TOP VIII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

Freitag, 22. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. Joas, Bayern: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Calles hat über Millionen gesprochen. Ich spreche über Milliarden und bitte deshalb um Ihre rege Aufmerksamkeit. Wir haben gehört: Wir können Millionen sparen. Wir haben vor zwei Jahren einen Antrag zu einer Expertise gestellt, die inzwischen vorliegt. Bei Mittelknappheit – so war unser Ausgangspunkt vor zwei Jahren – sollten wir als Ärzte nicht nur weitere Finanzmittel einfordern, sondern wir sollten über die optimierte Verteilung von Finanzmitteln sprechen. In Zeiten der Rationierung müssen knappe Mittel gerecht – oder noch besser: patientenoptimiert – verteilt werden.

Innerhalb von 35 Jahren – so haben wir es auf der Eröffnungsveranstaltung von unserem Präsidenten Hoppe gehört – sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die ambulante Versorgung von 22 auf 15 Prozent gesunken. Im Gegenzug sind die Ausgaben für Arzneimittel entsprechend auf derzeit 25 Prozent gestiegen.

Erfolgt diese Ausgabensteigerung zum Wohle unserer Patienten oder zur Profitmaximierung der Pharmaindustrie? Das ist eine provokative Floskel. Jetzt wissen wir mehr. Nun liegt uns die geforderte Expertise zum Einfluss der Pharmaindustrie auf Arzneimittelstudien, auf Leitlinien vor. Die Ergebnisse wurden Ende Dezember letzten Jahres von Professor Lieb vorgelegt. Die Studie liegt Ihnen vor. Die Ergebnisse sind so überzeugend, dass wir uns als Ärzte für den Ausbau einer unabhängigen Arzneimittelforschung stark machen müssen.

Professor Lieb ist extra zu diesem Tagesordnungspunkt eingeladen worden, damit er Ihnen für kritische Nachfragen zur Verfügung steht. Er wird bei entsprechenden Nachfragen gern Stellung nehmen.

Ich bitte Sie, dem Antrag 77 zuzustimmen, der fordert, dass die Studien in Zukunft weniger von der pharmazeutischen Industrie finanziert werden, sondern auch von der öffentlichen Hand gefördert werden. Ähnliche Forderungen stehen erfreulicherweise im Antrag 38 des Vorstands der Bundesärztekammer, der erweiternd die kritische Interpretation der Daten der Arzneimittelstudien erwähnt und die zentrale Forderung enthält:

Wissenschaftsinitiierte klinische Studien sollen in größerem Umfang als bisher gefördert werden …

Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch von hier aus Herrn Professor Lieb herzlich willkommen heißen und begrüßen. Er ist geladener Gast mit Rederecht. Er ist Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie hier in Mainz. Das ist ein bekannter Lehrstuhl, den er im Moment innehat. Herzlich willkommen, Herr Professor Lieb!

(Beifall)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Krause-Girth aus Hessen.

© Bundesärztekammer 2009