TOP VIII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

Freitag, 22. Mai 2009, Vormittagssitzung

Dr. Bartmann, Referent: Eigentlich wollte ich überhaupt nicht in diese Debatte eingreifen. Aber ich habe ein bisschen das Gefühl, dass ich doch noch etwas klarstellen muss. Von mehreren Debattenrednern ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass Datenskandale Mengen von gesammelten Daten offengelegt haben, die eigentlich nicht offengelegt werden sollten, dass Daten – auch dezentral gespeicherte Daten – verloren gegangen sind.

Das ist ja alles richtig. Aber das waren alles unverschlüsselte Daten. Wenn ich das Argument höre, ein Sozialrichter könne entscheiden, dass diese Daten offengelegt werden müssen: Das geht nicht. Das ist eine individuelle Verschlüsselung. Wenn ein Sozialrichter das beschließen sollte, müsste er 70 Millionen Menschen zwingen, ihre Verschlüsselung preiszugeben. Glauben Sie, dass das in einem Staat wie der Bundesrepublik Deutschland möglich ist?

(Zurufe: Ja!)

– Wenn Sie glauben, dass wir in einem totalitären Staat leben – ich habe ein anderes Empfinden.

(Beifall)

Diese Form der individuellen Entschlüsselung ist etwas anderes als das, was man normalerweise von einem Schlüssel wie Enigma kennt, wo man nur einen Code entschlüsseln muss. Dies ist individuell für jeden einzelnen Patienten.

Die gematik spricht von 4 Milliarden Rechnerjahren, die notwendig wären, um so einen Schlüssel zu knacken. Da wäre ich vorsichtig; womöglich weist jemand nach, dass das „nur“ 100 Millionen Rechnerjahre sind.

Selbst wenn Sie einen dieser Schlüssel eines Patienten knacken, haben Sie einen Datensatz von einem Patienten. Wenn Sie einen Pool verwenden wollten, müssten Sie genau diesen Pool aufbrechen.

Worüber reden wir eigentlich? Ich habe Ihnen doch gesagt: Durch die Ablehnung der Gesundheitskarte verschwindet nicht eine einzige Gesundheitsakte vom Markt. Diese Akten bleiben alle unverschlüsselt. Für diese gilt natürlich, weil sie unverschlüsselt vorliegen, dass sie Begehrlichkeiten wecken können und geknackt werden, gleichgültig ob sie bei ICD, in Fort Knox oder in irgendeinem Atombunker liegen.

Diese Akten könnten geknackt werden, aber nicht die Kryptografiedaten, die mithilfe des Datenschutzinstruments Gesundheitskarte verschlüsselt sind.

Wenn Sie sagen, die Sticks seien sicher, dann antworte ich: Aber es ist nicht so verschlüsselt, dass ein Arbeitgeber oder ein anderer es nicht mit einem gewissen Druck abfragen könnte. Es geht ja nicht darum, dass Sie nachweisen müssen, dass eine Patientenakte auf einem dezentralen Speicher möglich ist. Das wissen wir doch. Tausende von Patienten laufen mit solchen Sticks herum.

Unsere Forderung ist: Auch diese dezentral abgespeicherten Daten müssen mit der Kryptografie verschlüsselt werden, damit ein Arbeitgeber eben jemanden nicht zwingen kann, seinen Stick herzugeben. Wenn er das mithilfe eines Arztes täte, der dafür seinen Heilberufeausweis zur Verfügung stellt, ginge er ins Gefängnis.

Es war mir wichtig, etwas Klarheit in diese Dinge zu bringen. Es geht nicht um eine Gesundheitsakte. Es geht um ganz, ganz viele Gesundheitsakten. Es geht darum, dass diese ganz, ganz vielen Gesundheitsakten sicher verschlüsselt sind, ob zentral oder dezentral abgespeichert. Das ist mit dem individuellen Patientenschlüssel, den jeder auf seiner Karte hat, so sicher wie derzeit mit keinem anderen Mittel realisierbar.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Franz Bartmann. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Rütz aus Nordrhein, aus Köln-Nippes.

© Bundesärztekammer 2009