Dr. habil. Schang,
Schleswig-Holstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Ich möchte einige Bemerkungen zum Leitantrag des Vorstands machen,
verbunden mit einem Änderungsantrag. Der erste Punkt nimmt Stellung zum Problem
der drohenden Unterversorgung in ländlichen Regionen. Dabei wird meines
Erachtens völlig außer Acht gelassen, dass gerade in Großstädten soziale Brennpunkte
eine sehr große Unterversorgung aufweisen. Der Antrag des Vorstands sollte
hinsichtlich der Unterversorgung dringend um städtische soziale Brennpunkte
ergänzt werden. Dort verbirgt sich ein viel größerer Sprengsatz als in sich
entvölkernden ländlichen Regionen.
Die regionale Versorgungsplanung
ist eine äußerst gute und richtige Idee. Allerdings sollte dies nicht, wie in
dem Antrag vorgesehen, wieder einmal von oben nach unten durch neue
behördenähnliche Strukturen geschehen, sondern dabei sollten unbedingt die
circa 1 000 regionalen Ärztenetze, die es in unserem Lande gibt, von der
Basis her einbezogen werden und von unten her an der regionalen
Versorgungsplanung beteiligt werden. Sie sollen die Pläne vor allen Dingen auch
konkret umsetzen. Ansätze dazu gibt es an vielen Stellen des Landes. Sie sind
sehr erfolgreich. Daran sollte man nicht vorübergehen.
Mein dritter Punkt betrifft die
Honorarordnung. Wesentliches Element einer Honorarordnung muss eine
leistungsgerechte Honorierung sein. „Leistungsgerecht“ heißt: Pauschalen sind
einfach und bequem, aber nicht gerade leistungsfördernd.
Einzelleistungsvergütungen sind leistungsfördernd, haben aber die fatale
Tendenz zur Mengenausweitung. Das ist wahr. Wir brauchen daher
Einzelleistungsvergütungen mit hoher Transparenz. Das bedeutet: Kontrolle durch
die Patienten – das hat völlig zu Recht unser Minister angemahnt –, vor allen
Dingen aber auch eine strukturelle Planung der Versorgung als Gegengewicht zu
einer ungerechtfertigten Mengenausweitung. Dann wird ein Schuh daraus.
Ich komme zur
Arzneimittelversorgung. Kosten-Nutzen-Relationen neu eingeführter Medikamente
sind selbstverständlich äußerst wichtig. Dafür wird es auch höchste Zeit. Aber
dies kann nicht zum Zeitpunkt der Markteinführung geschehen, sondern erst dann,
wenn ein Medikament eingeführt ist, ist eine Kosten-Nutzen-Bewertung möglich.
Der entsprechende Satz sollte gestrichen werden. Es sollte stattdessen
eingefügt werden:
Kosten und Nutzen neu
eingeführter Medikamente sollen verpflichtend durch eine unabhängige
Versorgungsforschung evaluiert werden.
Dann macht es viel mehr Sinn.
Noch ein Wort zur Forderung nach
einer Kapitaldeckung der Krankenkassen. Das hört sich sehr gut an, ist aber
äußerst gefährlich. Wir befinden uns gerade in einer weltweiten Finanz- und
Währungskrise. In diesen Zeiten eine Kapitaldeckung der Krankenversicherung und
damit der Krankenversorgung zu fordern, ist äußerst mutig. Wer heute die
Kapitaldeckung einer Krankenversicherung fordert, wird morgen beim nächsten
Währungsschnitt für das Zusammenbrechen der Krankenversicherung mit
verantwortlich gemacht. Ich finde, wir Ärzte sind keine Ökonomen und sollten
uns aus solchen Forderungen sehr vorsichtig heraushalten.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h.
c. Hoppe: Vielen Dank. – Jetzt Herr Dr. Marx aus Nordrhein.
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