Stellenwert der betrieblichen Gesundheitsförderung für den Betriebsarzt

Die Durchführung der betrieblichen Gesundheitsförderung ist ein immer bedeutender werdender Teilaspekt der betriebsärztlichen Tätigkeit. Dies zeigt sich schon darin, dass Ärztekammern und Akademien im Jahr rund 450 Fortbildungen zu dieser Thematik für Betriebsärzte anbieten. Erstmals haben die Krankenkassen mit dem Gesundheitsreformgesetz 2000 durch eine Erweiterung des § 20 SGB V die Möglichkeit erhalten, arbeitsschutzergänzende Maßnahmen auch im Betrieb durchzuführen und bei der Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren mitzuwirken. Damit wird ein neuer Aufgabenbereich der Krankenkassen in den Vordergrund gerückt, den auch die Betriebsärzte im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit nach dem Arbeitssicherheitsgesetz seit über 25 Jahren wahrnehmen. Seit einigen Jahren kann beobachtet werden, dass andere Professionen, wie Psychologen, Sportlehrer etc. den Betrieb als neues Betätigungsfeld sehen. Die Einbeziehung der Betriebsärzte aufgrund ihres speziellen Wissens und ihrer praktischen Erfahrungen bei der Aufstellung von betrieblichen gesundheitsfördernden Konzepten und Maßnahmen sind unverzichtbar. Aufgrund dessen wird es von den Arbeitsmedizin-Gremien bedauert, dass der arbeitsmedizinische Sachverstand in § 20 SGB V keine Erwähnung findet.

Arbeitsschutz und betriebliche Gesundheitsförderung haben unterschiedliche Schwerpunkte. Im Arbeitsschutz bestehen konkrete Pflichten auf Basis von Rechtsgrundlagen, die sanktionsgebunden sind. Die betriebliche Gesundheitsförderung hat offene Rahmenvorschriften, die mit freiwilligen Aktionen zu füllen sind. Das Gesundheitskonzept des Arbeitsschutzes hat einen pathogenetischen, die betriebliche Gesundheitsförderung einen salutogenetischen Ansatz. Der Arbeitsschutz bezieht sich auf die betriebliche Sphäre; die betriebliche Gesundheitsförderung bezieht sich sowohl auf die betriebliche Sphäre als auch auf das private Umfeld. Der Arbeitsschutz hat keinen sozialkompensatorischen Auftrag, jedoch die betriebliche Gesundheitsförderung. Institutionelle Akteure im Arbeitsschutz sind Arbeitgeber mit betrieblichen Experten, Arbeitsschutzbehörden sowie Unfallversicherungs-träger. Berufsgruppen, die sich mit dem Arbeitsschutz befassen, sind Techniker und Arbeitsmediziner. Die institutionellen Akteure der betrieblichen Gesundheitsförderung sind Arbeitgeber mit betrieblichen Experten sowie Krankenkassen. Berufsgruppen, die sich mit diesem Thema befassen, sind Betriebsärzte, Sozial-, Sport- sowie Ernährungswissenschaftler etc. Ausschuss und Ständige Konferenz „Arbeitsmedizin“ der Bundesärztekammer räumen der „betrieblichen Gesundheitsförderung“ einen großen Stellenwert ein, jedoch müssen die Aktivitäten in diesem Bereich mehr koordiniert und professionalisiert werden. Ferner müssen Konzepte zur Zusammenarbeit mit anderen Akteuren in diesem Bereich entwickelt werden.

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