Dr. Pickerodt, Berlin:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ohne dass ich ein Anhänger
des Gesundheitsministers oder dessen bin, was er vertritt, muss ich ihm ein
wirklich großes Kompliment machen. Er hat eine rhetorisch exzellente Rede
gehalten. Damit meine ich nicht nur, dass er über einen längeren Zeitraum frei
gesprochen hat, sondern ich meine auch, er hat es verstanden, dem Auditorium
Dinge beizubringen, von denen man vermuten muss, dass sie das Auditorium in
seiner ganzen Schärfe gar nicht verstanden hat. Das würde ich gern belegen.
Ich will jetzt nicht spekulieren,
ob er mit dem dicken Patienten uns meint. Ich vermute es.
(Zuruf)
– Nein, Herr Windhorst, Sie sind
schon gar nicht gemeint.
(Heiterkeit)
Ich vermute, dass er die
Ärzteschaft oder das Gesundheitswesen gemeint hat.
Er hat aber auch vieles nicht gesagt,
was er durchaus meint. Er hat nicht von der Kopfpauschale – oder wie er es zu
benennen beliebt: von einkommensunabhängigen Beiträgen – gesprochen, er hat
nur von der Solidarität geredet und dass wir den Ausgleich zwischen den ärmeren
und den reicheren Menschen durch das Steuersystem herstellen müssen.
Das ist es aber nicht, was er will.
Er will einen einkommensunabhängigen Beitrag haben. Das hat er nicht erwähnt.
Dennoch wissen wir, was er will. Der Bambusstock, der sich nicht brechen lässt,
weist ganz klar in diese Richtung.
Er hat manches auch so gesagt, dass
Applaus aufkommen konnte. Er hat beispielsweise von der Verschwendung
gesprochen. Wir könnten es so verstehen, dass er gemeint hat, dass die
Krankenkassen Gelder verschwenden. Da würden alle sofort zustimmen. Deswegen
kam auch Applaus auf.
In Wirklichkeit aber hat er gesagt:
Es gibt – das hört Herr Hoppe auf einem Ärztetag überhaupt nicht gern – eine
Über- und Fehlversorgung. Das meint er. Er jubelt es uns unter – und wir
meinen, wir könnten ihm zustimmen. Das macht er wirklich genial.
In dem Leitantrag steht, dass der
Gesundheitsmarkt ein Wachstumsmarkt ist. Ich habe zunächst einmal Bedenken
gegen die Formulierung „Markt“. Wir waren uns eigentlich schon in Ulm einig,
dass das Gesundheitswesen keinen Markt darstellt. Deswegen finde ich diese
Formulierung nicht glücklich.
Wir geben, wie wir wissen, einen
gleichbleibenden Anteil am Bruttosozialprodukt für das Gesundheitswesen aus.
Dieser Anteil liegt bei 11 Prozent. Wenn wir Herrn Rösler folgen, reichen diese
11 Prozent und wir brauchen keinen höheren Marktanteil.
Wenn es für die Gesundheit der
Bevölkerung notwendig wäre, wäre ich bereit, der Aussage zuzustimmen: Wir
brauchen mehr Geld für das System. Das sehe ich aber nicht. Wir müssen jetzt
als Erstes versuchen, die Über- und Fehlversorgung abzubauen. Dann können wir
schauen, was noch an Geld übrig bleibt.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Danke schön, Herr Pickerodt. – Die nächste Rednerin ist Frau Dr.
Martina Wenker, die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen. Bitte.
|