Analyse von behaupteten Qualitätsdefiziten

Im Plenum der Akademie war angeregt worden, die im Gutachten des Sachverständigenrates für die konzertierte Aktion aufgezeigten Qualitätsdefizite im deutschen Gesundheitswesen von Seiten der Ärzteschaft zu signalisieren und aufzuarbeiten. Der Vorstand befasste sich in seiner Klausurtagung auch mit dieser Anregung aus dem Kreis der Berufsverbände. In diesem Zusammenhang wurde als beispielhaft für die Auseinandersetzung zu diesem Thema eine Veröffentlichung Prof. Selbmann, Tübingen, in der Zeitschrift „Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement“ genannt, die sich mit den in der politischen Debatte verallgemeinerten Ergebnissen des Sachverständigenrates auseinandersetzt. Prof. Selbmann stellt in diesem Aufsatz die Fragwürdigkeit internationaler Vergleiche, insbesondere auf der Grundlage von Mortalitätsdaten, dar und belegt damit zugleich, dass die gesundheitspolitischen Aussagen des Sachverständigenrates auf der Basis eines Vergleichs europäischer Mortalitätsstatistiken den niedrigsten aller Evidenzgrade aufweist, der gerade von den Protagonisten der Evidenzbasierung für Bereiche ärztlicher Versorgung als nicht ausreichend angesehen wird. Diese kritische Darstellung eines ehemaligen Mitglieds des Sachverständigenrates sollte für gesundheitspolitische Diskussionen genutzt werden. Das Thema „Internationale Gesundheitsvergleiche“ und die hierfür herangezogenen Kriterien werden einer wissenschaftlichen Untersuchung zugeführt, die sich sehr kritisch mit diesen rankings auseinander setzen wird. Zudem wird angeführt, dass weitere Vergleichskriterien, wie z. B. die Lebenserwartung, ebenso zu hinterfragen sind, da diese nicht allein von der Qualität der ärztlichen Versorgung abhängen.

Der Vorstand regte an, Inkonsistenzen der Argumentation der Sachverständigen immer wieder in die gesundheitspolitische Diskussion einzubringen und auch auf die strukturellen Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit als Auslöser für Defizite hinzuweisen. Als notwendig wird eine Verbesserung der Datenlage zur Beurteilung der Situation im Gesundheitswesen betrachtet; valide Untersuchungen sind in den einzelnen Fachgebieten anzustoßen, um zu aussagefähigeren Bewertungen der medizinischen Versorgung in Deutschland zu kommen.

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