Nach
§ 137 e Abs. 3 Nr. 1 soll der Koordinierungsausschuss „insbesondere auf der
Grundlage evidenzbasierter Leitlinien die Kriterien für eine im Hinblick auf
das diagnostische und therapeutische Ziel ausgerichtete zweckmäßige und
wirtschaftliche Leistungserbringung für mindestens zehn Krankheiten je Jahr
beschließen, bei denen Hinweise auf unzureichende, fehlerhafte oder übermäßige
Versorgung bestehen und deren Beseitigung die Morbidität und Mortalität der
Bevölkerung nachhaltig beeinflussen kann.“ Eine Verabschiedung dieser
Kriterien durch den Koordinierungsausschuss wird zu einer unmittelbaren
Verbindlichkeit für die Leistungserbringer (zugelassene Krankenhäuser und
Vertragsärzte) führen. Dem Koordinierungsausschuss ist an dieser Stelle vom
Gesetzgeber eine Richtlinienkompetenz eingeräumt worden. Neben den Kriterien
selbst gibt der Koordinierungsausschuss außerdem nach § 137 e Abs. 3 Nr. 2 „Empfehlungen
zu den zur Umsetzung und Evaluierung der Kriterien nach Nummer 1 notwendigen
Verfahren, insbesondere bezüglich der Dokumentation der Leistungserbringer“.
Zur
Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben konstituierte sich im Februar 2002 im
Rahmen des Koordinierungsausschusses der Arbeitsausschuss Kriterien. Die
Mitglieder des Arbeitsausschusses sahen sich mit einer Reihe grundlegender
Fragen konfrontiert. Als zentrales Problem erwies sich die nur sehr unscharfe
Vorgabe des Gesetzgebers bezüglich der Begriffsbestimmung von „Kriterien“. Ein
seitens der Bundesärztekammer eingebrachter Vorschlag, den Kriterienbegriff
mittels eines durch den Koordinierungsausschuss zu bestellenden
Rechtsgutachtens klären zu lassen, fand dort keine ausreichende Unterstützung.
Die Bundesärztekammer ließ daher durch ihre eigene Rechtsabteilung einen
Vermerk zur Problematik der gesetzlich angeordneten Verbindlichkeit der
Kriterien sowie den daraus zu ziehenden Folgerungen anfertigen. Darin wurden
die Kriterien als sozialrechtlich verbindliche Orientierungen identifiziert,
die jedoch für den Arzt keine Entpflichtung vom ärztlichen Standard bedeuten,
der im Rahmen eines Behandlungsauftrages gegenüber einem Versicherten zu wahren
ist.
Mit dem
Ziel eines exemplarischen Entwurfs beauftragte der Arbeitsausschuss Kriterien eine
Arbeitsgruppe mit der konkreten Ausarbeitung für Kriterien für das
Krankheitsbild Diabetes mellitus Typ 2 (Die Auswahl dieser Krankheit ist auf
die Beschäftigung des Koordinierungsausschusses mit dem Strukturierten
Behandlungsprogrammen nach § 137 f für Diabetes mellitus Typ 2 zurückzuführen
und folgte damit eher pragmatischen Gesichtspunkten.) Die inzwischen von der
Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Bundesärztekammer produzierten Vorschläge
sind noch nicht abschließend vom Koordinierungsausschuss beraten worden.
Der
Arbeitsausschuss Kriterien hatte sich ferner mit Feststellung von Hinweisen auf
Unter-, Über-, oder Fehlversorgung als auslösendes Moment der Entwicklung von
Kriterien zu beschäftigten. Ausgehend insbesondere vom Band III des Gutachtens
des Sachverständigenrats für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen
2000/2001, konnten für den Bereich der Diabetikerversorgung in Deutschland zwar
entsprechende Hinweise gefunden werden, deren Bewertung erwies sich jedoch als
schwierig. An dieser Stelle offenbarte sich ein Mangel an verfügbaren Arbeiten
aus dem Bereich der Versorgungsforschung.
Von
besonderer Bedeutung war auch die Frage, ob und in welchem Ausmaß die
Kriterienentwürfe von Empfehlungen zu deren Umsetzung begleitet sein sollen.
Nach intensiven Diskussionen kam der Koordinierungsausschuss zuletzt im Januar
2003 zu dem Standpunkt, die Kriterien nur gemeinsam mit Umsetzungsempfehlungen
als Beschlussvorlage zu akzeptieren. Hier und im Zusammenhang mit vorliegenden
Fragestellungen (Dokumentation, Evaluation u. a.) sind im weiteren Verlauf des
Jahres 2003 noch entsprechende Ausarbeitungen vorzunehmen. Zumindest derzeit
ist der in § 137 e formulierte Anspruch einer
Kriterienverabschiedung für jährlich mindestens 10 Krankheiten nicht
einzulösen.
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