TOP II: Versorgungsforschung

Donnerstag, 13. Mai 2010, Vormittagssitzung

Prof. Dr. Haubitz, Niedersachsen: Frau Vizepräsidentin! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eine Detailfrage vielleicht für das Schlusswort von Herrn Selbmann. Wenn ich beispielsweise die Leitlinien für Diabetes, eine große Volkskrankheit, betrachte, muss ich den Kollegen, die das verfasst haben, hohe Sachkompetenz und Bemühen unterstellen. Ich versuche auch, mich danach zu richten. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Multimorbidität der alten Menschen die Problematik und die Versorgungsrealität darstellt. Meine Frage lautet: Wann bekommen wir endlich Leitlinien, die diese Multimorbiditätsrealität widerspiegeln?

Wir alle wissen aus unserer Erfahrung: Wenn Sie beim alten Menschen eine gerontopsychiatrische Komorbidität haben, ist die Situation hinsichtlich des Diabetes auf einmal völlig anders. Das findet sich aber in den Leitlinien nicht wieder. Ich denke, wir müssen fordern, dass diese Absurditäten, die der Kollege Lipp gestern bereits adressiert hat und die auch im letzten Bericht des Sachverständigenrats erwähnt sind, aufhören, so beispielsweise, dass eine 75-jährige Frau mit einem leichten Diabetes, einer leichten Polyarthrose, einer leichten koronaren Herzkrankheit während des Tages, wenn man die fünf Leitlinien zusammennimmt, 17 Tabletten nehmen und 4 Stunden des Tages investieren muss, um die Leitlinienvorgaben zu erfüllen, von den Arzneimittelunverträglichkeiten einmal völlig abgesehen.

Wir brauchen Leitlinien, die endlich die Versorgungsrealität und die Komorbidität widerspiegeln und nicht nur das Wissen über eine Volkskrankheit auf 30 oder 40 Seiten kodifizieren.

Danke.

(Beifall)

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Danke, Herr Professor Haubitz. – Als nächster Redner Herr Jonitz vom Vorstand.

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