollte sie, wenn sie nun da sind, an den Vorstand überweisen, damit man
versuchen kann, sie noch, soweit das möglich ist, mit in das Geschehen
einzuschleusen.
Meine Damen und Herren, der zweite
Punkt, über den ich Ihnen berichten will, ist die Evaluation der Weiterbildung.
Wir haben vor einem Jahr auf dem Deutschen Ärztetag beschlossen, dass wir
dieses Projekt dringend voranbringen wollen. Wir haben zusammen mit den
Landesärztekammern intensiv an diesem Projekt gearbeitet. Wir haben eine
Projektgruppe gebildet, wir haben enge Verhandlungen mit der ETH Zürich
aufgenommen, die das Ganze ja datentechnisch begleiten soll und begleiten wird.
Es ist nun alles so weit fertig,
meine Damen und Herren. Ich kann Ihnen kurz noch einmal die Ziele schildern.
Ziel ist es, die Qualität der Weiterbildung zu sichern, Stärken und Schwächen
unserer Weiterbildung aufzuzeigen, um daraus Verbesserungspotenziale zu
entwickeln.
Meine Damen und Herren, die
Weiterbildung ist die wesentliche Strukturqualität, die die Kammern für die
Patientenversorgung liefern. Sie sind der Garant dafür. Deswegen müssen wir
nicht nur in der Weiterbildungsordnung für sinnvolle Inhalte sorgen, sondern
diese jeweils auch evaluieren und überprüfen, vor allem auch deswegen, weil auf
der einen Seite immer wieder geklagt wird, die Weiterbildung in Deutschland
lasse zu wünschen übrig, auf der anderen Seite gerade die bei uns
weitergebildeten Fachärztinnen und Fachärzte vom Ausland – gerade auch vom
europäischen Ausland – intensiv abgeworben werden. So schlecht kann die
Weiterbildung also doch nicht sein.
Wir wollen es genau wissen; deshalb
also die Evaluation der Weiterbildung.
Es gibt noch weitere Ziele. Wir
brauchen Daten für die berufspolitische Diskussion. Wir müssen als Kammern die
Verantwortung für die Weiterbildung behalten. Sie darf keinesfalls in
irgendwelche politischen Gremien oder Staatsgremien abwandern. Wir wollen
natürlich auch die Steigerung der Attraktivität des Weiterbildungsstandorts
Deutschland bewahren.
Meine Damen und Herren, es wird
einen Befugtenfragebogen geben. Die Befugten werden also in das Geschehen mit
eingebunden. Dieser Fragebogen wird etwa 30 Fragen enthalten: ob die
Arbeitszeit eingehalten werden kann, ob die Vorgaben, die in den jeweiligen
Abteilungen herrschen, auch dazu führen, dass die Weiterbildung sinnvoll
gestaltet werden kann, ob ein Budget vorliegt usw. Es sind 30 Fragen, die der
Weiterbildungsbefugte beantworten soll.
Es wird einen Fragebogen für die
Assistentinnen und Assistenten in Weiterbildung geben, die sich in der
Weiterbildung zum Facharzt befinden. Ich sage es noch einmal, meine Damen und
Herren: Die ganze Evaluation bezieht sich auf die Facharztweiterbildung. Dieser
Fragebogen ist in acht Komplexe unterteilt und umfasst etwa 100 Fragen, die
sich mit allen möglichen Aspekten in der Weiterbildung befassen.
Es gibt Benchmarkgruppen, es gibt
die 51 Facharztgruppen entsprechend der (Muster-)Weiterbildungsordnung, die
sich untereinander vergleichen, und es gibt fünf Gruppen der
Basisweiterbildungen, die ebenfalls verglichen werden.
Aber auch der niedergelassene
Bereich wird in die Evaluation mit einbezogen. Wir haben hier zwei Gruppen
geschaffen: die Gruppe der Hausärzte, die mit sich selbst verglichen wird, und
die Gruppe der Fachärzte im niedergelassenen Bereich.
Jeder Weiterbildungsbefugte, jede
Weiterbildungsabteilung wird eine entsprechend aufbereitete Information
bekommen, wo man sich in diesem Benchmarksystem wiederfindet. Es wird eine
sogenannte Benchmarkspinne geben, sodass man mit einem Blick sehen kann, wo
Defizite bestehen, wo etwas verbessert werden muss, wo man eventuell sogar
besser ist als der allgemeine Durchschnitt.
Ich kann Ihnen nun eigentlich den
Start zu dieser Evaluation der Weiterbildung geben. Voraussichtlich Ende
nächster Woche werden von den Landesärztekammern die Briefe an die Befugten
geschickt werden. Das Onlineportal – Sie wissen ja: das Ganze erfolgt nur
online –, das Webportal zum Ausfüllen der Fragebögen wird nächste Woche
freigeschaltet. Dann geht es los. In dem Moment, da der Befugte seine Daten
eingegeben hat, fallen automatisch die Zugangscodes für die Kolleginnen und
Kollegen in der Weiterbildung zum Facharzt heraus, sodass sie ab diesem
Zeitpunkt im Internet ihre Fragen beantworten können. Das muss nicht auf einmal
geschehen. Man kann die Beantwortung der Fragen jederzeit unterbrechen und zu
einem anderen Zeitpunkt an derselben Stelle fortführen.
Die Befragungsdauer wird etwa sechs
bis acht Wochen betragen. Solange haben alle Zeit, ihre Fragebögen auszufüllen.
Es ist in Deutschland – leider –
nicht anders möglich, außer über die Weiterbildungsbefugten an die Assistenten
in Weiterbildung heranzukommen, weil wir in den Kammern kein Verzeichnis haben,
wer wo weitergebildet wird, in welcher Abteilung und zu welchem Facharzt. Das
wissen nur die Weiterbildungsbefugten. Deswegen ist es zurzeit nur möglich,
über die Weiterbildungsbefugten an die in Weiterbildung befindlichen
Kolleginnen und Kollegen heranzukommen.
Das System ist in der Schweiz, die
diese Evaluation schon seit vielen Jahren durchführt, und zwar jährlich,
vollkommen identisch. Dort gibt es dasselbe Problem wie bei uns. Es hat sich
gezeigt, dass dies in den letzten zwölf Jahren in der Schweiz überhaupt kein
Problem darstellt, dass es dort problemlos funktioniert. Ich bin der Meinung,
dass es auch bei uns funktionieren wird.
Wir werden alle Kolleginnen und
Kollegen nochmals in den Ärzteblättern, in Rundschreiben, in Aufrufen
informieren, dass jetzt die Befugten angeschrieben sind, sodass sie dann von
den Befugten ihre Fragebögen abverlangen können. Es ist bei jeder Kammer eine
Hotline geschaltet, sodass man sich in dem Fall, dass es nicht funktionieren
sollte, sofort bei seiner Kammer melden und sagen kann: Hier funktioniert etwas
nicht. Dann kann vonseiten der Kammer entsprechend eingegriffen werden.
Es gibt also
nicht nur eine Bringschuld, es gibt auch eine gewisse Holschuld, wenn man
diesen Begriff hier verwenden will. Alle sind aufgefordert, sich zu rühren, so
sie ihre Bögen von den Weiterbildungsbefugten nicht bekommen.
Ich kann an
dieser Stelle nur an alle Weiterbildungsbefugten appellieren: Machen Sie mit
bei dieser Befragung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nur mit Ihrer Hilfe wird
es gelingen, sinnvolle Daten zu erhalten, die uns eine Auswertung bringen, die
man bundesweit verwenden kann und die man auch, wie es auf Neudeutsch heißt, benchmarken
kann.
Sie sehen hier
einige Seiten des Webportals, das ja nun fertig ist und nächste Woche
freigeschaltet wird. Sie sehen zunächst die Eingangsseite, die für alle gilt.
Dort kann man seine Teilnehmernummer und den Code eingeben, den man mitgeteilt
bekommen hat. Dann kann man die entsprechenden Fragebögen beantworten.
Jetzt sehen Sie
beispielsweise eine Seite für den Weiterbildungsbefugten. Hier wird gefragt, ob
die Weiterbildungszeit ausreicht, ob die Arbeitszeitregelungen dazu führen,
dass eine Weiterbildung möglich ist. In dieser Art gibt es etwa 30 Fragen.
Am Schluss
kommt der Weiterbildungsbefugte zu einer Seite, mit der er das Ganze auch
verwalten kann, wo er, wenn er sich vertippt haben sollte, die Zahl derer
ändern kann, die in Weiterbildung befindlich sind. Beim Probelauf haben wir
schon festgestellt, dass jemand statt „50“ „5“ eingegeben hat. Das muss man
natürlich korrigieren, weil anderenfalls die Statistik überhaupt nicht stimmt.
Das alles ist auf dieser Seite für den Weiterbildungsbefugten möglich.
Der in
Weiterbildung Befindliche kommt nach der ersten Seite und nach Eingabe seines
Namens und seines Codes auf den Fragebogen, der, wie gesagt, etwa 100 Fragen
umfasst, die nach Gruppen geordnet sind. Man kann die Bewertungen 1 bis 6
vergeben, wobei 1 „voll und ganz“ bedeutet, 6 bedeutet „trifft überhaupt nicht
zu“. Die Eingaben erfolgen durch einfaches Anklicken.
Die Bearbeitung
dieses Fragebogens durch den in Weiterbildung Befindlichen nimmt, wie unsere
Probeläufe gezeigt haben, zwischen 20 und 30 Minuten in Anspruch. Es muss nicht
auf einmal sein, es kann auch fraktioniert geschehen.
Ein anderer
Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist die Anonymität der Daten. Es wurde
ja immer bezweifelt, ob die Daten wirklich alle anonym sind, ob man nicht
herauslesen kann, welcher in Weiterbildung Befindliche welche Fragen
beantwortet hat. Das kann man nur, wenn es weniger als vier in Weiterbildung
Befindliche in einer Abteilung gibt. Wenn dies der Fall ist, kann jeder selbst
festlegen, ob seine Daten für dieses persönliche Benchmarking verwendet werden
dürfen oder nicht. Für den bundesweiten Vergleich werden die Daten natürlich
genommen, weil man da die einzelnen Abteilungen nicht herauslesen kann. Sie
haben auf der letzten Seite also die Möglichkeit, Ihre Anonymität zu wahren.
Meine Damen und
Herren, soweit mein Sachstandsbericht zu Weiterbildungsfragen in diesem Jahr.
Ich darf mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Vielen Dank, Dr. Koch, für den Bericht und vor allen Dingen auch
für diese viele Arbeit, die in der Vorbereitung der Evaluationsfrage steckt.
Das war wirklich eine Marathonangelegenheit, vor allen Dingen auch der
Überzeugung. Das Materielle kommt ja erst dann, wenn man alle überzeugt hat, dass
es richtig ist. Ich glaube, mittlerweile sind viele überzeugt, vielleicht sogar
alle.
Jetzt haben wir eine Rednerliste
mit bisher 16 Wortmeldungen und eine große Zahl von Anträgen zu dem ganzen
Komplex. Wir kommen zur Aussprache. Zunächst ist die Vizepräsidentin, Frau Dr. Goesmann,
am Wort. Bitte schön, Frau Dr. Goesmann.
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