Dr. Joas, Bayern:
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Calles hat über Millionen gesprochen.
Ich spreche über Milliarden und bitte deshalb um Ihre rege Aufmerksamkeit. Wir
haben gehört: Wir können Millionen sparen. Wir haben vor zwei Jahren einen
Antrag zu einer Expertise gestellt, die inzwischen vorliegt. Bei
Mittelknappheit – so war unser Ausgangspunkt vor zwei Jahren – sollten wir als
Ärzte nicht nur weitere Finanzmittel einfordern, sondern wir sollten über die
optimierte Verteilung von Finanzmitteln sprechen. In Zeiten der Rationierung
müssen knappe Mittel gerecht – oder noch besser: patientenoptimiert – verteilt
werden.
Innerhalb von 35 Jahren – so haben
wir es auf der Eröffnungsveranstaltung von unserem Präsidenten Hoppe gehört –
sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für die ambulante
Versorgung von 22 auf 15 Prozent gesunken. Im Gegenzug sind die Ausgaben für
Arzneimittel entsprechend auf derzeit 25 Prozent gestiegen.
Erfolgt diese Ausgabensteigerung
zum Wohle unserer Patienten oder zur Profitmaximierung der Pharmaindustrie? Das
ist eine provokative Floskel. Jetzt wissen wir mehr. Nun liegt uns die
geforderte Expertise zum Einfluss der Pharmaindustrie auf Arzneimittelstudien,
auf Leitlinien vor. Die Ergebnisse wurden Ende Dezember letzten Jahres von
Professor Lieb vorgelegt. Die Studie liegt Ihnen vor. Die Ergebnisse sind so
überzeugend, dass wir uns als Ärzte für den Ausbau einer unabhängigen
Arzneimittelforschung stark machen müssen.
Professor Lieb ist extra zu diesem
Tagesordnungspunkt eingeladen worden, damit er Ihnen für kritische Nachfragen
zur Verfügung steht. Er wird bei entsprechenden Nachfragen gern Stellung
nehmen.
Ich bitte Sie, dem Antrag 77
zuzustimmen, der fordert, dass die Studien in Zukunft weniger von der
pharmazeutischen Industrie finanziert werden, sondern auch von der öffentlichen
Hand gefördert werden. Ähnliche Forderungen stehen erfreulicherweise im Antrag
38 des Vorstands der Bundesärztekammer, der erweiternd die kritische
Interpretation der Daten der Arzneimittelstudien erwähnt und die zentrale
Forderung enthält:
Wissenschaftsinitiierte
klinische Studien sollen in größerem Umfang als bisher gefördert werden …
Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank. Bei dieser Gelegenheit möchte ich
auch von hier aus Herrn Professor Lieb herzlich willkommen heißen und begrüßen.
Er ist geladener Gast mit Rederecht. Er ist Direktor der Klinik für Psychiatrie
und Psychotherapie hier in Mainz. Das ist ein bekannter Lehrstuhl, den er im
Moment innehat. Herzlich willkommen, Herr Professor Lieb!
(Beifall)
Die nächste Rednerin ist Frau
Kollegin Krause-Girth aus Hessen.
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