TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 11. Mai 2010, Nachmittagssitzung

PD Dr. Scholz, Hessen: Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vermutlich haben Sie heute Morgen genauso aufmerksam zugehört wie ich und in der Parabel erkannt: Wir sind ein wenig zu dick, deshalb hat die Bundesärztekammer beschlossen, uns an den Tischen ein wenig enger zusammenrücken zu lassen, damit kein falscher Eindruck gegenüber der Politik entsteht.

Nun will ich aber zu meinem eigentlichen Punkt kommen.

Herr Rösler hat, wie ich finde, handwerklich sehr geschickt die Ärzte angesprochen. Herr Rösler hat natürlich auch die Dinge dargestellt. Aber Sie haben doch alle auch vernommen, dass er klipp und klar gesagt hat: Sie werden nicht mehr bekommen. Aus dem, was er als Diagnose beschrieben hat, kann ich nicht erkennen, wohin er gehen will.

Ich finde, wenn Herr Rösler beklagt, dass die Ärzte beispielsweise Computerprogramme benutzen und sich dadurch die therapeutische Freiheit aus der Hand nehmen lassen, so verkennt er den Zusammenhang, den die Politik durch die Abrechnungen geschaffen hat. Können Sie es dem Kollegen denn verübeln, wenn er sagt: Ich bekomme nur noch soundso viel Euro, also nutze ich das entsprechend computergestützt? Es ist von Herrn Rösler schon ein wenig verlogen, hier so zu tun, als sei die Politik völlig unschuldig, als seien die Ärzte selber daran schuld, dass sie in eine solche Situation geraten sind.

(Beifall)

Herr Rösler hat das sehr indirekt und clever angedeutet mit dem Computerprogramm.

Es wurden Gegenmaßnahmen in Sachsen hinsichtlich des Ärztemangels erwähnt. Man weiß seit 1999 von diesem Ärztemangel. Ich hätte den Minister gerne gefragt, was denn durch die Änderungen bereits herausgekommen ist. Warum klagen die Sachsen denn noch immer? Warum überlegen sie, mit einer Landarztquote gegen den Ärztemangel anzugehen?

Was machen Sie mit jemandem, der als Medizinstudent nicht hereinkommt, sich über die Landarztquote hineinsetzt, aber hinterher erklärt, das sei doch nichts für ihn, das werde er nicht tun? Dann haben Sie Leute in der stillen Hoffnung, dass dieses Ziel erreicht wird, herangezogen, haben aber immer noch ein riesiges Problem, Landärzte zu finden, die in Sachsen benötigt werden.

(Vereinzelt Beifall)

Herr Rösler hat gesagt, Solidarität muss sein. Das finde ich gut. Ich denke, wir werden ihn an der Frage messen müssen: Wo ist denn bei der Eigenverantwortung die Solidarität vorhanden? Ich glaube, viele Patienten können gar nicht in Vorlage treten, beispielsweise mit Eigenleistungen, wenn sie zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger sind. Da beißt sich meines Erachtens die Katze in den Schwanz.

Herr Rösler hat am Schluss seiner Ausführungen ein Zitat vorgetragen. Ich habe ein schönes Gegenzitat: Den Baum muss man biegen, weil er jung ist.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Scholz. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Scholze aus Bayern.

© Bundesärztekammer 2010