Schwerpunktmäßig
befasste sich die Akademie im Frühjahr mit der Arztzahlentwicklung auf der
Grundlage einer Analyse der Abteilung Statistik von Bundesärztekammer und
Kassenärztlicher Bundesvereinigung. Der Leiter der Abteilung, Dr. Kopetsch,
zeigte, dass es Anzeichen für einen strukturellen Ärztemangel gibt. Zwar sind
die Studienanfängerzahlen unverändert hoch, Auswirkungen haben jedoch die
Altersstruktur der Ärzte und die Schwundquote während des Medizinstudiums.
Unter Zugrundelegung der Altersstruktur der Ärzte im Jahre 2000 wurde
festgestellt, dass das Durchschnittsalter der Ärzte stetig zunimmt und der
Anteil der unter 35jährigen Ärzte kontinuierlich schrumpft; damit deutet sich
ein gravierendes Nachwuchsproblem an. So weit es den medizinischen Nachwuchs
betrifft, ist zwar die Zahl der Studienanfänger konstant, die Zahl der
Studienabsolventen nimmt jedoch kontinuierlich ab. Dies ist nur dadurch
erklärbar, dass sich die Zahl der Studienabbrecher bzw. -wechsler erhöht. Die
Zahl der Ärzte im Praktikum in Deutschland ist rückläufig und zwar gegenüber
1994 um knapp ein Viertel. Auch die Zahl der Approbationen ist seit 1994
kontinuierlich rückläufig; im Jahre 2000 wurden nur noch 10.565 Approbationen
erteilt; im Vergleich zum Jahre 1994 mit 13.550 Approbationen ist dies ein
Rückgang um 22 %. Die Zahl der Approbationen ist jedoch höher als die Zahl der
Absolventen, so dass Zuwanderungen erfolgt sein müssen.
Zur
Struktur der vertragsärztlichen Versorgung – der hausärztlichen und der
fachärztlichen Versorgung – ergab eine Prognose für beide Versorgungsbereiche,
dass im letzten Jahrzehnt im gesamten Bundesgebiet eine Entwicklung zu Gunsten
der fachärztlichen und zu Lasten der hausärztlichen Versorgung stattfand. Der
Facharztanteil ist seit 1979 permanent gestiegen, während der Anteil der
Allgemein/Praktischen Ärzte in diesem Zeitraum kontinuierlich sank. In Ost und
West bilden Allgemeinärzte hinsichtlich der Wachstumsraten das Schlusslicht. In
den neuen Bundesländern werden zudem in den nächsten 5 bis 10 Jahren ca. 40 %
Hausärzte die Altersgrenze erreichen und somit aus dem Berufsleben ausscheiden.
In den neuen Bundesländern stellt sich auch die Altersproblematik in anderen Fachgebieten
dramatisch dar: es fehlt Nachwuchs, ferner ist die Versorgung durch ein
überproportionales Ausscheiden aus dem Arztberuf gefährdet. Vor allem in
ländlichen Bereichen wird sich der Ärztemangel zunächst auswirken, jedoch
später auch auf Ballungsgebiete übergreifen. Die bereits gegenwärtig
bestehenden regionalen Versorgungsengpässe werden sich vor dem Hintergrund
erhöhter Behandlungserfordernisse auf Grund der demographischen Entwicklung und
des medizinischen Fortschrittes noch verschärfen.
Dr. Kopetsch
zog das Fazit, dass die deutsche Ärzteschaft überaltert ist, dass sie – trotz
fast konstanter Studienanfängerzahl – ein Nachwuchsproblem hat, weil zunehmend
weniger Medizinstudenten die Approbation anstreben und noch weniger Jungärzte
tatsächlich in die Versorgung eintreten. In der Zukunft sind Engpässe zu
erwarten, zunächst im Krankenhausbereich, aber mittelfristig auch in der
vertragsärztlichen Versorgung; akuter Bedarf ist in den neuen Bundesländern
hinsichtlich der hausärztlichen Versorgung feststellbar.
Die
Diskussion konzentrierte sich auf die Darstellung der zahlenmäßigen Entwicklung
in einzelnen Fachgruppen, in denen sich die Nachwuchssituation teilweise noch
dramatischer darstellt als bisher erkennbar, insbesondere wegen bestehender
Überalterung (z. B. Pathologen). Die Berufsverbände wurden gebeten, Zahlen in
ihrem Fachgebiet aufzubereiten, auch hinsichtlich des Nachwuchsproblems
einzelner Fachgebiete in den neuen Bundesländern. Zum Problem des Ersatzbedarfs
wurde eine ergänzende Analyse angeregt, allerdings die unzureichende Datenlage
im stationären Sektor beklagt. Des Weiteren wurde eine Ursachenanalyse der
Abbrecherquote angeregt; die Zahlen sollen den Universitäten zur Verfügung
gestellt werden, um ihnen im Einzelfall eine spezifische Analyse des Rückgangs
ärztlichen Nachwuchses zu ermöglichen. Die Abbrecherquote wird als Folge der
Arbeitsbedingungen an den Kliniken gesehen, aber auch als Folge der negativen
Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit. Der Frust über das System in Klinik und
Praxis zeitige diese Folgen. Dies müsse in die politische Diskussion gebracht
werden. Keinesfalls sollte jedoch auf eine erneute Änderung der
Approbationsordnung gedrängt werden, die wegen der notwendigen
Praxisorientierung eine Begrenzung der Medizinstudenten mit sich bringen wird.
Vielmehr sollte unbedingt aus Qualitätsgründen an der geplanten
Approbationsreform festgehalten werden. Auch die Chancen, die sich aus einer
Verknappung der Arztzahlen ergeben, werden beleuchtet. Als politische
Kernaussage wurde festgestellt, dass die Bereitschaft des Nachwuchses nicht
mehr gegeben ist, bei einer immer größeren Leistungsdichte auf Grund des
ökonomischen Drucks immer weniger die Medizin ausüben zu können, die er gelernt
hat und dies bei immer weniger Ressourcen.
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