Die
Arbeitsmedizin-Gremien haben bereits 1997 in Vorbereitung der in den Jahren
2002/2003 anstehenden weiteren Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung
[(M-)WBO] erste Vorschläge für erforderliche Änderungen vorgelegt. Schon vor
Jahren haben sich die Anforderungen an die Arbeitsmedizin vor allem infolge der
zu erreichenden Vollbetreuung der Arbeitnehmer erheblich gewandelt. Zudem
machen es die Fortschritte in der Arbeitsmedizin und die ständige Ausweitung
des Tätigkeitsfeldes notwendig, unter dem Gesichtspunkt der Qualität die
Grundlagen für eine einheitliche betriebsärztliche Qualifizierung für die
Zukunft zu schaffen. So soll nach diesen Vorstellungen
der Erwerb der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ und die damit verbundene
sog. „kleine Fachkunde“ nur noch ein „Auslaufmodell“ sein. Ziel ist es, in
einer neuen Weiterbildungsordnung nur noch die Gebietsbezeichnung
„Arbeitsmedizin“ als alleinige betriebsärztliche Qualifikation vorzusehen.
Dabei soll im Rahmen von Übergangsbestimmungen Ärzten mit der Zusatzbezeichnung
„Betriebsmedizin“ grundsätzlich ermöglicht werden, die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“
zu erlangen (§ 23 (M-)WBO). Um möglichst vielen Ärzten eine Weiterbildung zu
ermöglichen, kann und muss verstärkt von den Möglichkeiten einer
Teilzeitweiterbildung mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit
pro Jahr Gebrauch gemacht werden (§ 4 Abs. 6 der
(Muster-)Weiterbildungsordnung). Dieses Vorhaben wurde von den
Arbeitsmedizin-Gremien in ihrer Sitzung am 11. November 2000 nochmals einmütig
bestätigt. Diese Zielsetzung begrüßen grundsätzlich ebenso die
Weiterbildungs-Gremien der Bundesärztekammer. Mit dieser Empfehlung der
Arbeitsmedizin-Gremien ist die Novellierung des Weiterbildungsganges
„Arbeitsmedizin“ in seinen Strukturen nunmehr festgelegt. Darüber hinaus wurde
von den Arbeitsmedizin-Gremien ein großer Bedarf dafür gesehen, die fast 30
Jahre bestehende Definition sowie Inhalte und Ziele des Weiterbildungsganges im
Gebiet „Arbeitsmedizin“ den enormen Entwicklungen in diesem Feld ärztlicher
Tätigkeit anzupassen. Schon aufgrund des technologischen und wirtschaftlichen
Wandels und nicht zuletzt aufgrund der Rechtsentwicklung hat das
Aufgabenspektrum des Betriebsarztes einen Wandel erfahren, der seinen
Niederschlag in diesem Weiterbildungsgang finden muss. Neue Aufgaben wie die
betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention erfordern unter den
Bedingungen moderner Betriebe einen umfassend befähigten und weitergebildeten
Betriebsarzt, der heute weit mehr beherrschen muss als der Betriebsarzt vor 30
Jahren. Im Hinblick auf die im Jahr 2003 geplante Beschlussfassung des Deutschen
Ärztetages über eine konkrete Neufassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung im
Hinblick auf das Gebiet „Arbeitsmedizin“ sind von den Weiterbildungsgremien in
Zusammenarbeit mit den Arbeitsmedizin – Gremien, dem Verband Deutscher
Betriebs- und Werksärzte und der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und
Umweltmedizin eine neue Definition sowie Inhalte und Ziele des
Weiterbildungsganges „Arbeitsmedizin“ erarbeitet worden und können unter
www.baek.de eingesehen werden. Schriftliche Vorschläge zur Weiterentwicklung
der Inhalte der Weiterbildung in der Arbeitsmedizin aus dem Bereich der
Landesärztekammern wurden in die Beratungen der Arbeitsgruppe einbezogen.
Empfehlungen des Vorstandes der
Bundesärztekammer vom 23./24.01.2003:Festlegung der Definition von Weiterbildungsziel,
-zeit- und –inhalt
Gebiet
Arbeitsmedizin
Definition:
Das
Gebiet Arbeitsmedizin umfasst als präventivmedizinisches Fach die
Wechselbeziehungen zwischen Arbeit und Beruf einerseits sowie Gesundheit und
Krankheiten andererseits, die Förderung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit
des arbeitenden Menschen, die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung und
Begutachtung arbeits- und umweltbedingter Erkrankungen und Berufskrankheiten,
die Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefährdungen einschließlich individueller
und betrieblicher Gesundheitsberatung, die Vermeidung von Erschwernissen und
die berufsfördernde Rehabilitation.
Facharzt / Fachärztin für
Arbeitsmedizin
(Arbeitsmediziner
/ Arbeitsmedizinerin)
Weiterbildungsziel:
Ziel
der Weiterbildung im Gebiet Arbeitsmedizin ist die Erlangung der
Facharztkompetenz nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit und
Weiterbildungsinhalte sowie des Weiterbildungskurses.
Weiterbildungszeit:
60
Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5
Abs. 1 Satz 1, davon
• 24 Monate Innere Medizin und
Allgemeinmedizin
• 36 Monate Arbeitsmedizin, davon
können bis zu – 12 Monate in anderen Gebieten angerechnet werden
• 360 Stunden Kurs-Weiterbildung gemäß
§ 4 Abs. 8, die während der 60 Monate Weiterbildung abgeleistet werden sollen
Weiterbildungsinhalt:
Erwerb
von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in
- der Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen und
Berufskrankheiten sowie der auslösenden Noxen einschließlich epidemiologischer
Grundlagen
- der Gesundheitsberatung einschließlich Impfungen
- der betrieblichen Gesundheitsförderung einschließlich der
individuellen und gruppenbezogenen Schulung
- der Beratung und Planung in Fragen des technischen,
organisatorischen und personenbezogenen Arbeits- und Gesundheitsschutze
- der Unfallverhütung und Arbeitssicherheit
- der Organisation und Sicherstellung der Ersten Hilfe und
notfallmedizinischen Versorgung am Arbeitsplatz
- der Mitwirkung bei medizinischer, beruflicher und sozialer
Rehabilitation
- der betrieblichen Wiedereingliederung und dem Einsatz
chronisch Kranker und schutzbedürftiger Personen
am Arbeitsplatz
- der Bewertung von
Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit und Einsatzfähigkeit einschließlich der
Arbeitsphysiologie
- der Arbeits- und Umwelthygiene einschließlich der
arbeitsmedizinischen Toxikologie
- der Arbeits- und Betriebspsychologie einschließlich
psychosozialer Aspekte
- arbeitsmedizinischen Tauglichkeits- und
Eignungsuntersuchungen einschließlich verkehrsmedizinischen Fragestellungen
- den Grundlagen hereditärer Krankheitsbilder einschließlich
der Indikationsstellung für eine humangenetische Beratung
- der Indikationsstellung, sachgerechten Probengewinnung und
-behandlung für Laboruntersuchungen einschließlich des Biomonitorings und der
arbeitsmedizinischen Bewertung der Ergebnisse
- der ärztlichen Begutachtung bei arbeitsbedingten
Erkrankungen und Berufskrankheiten, der Beurteilung von Arbeits-, Berufs- und
Erwerbsfähigkeit einschließlich Fragen eines Arbeitsplatzwechsels
- der arbeitsmedizinischen Erfassung von Umweltfaktoren sowie
deren Bewertung hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Relevanz
- der Entwicklung betrieblicher Präventionskonzepte
Definierte
Untersuchungs- und Behandlungsverfahren:
- arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach
Rechtsvorschriften
- Arbeitsplatzbeurteilungen und Gefährdungsanalysen
- Beratungen zur ergonomischen
Arbeitsgestaltung
- Ergometrie
- Lungenfunktionsprüfungen
- Beurteilung des Hör- und Sehvermögens mittels einfacher
apparativer Techniken
- arbeitsmedizinische Bewertung von Messergebnissen
verschiedener Arbeitsumgebungsfaktoren, z. B. Lärm, Klimagrößen, Beleuchtung,
Gefahrstoffe
Empfehlung
der Arbeitsmedizin-Gremien vom 11. November 2000 an die WeiterbildungsGremien
zur formalen Neuordnung des Weiterbildungsganges für das Gebiet
„Arbeitsmedizin“ und den Bereich „Betriebsmedizin“
Entfallen der Zusatzbezeichnung
„Betriebsmedizin“
Mit
Verabschiedung der o. g. Voraussetzungen zur Erlangung der Gebietsbezeichnung
„Arbeitsmedizin“ durch den Deutschen Ärztetag soll zugleich der bisherige
Weiterbildungsgang Bereich/Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ entfallen.
Übergangsbestimmungen
1.
Gemäß § 23 Abs. 13 (Muster-)Weiterbildungsordnung kann - in Analogie zu § 23
Abs. 9 (M-)WBO - auf Antrag bis zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen
Weiterbildungsordnung die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ in die
Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ überführt werden, wenn mindestens drei
Jahre (mindestens 500 Stunden pro Jahr) eine betriebsärztliche Tätigkeit
belegbar ist und vor der Ärztekammer eine Prüfung abgelegt worden ist.
Erläuterungen
1. Folgende Regelungen werden im
Paragraphenteil der (Muster-) Weiterbildungsordnung getroffen:
1.1. Die Weiterbildungszeit in
praktischer Tätigkeit in der Arbeitsmedizin kann [ggf. auch im Rahmen einer
berufsbegleitenden Weiterbildung] unter Anleitung eines zur Weiterbildung in
Arbeitsmedizin befugten Arztes in Teilzeit mit mindestens der Hälfte der
regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit pro Jahr erfolgen, sofern diese vorab von
der Ärztekammer aufgrund von ihr festzulegender Kriterien genehmigt wurde.
Entsprechende Ausgestaltung der Teilzeit-Weiterbildung auf der Grundlage des §
4 Abs. 6 (Muster-)Weiterbildungsordnung
§
4 Art, Dauer und zeitlicher Ablauf der Weiterbildung
(6)
Die Weiterbildung in den Gebieten und Schwerpunkten sowie in der fakultativen
Weiterbildung im Gebiet ist grundsätzlich ganztägig und in hauptberuflicher
Stellung durchzuführen. Dies gilt auch für eine Weiterbildung in Bereichen,
soweit in der Weiterbildungsordnung nichts anderes bestimmt ist. Wenn eine
ganztägige Weiterbildung nicht möglich ist, kann die Weiterbildung in Teilzeit,
aber mit mindestens der halben regelmäßigen Arbeitszeit erfolgen, sofern nicht
für bestimmte Weiterbildungsabschnitte eine ganztägige Weiterbildung vorgesehen
ist. Eine Teilzeitweiterbildung kann nur dann anteilig angerechnet werden, wenn
sie vorher der zuständigen Ärztekammer angezeigt und von dieser als
anrechnungsfähig bestätigt worden ist. Eine Teilzeitweiterbildung kann während
desselben Zeitraums nur in einem Gebiet oder Schwerpunkt oder im Rahmen einer
fakultativen Weiterbildung oder in einem Bereich abgeleistet werden.
1.2.
Diejenigen Ärzte, die sich bei Inkrafttreten der neuen (Muster-)
Weiterbildungsordnung in der praktischen Weiterbildung zur Zusatzbezeichnung
„Betriebsmedizin“ befinden, können sie gem. § 23 Abs. 2 (M-)WBO nach den
bisherigen Weiterbildungsregelungen abschließen.
1.3.
Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ können auch nach
Inkrafttreten der Novellierung der Weiterbildungsordnungen weiterhin
betriebsärztlich tätig sein.
2. Folgende Regelungen werden außerhalb
der (Muster-)Weiterbildungsordnung getroffen:
2.1.
In der DDR erteilte Qualifizierungen als Facharzt für Arbeitsmedizin /
Arbeitshygiene und Facharzt mit staatlicher Anerkennung als Betriebsarzt werden
gemäß Einigungsvertrag (Anlage 1 zum Einigungsvertrag, Kapitel VII, Sachgebiet
B, Abschnitt III, Nr. 12 b) anerkannt.
2.2.Ärzte
mit der Fachkunde nach § 3 Abs. 4 Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte“
können auch nach Inkrafttreten der Novellierung der Weiterbildungsordnungen
weiterhin betriebsärztlich tätig sein. Diesen Ärzten wird keine Möglichkeit der
Überführung in die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ eingeräumt.
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