TOP V: (Muster-)Weiterbildungsordnung – Sachstandsbericht

Donnerstag, 21. Mai 2009, Nachmittagssitzung

Dr. Koch, ReferentDr. Koch, Referent: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben ja anlässlich der Novellierung der Weiterbildungsordnung 2003 beschlossen, dass auf jedem Ärztetag ein Sachstandsbericht über die Weiterbildungsordnung abgegeben werden muss. Ich folge auch in diesem Jahr sehr gerne diesem Beschluss.

Der Sachstandsbericht heute wird sich mit zwei Themen befassen: zum einen mit dem Thema der Anpassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2009/2010 und zum anderen mit der Evaluation der Weiterbildung, so wie sie schon vor einem Jahr diskutiert wurde.

Kommen wir zuerst zur Anpassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2009/2010. Meine Damen und Herren, ich habe bewusst „Anpassung der Weiterbildungsordnung“ gesagt, denn es handelt sich nicht um eine Novellierung. Es handelt sich um eine Anpassung der Weiterbildungsordnung 2003 an aktuelle Gegebenheiten, an dringende wissenschaftliche Erfordernisse, an Beseitigungen von Problemen, die beispielsweise bei den Kammern in der täglichen Arbeit aufgetreten sind.

Ich habe Ihnen bereits vor einem Jahr berichtet, dass wir Anfang 2008 sowohl die Landesärztekammern als auch die Fachgesellschaften und die Berufsverbände angeschrieben haben, wo sie dringenden Handlungsbedarf und Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf bei der (Muster-)Weiterbildungsordnung sehen. Als Termin war Ende Juli 2008 festgelegt worden. Bis dahin sollten alle diese Bemerkungen, Anmerkungen und Wünsche bei der Bundesärztekammer eingegangen sein. Die letzten, die eingegangen sind, stammen aus Anfang 2009. Auch manche Kammern haben erst im November 2008 ihre Wünsche kundgetan.

Wir haben alles, was zum Stichtag Ende dieses Jahres eingegangen war, mit in die Beratungen aufgenommen und diskutiert. Inzwischen füllen die eingegangenen Anträge über 20 Leitz-Ordner. Es geht von ganz einfachen Dingen, wo Begriffe sinnvoll verwendet werden müssen, bis hin zu grundlegenden Dingen.

Meine Damen und Herren, Sie können sich bei unserer Weiterbildungsordnung vorstellen, dass es nicht einfach damit getan ist, an der einen Stelle ein Wort oder einen Satz einzufügen, sondern es muss natürlich überprüft werden, ob dies nicht an einer ganz anderen Stelle zu neuen Konsequenzen führt und ob es mit dem ganzen System der Weiterbildungsordnung kompatibel ist. Aus diesem Grunde haben sich sowohl die Ständige Konferenz Ende letzten Jahres und im Frühjahr dieses Jahres als auch der Ausschuss „Weiterbildung“ intensiv mit der Problematik befasst. Der Ausschuss „Weiterbildung“ hat in den letzten Monaten sehr häufig in zwei- bis dreitägigen Sitzungen getagt, um alle Wünsche, die eingegangen sind, zu bearbeiten.

Sie wissen ja, dass diese Anpassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2009/2010 nach dem sogenannten zweistufigen Normsetzungsverfahren ablaufen soll. Ich denke, Sie wissen inzwischen, was das bedeutet. Es heißt: Die Landesärztekammern und ihre Gremien sollen in einem Circulus mit eingebunden werden, damit dann auf einem Deutschen Ärztetag, der sich mit der Problematik intensiv befasst, eine möglichst bundeseinheitliche Weiterbildungsordnung ohne Abweichung in einzelnen Kammern zustande kommt, weil alle schon vorher in ihren Gremien über die Problematik diskutiert haben und dies dann wieder auf die Bundesebene zurückspiegeln können.

Das zweistufige Normsetzungsverfahren bezüglich dieses Projekts der Anpassung der Weiterbildungsordnung bedeutet, dass, nachdem sich der Ausschuss „Weiterbildung“ im Juni in zweitägiger Sitzung zum letzten Mal mit dieser Problematik befassen wird, ein Überblick darüber erstellt wird, was empfohlen wird, in der Weiterbildungsordnung zu ergänzen bzw. zu ändern. Die entsprechende Begründung ist zu liefern. Das Ergebnis wird dann im Laufe des Monats Juli den Kammern zur Verfügung gestellt werden, damit diese dann bis Ende November in ihren entsprechenden Organen die Problematik diskutieren können, sich die einzelnen Punkte anschauen können.

Wir haben eruiert und herausgefunden, dass bis Ende November alle Landesärztekammern ihre Kammerversammlung durchgeführt haben werden. Deswegen haben wir für Anfang Dezember einen neuen Termin für die Ständige Konferenz „Weiterbildung“ festgelegt. Dann wird die Ständige Konferenz, in der ja die Landesärztekammern vertreten sind, in einer dreitägigen Sitzung darüber befinden, wie man mit den Einwendungen und den Ergänzungen der Kammern sinnvoll umgeht.

Im Februar oder im März 2010 wird sich der Vorstand der Bundesärztekammer nochmals mit der Problematik befassen, sodass dann auf dem Deutschen Ärztetag 2010 in Dresden Ihnen diese Punkte zur Ergänzung bzw. zur Änderung einzelner Passagen der Weiterbildungsordnung vorgelegt werden können.

Sie sehen: Es gibt eine doch erhebliche Vorlaufzeit, um dieses zweistufige Normsetzungsverfahren umzusetzen, damit wir ganz demokratisch von allen Seiten, auch aus den Kammern, diejenigen Informationen bekommen, um Ihnen auf dem nächsten Deutschen Ärztetag einen sinnvollen Vorschlag für eine Weiterbildungsordnung machen zu können.

Es ist deswegen wenig sinnvoll, jetzt nochmals die Möglichkeit zu schaffen, neue Anträge einzubringen. Diese können in dem jetzt eingeleiteten Verfahren nicht mehr untergebracht werden. Sie würden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, was auch nicht gut wäre. Man sollte sie, wenn sie nun da sind, an den Vorstand überweisen, damit man versuchen kann, sie noch, soweit das möglich ist, mit in das Geschehen einzuschleusen.

Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, über den ich Ihnen berichten will, ist die Evaluation der Weiterbildung. Wir haben vor einem Jahr auf dem Deutschen Ärztetag beschlossen, dass wir dieses Projekt dringend voranbringen wollen. Wir haben zusammen mit den Landesärztekammern intensiv an diesem Projekt gearbeitet. Wir haben eine Projektgruppe gebildet, wir haben enge Verhandlungen mit der ETH Zürich aufgenommen, die das Ganze ja datentechnisch begleiten soll und begleiten wird.

Es ist nun alles so weit fertig, meine Damen und Herren. Ich kann Ihnen kurz noch einmal die Ziele schildern. Ziel ist es, die Qualität der Weiterbildung zu sichern, Stärken und Schwächen unserer Weiterbildung aufzuzeigen, um daraus Verbesserungspotenziale zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, die Weiterbildung ist die wesentliche Strukturqualität, die die Kammern für die Patientenversorgung liefern. Sie sind der Garant dafür. Deswegen müssen wir nicht nur in der Weiterbildungsordnung für sinnvolle Inhalte sorgen, sondern diese jeweils auch evaluieren und überprüfen, vor allem auch deswegen, weil auf der einen Seite immer wieder geklagt wird, die Weiterbildung in Deutschland lasse zu wünschen übrig, auf der anderen Seite gerade die bei uns weitergebildeten Fachärztinnen und Fachärzte vom Ausland – gerade auch vom europäischen Ausland – intensiv abgeworben werden. So schlecht kann die Weiterbildung also doch nicht sein.

Wir wollen es genau wissen; deshalb also die Evaluation der Weiterbildung.

Es gibt noch weitere Ziele. Wir brauchen Daten für die berufspolitische Diskussion. Wir müssen als Kammern die Verantwortung für die Weiterbildung behalten. Sie darf keinesfalls in irgendwelche politischen Gremien oder Staatsgremien abwandern. Wir wollen natürlich auch die Steigerung der Attraktivität des Weiterbildungsstandorts Deutschland bewahren.

Meine Damen und Herren, es wird einen Befugtenfragebogen geben. Die Befugten werden also in das Geschehen mit eingebunden. Dieser Fragebogen wird etwa 30 Fragen enthalten: ob die Arbeitszeit eingehalten werden kann, ob die Vorgaben, die in den jeweiligen Abteilungen herrschen, auch dazu führen, dass die Weiterbildung sinnvoll gestaltet werden kann, ob ein Budget vorliegt usw. Es sind 30 Fragen, die der Weiterbildungsbefugte beantworten soll.

Es wird einen Fragebogen für die Assistentinnen und Assistenten in Weiterbildung geben, die sich in der Weiterbildung zum Facharzt befinden. Ich sage es noch einmal, meine Damen und Herren: Die ganze Evaluation bezieht sich auf die Facharztweiterbildung. Dieser Fragebogen ist in acht Komplexe unterteilt und umfasst etwa 100 Fragen, die sich mit allen möglichen Aspekten in der Weiterbildung befassen.

Es gibt Benchmarkgruppen, es gibt die 51 Facharztgruppen entsprechend der (Muster-)Weiterbildungsordnung, die sich untereinander vergleichen, und es gibt fünf Gruppen der Basisweiterbildungen, die ebenfalls verglichen werden.

Aber auch der niedergelassene Bereich wird in die Evaluation mit einbezogen. Wir haben hier zwei Gruppen geschaffen: die Gruppe der Hausärzte, die mit sich selbst verglichen wird, und die Gruppe der Fachärzte im niedergelassenen Bereich.

Jeder Weiterbildungsbefugte, jede Weiterbildungsabteilung wird eine entsprechend aufbereitete Information bekommen, wo man sich in diesem Benchmarksystem wiederfindet. Es wird eine sogenannte Benchmarkspinne geben, sodass man mit einem Blick sehen kann, wo Defizite bestehen, wo etwas verbessert werden muss, wo man eventuell sogar besser ist als der allgemeine Durchschnitt.

Ich kann Ihnen nun eigentlich den Start zu dieser Evaluation der Weiterbildung geben. Voraussichtlich Ende nächster Woche werden von den Landesärztekammern die Briefe an die Befugten geschickt werden. Das Onlineportal – Sie wissen ja: das Ganze erfolgt nur online –, das Webportal zum Ausfüllen der Fragebögen wird nächste Woche freigeschaltet. Dann geht es los. In dem Moment, da der Befugte seine Daten eingegeben hat, fallen automatisch die Zugangscodes für die Kolleginnen und Kollegen in der Weiterbildung zum Facharzt heraus, sodass sie ab diesem Zeitpunkt im Internet ihre Fragen beantworten können. Das muss nicht auf einmal geschehen. Man kann die Beantwortung der Fragen jederzeit unterbrechen und zu einem anderen Zeitpunkt an derselben Stelle fortführen.

Die Befragungsdauer wird etwa sechs bis acht Wochen betragen. Solange haben alle Zeit, ihre Fragebögen auszufüllen.

Es ist in Deutschland – leider – nicht anders möglich, außer über die Weiterbildungsbefugten an die Assistenten in Weiterbildung heranzukommen, weil wir in den Kammern kein Verzeichnis haben, wer wo weitergebildet wird, in welcher Abteilung und zu welchem Facharzt. Das wissen nur die Weiterbildungsbefugten. Deswegen ist es zurzeit nur möglich, über die Weiterbildungsbefugten an die in Weiterbildung befindlichen Kolleginnen und Kollegen heranzukommen.

Das System ist in der Schweiz, die diese Evaluation schon seit vielen Jahren durchführt, und zwar jährlich, vollkommen identisch. Dort gibt es dasselbe Problem wie bei uns. Es hat sich gezeigt, dass dies in den letzten zwölf Jahren in der Schweiz überhaupt kein Problem darstellt, dass es dort problemlos funktioniert. Ich bin der Meinung, dass es auch bei uns funktionieren wird.

Wir werden alle Kolleginnen und Kollegen nochmals in den Ärzteblättern, in Rundschreiben, in Aufrufen informieren, dass jetzt die Befugten angeschrieben sind, sodass sie dann von den Befugten ihre Fragebögen abverlangen können. Es ist bei jeder Kammer eine Hotline geschaltet, sodass man sich in dem Fall, dass es nicht funktionieren sollte, sofort bei seiner Kammer melden und sagen kann: Hier funktioniert etwas nicht. Dann kann vonseiten der Kammer entsprechend eingegriffen werden.

Es gibt also nicht nur eine Bringschuld, es gibt auch eine gewisse Holschuld, wenn man diesen Begriff hier verwenden will. Alle sind aufgefordert, sich zu rühren, so sie ihre Bögen von den Weiterbildungsbefugten nicht bekommen.

Ich kann an dieser Stelle nur an alle Weiterbildungsbefugten appellieren: Machen Sie mit bei dieser Befragung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nur mit Ihrer Hilfe wird es gelingen, sinnvolle Daten zu erhalten, die uns eine Auswertung bringen, die man bundesweit verwenden kann und die man auch, wie es auf Neudeutsch heißt, benchmarken kann.

Sie sehen hier einige Seiten des Webportals, das ja nun fertig ist und nächste Woche freigeschaltet wird. Sie sehen zunächst die Eingangsseite, die für alle gilt. Dort kann man seine Teilnehmernummer und den Code eingeben, den man mitgeteilt bekommen hat. Dann kann man die entsprechenden Fragebögen beantworten.

Jetzt sehen Sie beispielsweise eine Seite für den Weiterbildungsbefugten. Hier wird gefragt, ob die Weiterbildungszeit ausreicht, ob die Arbeitszeitregelungen dazu führen, dass eine Weiterbildung möglich ist. In dieser Art gibt es etwa 30 Fragen.

Am Schluss kommt der Weiterbildungsbefugte zu einer Seite, mit der er das Ganze auch verwalten kann, wo er, wenn er sich vertippt haben sollte, die Zahl derer ändern kann, die in Weiterbildung befindlich sind. Beim Probelauf haben wir schon festgestellt, dass jemand statt „50“ „5“ eingegeben hat. Das muss man natürlich korrigieren, weil anderenfalls die Statistik überhaupt nicht stimmt. Das alles ist auf dieser Seite für den Weiterbildungsbefugten möglich.

Der in Weiterbildung Befindliche kommt nach der ersten Seite und nach Eingabe seines Namens und seines Codes auf den Fragebogen, der, wie gesagt, etwa 100 Fragen umfasst, die nach Gruppen geordnet sind. Man kann die Bewertungen 1 bis 6 vergeben, wobei 1 „voll und ganz“ bedeutet, 6 bedeutet „trifft überhaupt nicht zu“. Die Eingaben erfolgen durch einfaches Anklicken.

Die Bearbeitung dieses Fragebogens durch den in Weiterbildung Befindlichen nimmt, wie unsere Probeläufe gezeigt haben, zwischen 20 und 30 Minuten in Anspruch. Es muss nicht auf einmal sein, es kann auch fraktioniert geschehen.

Ein anderer Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist die Anonymität der Daten. Es wurde ja immer bezweifelt, ob die Daten wirklich alle anonym sind, ob man nicht herauslesen kann, welcher in Weiterbildung Befindliche welche Fragen beantwortet hat. Das kann man nur, wenn es weniger als vier in Weiterbildung Befindliche in einer Abteilung gibt. Wenn dies der Fall ist, kann jeder selbst festlegen, ob seine Daten für dieses persönliche Benchmarking verwendet werden dürfen oder nicht. Für den bundesweiten Vergleich werden die Daten natürlich genommen, weil man da die einzelnen Abteilungen nicht herauslesen kann. Sie haben auf der letzten Seite also die Möglichkeit, Ihre Anonymität zu wahren.

Meine Damen und Herren, soweit mein Sachstandsbericht zu Weiterbildungsfragen in diesem Jahr. Ich darf mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Dr. Koch, für den Bericht und vor allen Dingen auch für diese viele Arbeit, die in der Vorbereitung der Evaluationsfrage steckt. Das war wirklich eine Marathonangelegenheit, vor allen Dingen auch der Überzeugung. Das Materielle kommt ja erst dann, wenn man alle überzeugt hat, dass es richtig ist. Ich glaube, mittlerweile sind viele überzeugt, vielleicht sogar alle.

Jetzt haben wir eine Rednerliste mit bisher 16 Wortmeldungen und eine große Zahl von Anträgen zu dem ganzen Komplex. Wir kommen zur Aussprache. Zunächst ist die Vizepräsidentin, Frau Dr. Goesmann, am Wort. Bitte schön, Frau Dr. Goesmann.

© Bundesärztekammer 2009