Im Berichtszeitraum
wurde im Zuständigkeitsbereich des Bundesumweltministeriums nach mehrjähriger
Vorbereitungszeit die Beratung zur Neufassung der Röntgenverordnung beendet.
Die neue Röntgenverordnung ist am 01.07.2002 in Kraft getreten. Die Beratungen
sind von der Bundesärztekammer ständig begleitet worden (siehe vorangegangene
Tätigkeitsberichte). Mit der neuen Röntgenverordnung sind eine Vielzahl von
Änderungen vorgenommen worden, oft handelt es sich dabei allerdings nur um
Korrekturen im Detail bzw. Ergänzungen, die zur Klarstellung dienen. Auch die
neue Röntgenverordnung verwendet häufig „unbestimmte Begriffe“ oder verzichtet
auf detaillierte Ausführungen zu technischen Fragen. Deshalb werden derzeit
unter Federführung des Bundesumweltministeriums und der Strahlenschutzkommission
auch neue Richtlinien erstellt, die die entsprechenden Inhalte konkretisieren
und in kürzeren Zeiträumen als die Röntgenverordnung selbst an geänderte
Rahmenbedingungen angepasst werden können. Diese Richtlinien werden
voraussichtlich im Jahre 2003 veröffentlicht werden und betreffen u.a. folgende
Themenbereiche:
– Dokumentation
– Fachkunden und Kenntnisse im Strahlenschutz
– Teleradiologie
– Ärztliche Stellen
Ein neu
eingeführter Begriff ist die „rechtfertigende Indikation“. Damit wird jetzt
gefordert, dass im Einzelfall konkret festgestellt wird, dass der
gesundheitliche Nutzen der Anwendung von Röntgenstrahlen am Menschen gegenüber
dem Strahlenrisiko überwiegt. Vom Röntgenstrahlen anwendenden fachkundigen Arzt
wird eine Entscheidung zur rechtfertigenden Indikation verlangt. Dies gilt
auch, wenn der anfordernde Arzt selbst fachkundig ist oder die Anforderung
eines überweisenden Arztes vorliegt. Eine persönliche Untersuchung des
Patienten muss möglich sein. Ein wesentlicher Unterschied zum bisherigen Ablauf
liegt darin, dass die rechtfertigende Indikation dokumentiert werden muss.
Detaillierte Informationen zu den Dokumentationsvorgaben werden in der
entsprechenden o.g. Richtlinie zu finden sein.
Ein
besonderes Augenmerk fand in den Beratungen zur neuen Röntgenverordnung die
Neuformulierung der Anforderungen an eine Fachkunde und erforderliche
Kenntnisse im Strahlenschutz. Die Fachkunden im Strahlenschutz werden in der
noch zu formulierenden Richtlinie neu eingeteilt. Zum Erwerb der Fachkunde wird nicht nur der Nachweis von Kursen und Zeiten der
radiologischen Tätigkeit, sondern ggf. auch der Nachweis von
Untersuchungszahlen sowie eine Prüfung notwendig sein. Die Gültigkeit einer
erworbenen Fachkunde wird auf fünf Jahre begrenzt, wenn nicht eine
Aktualisierung nachgewiesen wird. Gestaffelt nach dem Zeitpunkt des Erwerbs der
Fachkunde kann erstmalig bereits innerhalb der ersten zwei Jahre nach
Inkrafttreten der Röntgenverordnung eine Aktualisierung notwendig sein. Der
Kursumfang von voraussichtlich acht Stunden kann über anerkannte
Veranstaltungen, z. B. im Rahmen von Kongressen verteilt sein. Die
Aktualisierungspflicht gilt für alle Arten von Fachkunden und -kenntnissen,
allerdings mit möglicherweise unterschiedlichen Regelungen, die noch in der
entsprechenden o.g. Richtlinie festgelegt werden. Zukünftig dürfen für die so
genannte technische Durchführung - außer den MTA - Medizinisch-technischen
Radiologieassistenten und Medizinisch-technische Strahlentherapieassistenten
mit Fachkunde - nur noch Personen mit einer medizinischen Ausbildung und den
erforderlichen Kenntnissen eingesetzt werden. Für bisher Berufstätige gelten
allerdings Übergangsbestimmungen.
Ebenfalls
angegangen wird die Formulierung von Referenzwerten. Dies ist eine Aufgabe des
Bundesamtes für Strahlenschutz. Unter Referenzwerten sind Dosiswerte für
typische Untersuchungen mit Röntgenstrahlung bezogen auf Standardphantome oder
auf Patientengruppen mit Standardmaßen mit für die jeweilige Untersuchungsart
geeigneten Röntgeneinrichtung und Untersuchungsverfahren zu verstehen. Das
Bundesamt für Strahlenschutz wird im Jahr 2003 einen ersten Vorschlag dem
Bundesumweltministerium zuleiten.
Ebenfalls
neu ist eine Festlegung für den Bereich Teleradiologie. Das Regelungsmodell
sieht vor, dass der „Teleradiologe“ mittels Telekommunikation nach eingehender
Beratung mit einem Arzt vor Ort, der über die erforderlichen Kenntnisse im
Strahlenschutz verfügt, die rechtfertigende Indikation vornimmt, den Befund
feststellt und die Verantwortung für die gesamt Anwendung trägt. Am Ort der
Untersuchung muss eine MTA die Anwendung technisch durchführen, ein Arzt mit
den erforderlichen Kenntnissen im Strahlenschutz hat sich dabei aufzuhalten.
Der Arzt am Untersuchungsort muss den Patienten über Risiken und Nutzen
aufklären, die zu rechtfertigende Indikation und erforderlichen Angaben
ermitteln und an den „Teleradiologen“ weiterleiten, sowie im Notfall und in
anderen Fällen, in denen ein kurzfristiges Eingreifen erforderlich ist, auch
ärztliche Entscheidungen treffen und Maßnahmen durchführen. Durch die neue
Regelung lassen sich sowohl ein teleradiologischer Bereitschaftsdienst ohne
radiologischen Notfalldienst (vor Ort) als auch ein teleradiologischer
Hintergrunddienst bei einem nicht voll fachkundigen radiologischen
Bereitschaftsdienst (vor Ort) realisieren. Die Genehmigung zur Teleradiologie
ist auf den Nacht- , Wochenend- und Feiertagsdienst beschränkt; sie schließt zu
diesen Zeiten aber elektive Untersuchungen nicht aus und kann sogar erweitert
werden, wenn ein Bedürfnis im Hinblick auf die Patientenversorgung besteht. Im
letzteren Fall wird die Genehmigung auf längstens drei Jahre befristet. Ein
Kriterien- und Indikationskatalog soll in der entsprechenden Richtlinie (siehe
oben) zu einer möglichst einheitlichen Handhabung bei der Genehmigung führen.
Nach
Inkrafttreten der neuen Röntgenverordnung wird jetzt zu prüfen sein, inwieweit
auch Konsequenzen für Leitlinien der Bundesärztekammer zu ziehen sind. Dies
gilt insbesondere für die „Leitlinie der Bundesärztekammer zur
Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik“ und die „Leitlinie der
Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Computertomographie“.
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