TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 11. Mai 2010, Nachmittagssitzung

Dr. Wenker, Vorstand der Bundesärztekammer: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Professor Hoppe, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar dafür, dass Sie heute Morgen – der Beifall hat gezeigt, wie wichtig das Thema war – zur Problematik des assistierten Suizids und der aktiven Sterbehilfe durch Ärzte Stellung genommen haben. Sie haben dem ganz ausdrücklich eine Absage erteilt. Wir sehen, dass von nicht ärztlichen Berufsgruppen – beispielsweise zurzeit von Juristen – durchaus der Wunsch an uns herangetragen wird, wir sollten uns mit diesem Thema befassen. Ich ersehe mit Sorge aus einer Umfrage, dass 30 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sagen, im Einzelfall könnten sie sich durchaus vorstellen, assistierten Suizid zu leisten.

Ich denke, das müssen wir sehr ernst nehmen. Wir müssen spätestens auf dem nächsten Deutschen Ärztetag hier ebenso wie heute ein sehr klares Signal aussenden. Das werden wir ja auch tun, wenn wir über die Novellierung einzelner Passagen der (Muster-)Berufsordnung sprechen. Ärztinnen und Ärzte dürfen weder aktive Sterbehilfe noch Beihilfe zum Suizid leisten. Vier Gründe sprechen dafür, dass wir diesen Standpunkt nicht aufweichen sollten. Der soziale Druck auf Ältere, auf Kranke, auf Pflegebedürftige wird in Zeiten des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts zunehmen. Wir werden flächendeckende Alternativen wie die Palliativmedizin und die würdige Altenpflege nicht mehr ausreichend ausbauen. Es sind auf jeden Fall negative Auswirkungen auf das Arztbild zu erwarten. Wir leben in unserem Berufsalltag davon, dass der Patient sich sicher ist, dass wir, wenn wir an sein Krankenbett treten, helfen, heilen, Schmerzen lindern, ihm beistehen wollen, dass wir ihn aber nicht töten wollen. Schließlich wird unser ärztliches Selbstverständnis sehr beschädigt, wenn wir anders handeln. Eine einforderbare ärztliche Leistung „ärztlich assistierter Suizid“ darf es nicht geben.

(Beifall)

Das ist ein Thema, das mir, wie Sie vielleicht bemerken, persönlich sehr am Herzen liegt. Es wird in der palliativmedizinischen Therapie sicher immer Situationen geben, bei denen wir an die Grenzen unserer Möglichkeiten geraten. Dann müssen wir alle gemeinsam sehen, dass wir in solchen Situationen Lösungen finden. Dies – das wiederhole ich ganz ausdrücklich – darf weder aktive ärztliche Sterbehilfe noch eine aktive ärztliche Beihilfe zum Suizid sein.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Frau Wenker. – Das Wort hat jetzt Frau Dr. Gitter aus Bremen. Bitte.

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