„gesundheitsziele.de“

gesundheitsziele.de“ ist ein von der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) angeregtes, vom Bundesgesundheitsministerium und der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e. V. (GVG) im Jahr 2000 initiiertes Projekt. Ziel ist die exemplarische Entwicklung von Gesundheitszielen für Deutschland, die damit als ein Element einer rationalen Steuerung der Gesundheitspolitik wirksam werden sollen. Die Auswahl der zu bearbeitenden Zielthemen erfolgte auf der Grundlage wissenschaftlicher (z. B. Mortalität, Morbidität in der Bevölkerung), ökonomischer (Kosten), ethisch-normativer (Chancengleichheit, Bürger-/Patientenbeteiligung) sowie pragmatischer Kriterien (gesundheitspolitische Relevanz, Vorhandensein umsetzungsbereiter Akteure). Auf dieser Grundlage wurden fünf thematische Arbeitsgruppen eingerichtet:

    AG „Diabetes mellitus Typ 2“

    AG „Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen“

    AG „Tabakkonsum reduzieren“

    AG „Gesund aufwachsen: Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung“

    AG „Gesundheitliche Kompetenz von BürgerInnen und PatientInnen stärken“.


Die Bundesärztekammer ist in vier der fünf Arbeitsgruppen vertreten. Für alle Themengruppen wurden Oberziele und Teilziele formuliert sowie konkrete Maßnahmen entwickelt.

AG „Diabetes mellitus Typ 2“

Für das Thema „Diabetes mellitus Typ 2“ wurden die Reduktion der Erkrankungsinzidenz, die frühere Erkennung der Erkrankung sowie die Verbesserung der Lebensqualität Betroffener als vorrangige Ziele formuliert. Als Maßnahmen wurden die Entwicklung einer nationalen Aufklärungskampagne zum Thema und eine Bewerbung der Diabetes-Früherkennung im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung ab 35 Jahre nach SGB V 25 von den Arbeitsgruppenmitgliedern konsentiert.

AG „Brustkrebs“

Die Arbeitsgruppe hat im Bereich der Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation des Brustkrebses folgende Ziele als vorrangig benannt: Eine frühere Erkennung der Krankheit, eine verbesserte evidenzbasierte und flächendeckende Versorgung, ein besserer krankheitsbezogener Wissensstand der Bevölkerung, bessere Informationen für Betroffene über Therapieoptionen sowie Verbesserungen der psychosozialen Betreuung Erkrankter, flexiblere Rehabilitationsangebote, die bessere Führung von Krebsregistern sowie Fortschritte in der Ursachenforschung. Als konkret umzusetzende Maßnahmen werden u. a. die Entwicklung von Patientinneninformationen zu vorhandenen Therapieoptionen oder zu regional angebotenen Selbsthilfeaktivitäten vorgeschlagen.

AG „Tabakkonsum reduzieren“

35 % der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands rauchen regelmäßig. Das sind etwa 20 Millionen Menschen. Die gesundheitlichen Folgen sind gewaltig, jährlich sterben allein in Deutschland etwa 140.000 Menschen an tabakbedingten Erkrankungen. Das sind mehr als an AIDS, Alkohol, illegalen Drogen, Verkehrsunfällen, Morden und Suiziden zusammen.

Um wirkungsvoll auf das komplexe Gebiet der Abhängigkeitsentstehung und -aufrechterhaltung Einfluss nehmen zu können, hat die Arbeitsgruppe vier Oberziele formuliert: Zum Einen bedarf es der Entwicklung verhältnisbezogener Maßnahmen wie z. B. Steuererhöhungen, Durchsetzung eines umfassenden Werbeverbotes für Tabakprodukte, einer nationalen Aufklärungskampagne, zum Anderen sind aber auch verhaltensbezogene Maßnahmen zu fördern, die Betroffenen den Ausstieg aus der Sucht erleichtern, aber auch den Einstieg in die Abhängigkeit insbesondere bei Kindern und Jugendlichen verhindern. Darüber hinaus ist der Bevölkerung ein umfassender Schutz vor Passivrauchen zu gewährleisten.

Durch die Implementierung eines „Maßnahmenmixes“ aus allen vier Zielbereichen kann eine wirkungsvollere Reduktion des Tabakkonsums in der Bevölkerung erreicht werden. Ärzte können insbesondere über die Ansprache betroffener Patienten und die Leistung therapeutischer Hilfen sowie durch gezielte Aufklärungsarbeit tätig werden.

AG „Gesund aufwachsen: Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung“

Um ein gesundes Aufwachsen von Kindern sicherzustellen, sieht die Arbeitsgruppe einen vorrangigen Handlungsbedarf in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung. Verbesserungen können v. a. über die Entwicklung entsprechender Maßnahmen in den für Kinder relevanten Settings Kindergarten, Schule, Familie und Freizeit erzielt werden. Dabei muss sowohl die kognitive wie auch motivationale Ebene angesprochen werden, um Veränderungen auf der Verhaltensebene bewirken zu können. Konkret ist an Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung in Kindergärten, Kindertagesstätten und Schulen sowie an gezieltes Bewegungstraining, das an den Möglichkeiten des einzelnen Kindes ansetzt, zu denken.

AG „Rechte von Bürgern und Patienten im Gesundheitswesen stärken“

Zur Erreichung des Oberziels der Verbesserung der Rechte von Bürgern und Patienten im Gesundheitswesen hat die Arbeitsgruppe Maßnahmenvorschläge für vier Zielbereiche entwickelt

1.    Erhöhung der Transparenz im Gesundheitswesen,

2.    Entwicklung gesundheitsbezogener Kompetenzen bei Patienten und Bürgern,

3.    Ausbau kollektiver und Stärkung individueller Patientenrechte sowie

4.    Verbesserungen des Beschwerde- und Fehlermanagements.

Als konkrete Maßnahmen werden u. a.

•    die Verbesserung der Informationen zu Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen, zu Leistungserbringern und Behandlungsverfahren,

•    die Etablierung unabhängiger Einrichtungen der Qualitätsbewertung,

•    die stärkere Berücksichtigung von Gender-, Alters- und Randgruppenaspekten in der Forschung und Informationsgewinnung,

•    eine verbesserte Förderung von Selbsthilfegruppen,

•    eine patientenorientierte Arbeitsweise in den Institutionen des Gesundheitswesens,

•    eine Förderung der Beteiligung von Patienten und Bürgern an Beratungs- und Entscheidungsprozessen im Gesundheitswesen,

•    eine aktive Information der Bürger und Patienten über individuelle und kollektive Rechte durch die Institutionen des Gesundheitswesens sowie

•    eine Verbesserung des Beschwerde- und Fehlermanagements und die Erstellung regelmäßiger Qualitätsberichte in den Einrichtungen des Gesundheitswesens vorgeschlagen.

Die Bundesärztekammer ist bereits in vielen dieser Bereiche aktiv: Das Patientenforum ermöglicht z. B. einen direkten Austausch von ärztlichen Belangen mit Belangen der freien Wohlfahrtsverbände und der Patientenselbsthilfe. Darüber hinaus ist ab 01.01.2003 eine systematische Erfassung von Beschwerdefällen über einen standardisierten elektronischen Erfassungsbogen vorgesehen, wodurch die Ergebnisse transparent gemacht und im Rahmen des Qualitätsmanagements genutzt werden können. Über die Ärztliche Zentralstelle Quaitätssicherung in der Medizin (ÄZQ) werden Patienten und Patientenvertreter in die Entwicklung von Behandlungsleitlinien einbezogen. Zur Bewertung der inzwischen vielfältig verfügbaren Patienteninformationen wurde ein eigenes Instrument (DISCERN) entwickelt. Darüber hinaus hat die Bundesärztekammer, wie andere Einrichtungen der Selbstverwaltung, das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesministerium der Justiz an der Erarbeitung einer Schrift „Patientenrechte in Deutschland“ mitgewirkt, die die vorhandene Rechtslage für Patienten transparent machen und damit die Information und das Bewusstsein über Patientenrechte im Gesundheitswesen verbessern soll.

Das Projekt „gesundheitsziele.de“ wird über einen Arbeitsausschuss koordiniert, in dem ca. 70 relevante Akteure des Gesundheitswesens einschließlich der Bundesärztekammer vertreten sind. Er ist das beschlussfassende Gremium und entscheidet über die Ergebnisse und Teilergebnisse der Arbeitsgruppen sowie über Empfehlungen an die Politik. Der Steuerungskreis koordiniert und steuert die Arbeit der Arbeitsgruppen und strukturiert die Arbeit des Arbeitsausschusses durch die Vorbereitung von Entscheidungsvorlagen. Auch in diesem ist die Bundesärztekammer mit Sitz und Stimme vertreten.

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