Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer

Die Ständige Kommission Organtransplantation hat innerhalb des Berichtszeitraums bis November 2002 – dem Ende ihrer Amtsperiode 1998 bis 2002 – in 6 Sitzungen die Richtlinien zur Aufnahme in die Warteliste und zur Organvermittlung entsprechend den Vorgaben des Transplantationsgesetzes vielfältig fortgeschrieben und für die Dünndarmtransplantation neu entwickelt. Damit ist die Grundlage für die Neubekanntmachung der gesamten Richtlinien gelegt worden, die im Februar 2003 vom Vorstand der Bundesärztekammer verabschiedet wurde (s. hierzu Internet-Einstellung unter http://www.baek.de/30/Richtlinien/ Richtidx/Organ/10OrgantransNeu/index.html) und seit dem 28.02.2003 gilt.

Eine Veröffentlichung der neu gefassten Richtlinien im Bundesanzeiger steht bevor.

Wesentliche Änderungen haben sich seit dem letzten Tätigkeitsbericht 2001/2002 für folgende Richtlinien ergeben:

    Neufassung der Grundsätze für die Aufnahme in die Warteliste aller organbezogenen Einzelrichtlinien (jeweils Kapitel I)

    Neufassung der Grundsätze für die Organvermittlung aller organbezogenen Einzelrichtlinien (jeweils Kapitel I)

    Neufassung der Sonderallokationsregel für Nierentransplantationen von Spendern und Empfängern, die jeweils älter als 65 Jahre alt sind (s. Richtlinien für die Organvermittlung zur Nierentransplantation, Kapitel II. Abschnitt 1.11.)

    Ergänzung der Richtlinien zur Pankreas-Insel-Transplantation in den Richtlinien für die Warteliste zur Nieren- und zur (Nieren-) Pankreastransplantation im Kapitel „(Nieren-) Pankreastransplantation“ und den Richtlinien für die Organvermittlung zur Pankreastransplantation

    Änderung des Audit-Verfahrens für Herz und Lunge in den Richtlinien für die Organvermittlung thorakaler Spenderorgane (Herz) sowie den Richtlinien für die Organvermittlung thorakaler Spenderorgane (Herz-Lungen und Lungen)

    Neuregelung der Leberteiltransplantation in den Richtlinien für die Organvermittlung zur Lebertransplantation

    Neuentwicklung von Richtlinien für die Warteliste und zur Organvermittlung für die Dünndarmtransplantation


Die Richtlinien wurden darüber hinaus um einen Anhang mit Literaturnachweisen erweitert (Veröffentlichung in Kürze).

Die Ständige Kommission hat sich des Weiteren eingehend mit der verfassungsrechtlichen Kritik an der Zulässigkeit der Richtliniengebung durch die Bundesärztekammer befasst. Diese Zweifel an den Legitimationsgrundlagen der Richtlinien werden von einzelnen Verfassungsrechtlern aus der so genannten Wesentlichkeitstheorie abgeleitet, derzufolge der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Regelungen, die insbesondere grundrechtsrelevante Fragen berühren, selbst zu treffen habe und daher nicht delegieren könne.

Die Kritikpunkte, die sich primär auf den Gesetzgeber beziehen, sind im Wesentlichen:

    Die Rahmenvorgaben des Transplantationsgesetzes genügten nicht den verfassungsrechtlichen Ansprüchen zur Bestimmtheit von einfachgesetzlichen Bestimmungen, die Grundrechte berühren, da die wesentlichen Fragen der Organverteilung normativer Art seien und daher allein vom Gesetzgeber selbst zu bestimmen seien.

    Die Bundesärztekammer könne allenfalls deskriptiv den Stand der medizinischen Wissenschaft zur Organverteilung feststellen.

    Mit den Richtlinien zur Organverteilung halte sich der Richtliniengeber im Übrigen nicht an die gesetzlichen Vorgaben, die „nur“ eine Feststellung des Stands der medizinischen Wissenschaft vorsähen und keinerlei Abwägung z. B. der Kriterien der Dringlichkeit und Erfolgsaussicht bei der Organvergabe gestatteten.


In der Auseinandersetzung mit diesen Kritikpunkten ist die Kommission im Ergebnis zu folgenden Auffassungen gelangt:

    Die grundsätzlichen Kompetenzzweifel an der Richtliniengebung durch die Bundesärztekammer seien nicht einschlägig, da der Gesetzgeber selbst im Zusammenhang mit der Transplantationsmedizin an die Grenzen einer sachadäquaten Rechtssetzung stoße und somit Fachinstitutionen durchaus mit komplexen, medizinisch geprägten Aufgabenstellungen betrauen könne.

    Daher sei auch an der rechtlichen Wirksamkeit des Transplantationsgesetzes und der daraus abgeleiteten Richtlinien nicht zu zweifeln, zumal die Verwerfungskompetenz von Gesetzen allein beim Bundesverfassungsgericht liege.

    Entsprechend der Vorgaben des Transplantationsgesetzes seien die Bundesärztekammer und die Ständige Kommission Organtransplantation als Richtliniengeber unbedingt zur Ausfüllung der Aufträge gehalten,da die Transplantationsmedizin und mit ihr die Patientenversorgung anderenfalls erheblichen Schaden erlitten.

    Unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten sei eventuell zu erwägen, die Richtlinien und ihre Fortschreibung künftig dem Genehmigungsvorbehalt eines parlamentarisch kontrollierten Organs (z. B. dem BMGS) zu unterstellen.


Weiterhin haben mehrere Mitglieder der Ständigen Kommission im Juni 2002 einen Erfahrungsaustausch mit Vertretern der nach Landesrecht gebildeten Kommissionen zur Lebendorganspende sowie mit Vertretern von Landesärztekammern durchgeführt. Einer der wesentlichen Punkte, die dort erörtert wurden, bildete die Forderung, die Verbindlichkeit eines eventuellen negativen Kommissionsvotums durch den Gesetzgeber herbeiführen zu lassen. Eine einheitliche Auffassung der Teilnehmer zu dieser Frage war nicht festzustellen.

Zur Sicherstellung der Kontinuität der Kommissionsarbeit hat der Vorstand der Bundesärztekammer im November 2002 die Mitglieder der Ständigen Kommission für die Amtsperiode 2002 bis 2006 berufen. Die Kommission hat sich zur neuen Amtsperiode im Januar 2003 konstituiert. Dabei hat sie insbesondere folgende Themenprioritäten für ihre Arbeit gesetzt:

     Erste Priorität erhielten die Themen

    Sicherstellung der Patientenversorgung im Falle organisatorischer Kapazitätsgrenzen von Transplantationszentren

    Allokationsregeln für kritisch werdende Spenderorgane

    Desweiteren sollen folgende Themen bearbeitet werden

    Lebendorganspende, insbesondere unter den Aspekten der Aufwandsentschädigung für die Spender und die Wartelistenerfassung der Empfänger

    Entwicklung von Regelungen für Organempfänger, die aus Staaten außerhalb des Eurotransplant-Verbundes kommen

    Rahmenbedingungen einzelner Transplantationsprogramme im Falle einer Änderung der jeweiligen Landeskrankenhausplanung

    Entwicklungsfragen der Xenotransplantation

    Förderung der postmortalen Organspende

    Klärung der Rechtslage zur Dominotransplantation

    Verbesserung der Nachsorge von Transplantationspatienten

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