TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 11. Mai 2010, Nachmittagssitzung

Michaelis, Thüringen: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausführungen von Minister Dr. Rösler haben mich beeindruckt. Sie sind logisch, sie sind vernünftig. Das, was er gesagt hat, hat Hand und Fuß. Der ärztliche Sachverstand kommt durch.

Aus meiner Sicht gibt es aber zwei Lücken. Die Kostenerstattung, die er einführen wird, hebt die Deckelung der Budgets auf. Er sagt aber auch: Es gibt nicht mehr Geld. Wer soll das Defizit verwalten? Bis jetzt sieht es so aus, als ob die Regierung involviert ist. Kommt die Kostenerstattung direkt zu den Krankenkassen, haben diese den schwarzen Peter.

Das Problem ist noch komplizierter, weil eigentlich keiner weiß, wie die Ergebnisse aus 2009 aussehen. Diese Ergebnisse erfahren wir erst im Oktober. Die Wissenschaftler wissen schon, welches Defizit – je nachdem, wer sie beauftragt hat – in diesem Jahr entstehen wird. Möglicherweise ist es relativ gering.

Unter diesen Umständen bemüht sich die Ärzteschaft, das Arzt-Patient-Verhältnis stabil zu halten und gleichzeitig die Kostenerstattung einzuführen. Welche Kammer, welche KV hat ihre Vertragsärzte gefragt: Wollt ihr die Kostenerstattung haben? Das ist ja etwas ganz Wichtiges. Es macht ja mehr Arbeit. Vielleicht würden die Vertragsärzte zustimmen. Ich habe aber davon nichts gehört.

(Zurufe)

– Ich denke, so einfach ist das nicht, dass man das einfach übernimmt.

Bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Kopfpauschale soll ein staatlicher Solidarausgleich stattfinden. Über dessen Finanzierung wurde in der Rede von Dr. Rösler ebenfalls nichts gesagt. Wir haben an zwei Stellen Defizite, wissen nicht, wie wir sie ausgleichen sollen, wollen aber trotzdem entscheiden. Ich finde das dilettantisch.

(Vereinzelt Beifall)

Die für das Kostenerstattungsprinzip angeführten Gründe sind alle richtig. Auch die Selektivverträge sind richtig und notwendig, weil das KV-System die Vertragsärzte nicht ausreichend mitgenommen hat.

(Vereinzelt Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Michaelis. – Als nächster Redner Herr Grauduszus aus Nordrhein.

© Bundesärztekammer 2010