Europäische Akademie für Ärztliche Fortbildung (EAMF)

Gegründet am 19. Januar 1979 in Bad Nauheim auf Initiative von Dr. Wolfgang Bechtoldt, ehemals Präsident der Landesärztekammer Hessen, wurde die Europäische Akademie im Jahre 1990 nach Köln verlegt, wo sie seither ihren Sitz hat. Zur Mitgliedschaft der Akademie zählen neun repräsentative nationale Ärzteorganisationen aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Österreich, Portugal, Schweiz, Spanien und Ungarn, sowie als assoziierte Organisationen die FEMS (Europäische Vereinigung der angestellten Ärzte) und die UEMS (Europäische Vereinigung der Fachärzte).

Die EAMF hat das Ziel einen Austausch von Erfahrungen auf dem Gebiet der ärztlichen Fortbildung zu gewährleisten und die Organisation und Entwicklung von Fortbildung in den europäischen Staaten zu beobachten. Über die Ergebnisse ihrer Aktivitäten informiert die EAMF auch andere internationale Organisationen, die nicht der Akademie angehören. Der Vorstand setzt sich derzeit wie folgt zusammen:

Präsident: Professor Dr. Dr. h. c. Karsten Vilmar,1. Vizepräsident:Professor Dr. Marc Lerat, Conseil National de l'Ordre des Médecins, Frankreich, 2. Vizepräsident und Leiter der Verwaltung: Dr. José Maria Bertrán, Consejo General de Colegios Oficiales de Medicos, Spanien, Generalsekretär: Dr. Roland Lemye, Chambre Syndicale des Médecins, Belgien, Stellvertretender Generalsekretär: Dr. Wolfgang Routil, Ärztekammer Steiermark, Österreich, Schatzmeister: Dr. Pierre Haehnel, Conseil National de l'Ordre des Médecins, Frankreich, stellvertretender Schatzmeister: Dr. Hans-Heinrich Brunner, Verbindung Schweizer Ärzte, Schweiz

Der VII. Internationale Kongress der EAMF fand am 4./5. März 1994 zu dem Thema „Die ärztliche Fortbildung im Europa von morgen“ erstmals in Köln statt. Bei dieser Tagung waren insgesamt rund 190 Teilnehmer aus 21 inner- und außereuropäischen Ländern anwesend, davon 25 Referenten und Diskussionsleiter. Im Anschluss an den Kongress wurde ein Berichtband mit den Referaten und der Deklaration des 7. Internationalen Kongresses erstellt.

Am 17. und 18. Mai 1996 fand im Japanisch-Deutschen Zentrum in Berlin der VIII. Internationale Kongress der Europäischen Akademie mit dem Thema „Qualitätssicherung und ärztliche Fortbildung“ statt.

Schwerpunkte des Kongresses waren:

    ärztliche Fortbildung als Forschungsobjekt,

    Wahl der Ziele und der Methodik der ärztlichen Fortbildung; wie sorgsam ist ärztliche Fortbildung?

    Evaluation ärztlicher Fortbildung,

    Auswirkungen der ärztlichen Fortbildung auf das Gesundheitswesen,

    Chancen und Gefahren, sowie last, but not least

    Rolle des Sponsoring bei der Fortbildung des Arztes.

Am Schluss der Tagung verständigten sich die Teilnehmer auf folgende Deklaration:

„Die ärztliche Fortbildung hat die Aufgabe, den Arzt über neue und neueste Entwicklungen in der Medizin auf dem Laufenden zu halten und primäre oder mit der Zeit entstandene Wissenslücken sowie mangelnde Fähigkeiten und Fertigkeiten auszufüllen. Fortbildung ist eine ethische Verpflichtung jedes einzelnen Arztes.

Dieses Ziel wird umso eher erreicht werden, je mehr der Fortbildungsgegenstand einerseits die wirklichen Bedürfnisse des Arztes abdeckt und je mehr die Fortbildungsveranstaltungen andererseits in ihrer Methodik geeignet sind, die aktive Aufmerksamkeit des Fortzubildenden zu wecken und sich ihm einzuprägen.

Der Fortbildungsgegenstand sollte „praxisrelevant“, d.h. den Bedürfnissen der Praxis entsprechend sein. Bei der Definition dieser Bedürfnisse müssen die in der Praxis tätigen Ärzte mitbestimmen. Sie sollten dies aber nicht allein tun, da Forscher und Lehrer in der Medizin aus ihrer Kenntnis der neuesten Entwicklung heraus ebenfalls Praxisrelevantes definieren können.

Die Entwicklung eines Angebotes kontinuierlicher und strukturierter Fortbildungsprogramme für alle Ärzte ist Aufgabe der Berufsorganisationen (Ärztekammer, Fachgesellschaften).

Bei prinzipieller Freiwilligkeit soll die Teilnahme der Ärzte an diesen Programmen durch Anwendung von Bonifikationssystemen progressiv gesteigert werden. Ein Diplom oder Zertifikat soll dem sich stetig fortbildenden Arzt außerdem die Möglichkeit bieten, dies der Öffentlichkeit und damit auch seinem Patienten  gegenüber anzuzeigen.

Für neue medizinische Verfahren, insbesondere im technischen Bereich, sollen von den Mitgliedsorganisationen Richtlinien zur Qualitätssicherung entwickelt werden. Diese sollen sowohl die erforderlichen Standards der Technik definieren als auch die Qualifizierung, die der Arzt zu deren Anwendung zu erreichen hat.

Es existieren sehr unterschiedliche Formen der Fortbildung, die von der Vortragsveranstaltung über Arbeit in Kleingruppen, vorbereiteten Seminaren bis hin zu Kollegentreffen (Qualitätszirkel) und „peer revues“ der Praxistätigkeit gehen.

Audiovisuelle Möglichkeiten finden zunehmende Anwendung, die auch die individuelle Fortbildung mit freier Zeitwahl und die starke Nutzung von Bildern sowie die Reproduzierbarkeit bieten. Computer und Vernetzung erlauben in schneller Entwicklung neue Informationen.

Jede dieser Methoden hat ihre grundsätzlichen Stärken und Schwächen. Jede ist bei bestimmten Voraussetzungen anwendungsberechtigt. Die Wahl wird im Einzelnen von der Zahl der Teilnehmer, von der verfügbaren Zeit, von der Praxis der Beteiligten, vom Fortbildungsziel und von anderen Faktoren - nicht zuletzt den persönlichen Neigungen des einzelnen Arztes - bestimmt werden.

In allen Fällen wird die Wirksamkeit abhängen vor allem von der individuellen Qualität des Fortbilders, von dessen Vorbereitung, von der angewandten Didaktik und weiteren Faktoren, wie der Motivation und anderen emotionalen Elementen sowohl des Fortbilders als auch der Fortzubildenden, sowie nicht zuletzt von „Belohnungs- und Bestrafungsmechanismen“. Letztere werden in der Diskussion über Freiheit und Zwang in der Fortbildung immer wieder angesprochen und bilden einen nicht zu unterschätzenden Stimulus.

Die Wirksamkeit der ärztlichen Fortbildung ist zwar schwierig zu messen, aber sie kann gemessen werden. Während die Bestimmung des unmittelbaren Wissenszuwachses im Anschluss an eine Fortbildungsveranstaltung leicht durchzuführen ist, ist es methodisch bedeutend aufwendiger, das Fortbestehen eines besseren Wissensstandes zu dokumentieren. Noch schwieriger ist es, die Wirksamkeit in Bezug auf die Verbesserung des Verhaltens des Arztes in seiner Praxis zu bestimmen (aktuelle Untersuchungen über die Entwicklung des Verschreibungsprofiles könnten zu einer teilweisen Lösung dieses Problems beitragen). Gerade in diesem Bereich ist aber eine größtmögliche Wirksamkeit anzustreben.

Die Wahl des Fortbildungsgegenstandes und der Methodik sollen in erster Linie vom Fortbildungsziel bestimmt und von den verantwortlichen Fortbildern zusammen mit den Fortzubildenden bestimmt werden. Die Pharmaindustrie hat traditionell sowohl materiell wie auch inhaltlich zur Fortbildung des Arztes beigetragen. Während eine einseitige Beeinflussung des Fortbildungsgegenstandes durch ökonomische Interessen der Pharmaindustrie abzulehnen ist, kann gegen das Mitwirken sachkundiger, wissenschaftlich qualifizierter Angehöriger der Pharmaindustrie bei der Fortbildung des Arztes nichts eingewandt werden. Gleiches gilt für die zunehmende Bedeutung der Apparate-Industrie und andere Formen des „Sponsoring“.

Die formale Qualität der Fortbildungsangebote ist sehr unterschiedlich. Prinzipien der Didaktik, bezogen auf die Erwachsenenbildung sind von wesentlicher Bedeutung. Die Wahl des in der jeweiligen Situation geeigneten Fortbildungsmodus einerseits und die didaktisch und methodisch optimale Durchführung andererseits wird für die Qualität der Veranstaltung entscheidend sein. Guter Aufbau, angemessene Illustration, Abgabe informativer schriftlicher Unterlagen, hinreichend Gelegenheit zu Fragen und zur Diskussion und ein ansprechender emotionaler Rahmen tragen zur Wirksamkeit bei. Auch der Fortbilder sollte sich auf dem Laufenden halten und sich selber in Bezug auf seine didaktischen und kommunikativen Fähigkeiten und neuen technischen Möglichkeiten ständig fortbilden.

Die Gesundheitssysteme und medizinischen Bildungssysteme Europas weisen zum Teil unterschiedliche Strukturen auf. Im Interesse einer  Anpassung der Fortbildungsziele der EAMF an die verschiedenen Systeme, ist eine ständige Kommunikation der Mitgliedsorganisationen mit ihren Partnern in den nationalen Einrichtungen der gesundheitlichen Versorgung erforderlich.

Die Europäische Akademie für ärztliche Fortbildung hat in enger Zusammenarbeit mit der nordamerikanischen „Alliance for Continuing Medical Education“ und der Französischen Ärztekammer am 24./25. Oktober 1997 in Straßburg ihren IX. Internationalen Kongress zu dem Thema „Neue Techniken in der ärztlichen Fortbildung“ durchgeführt. Die Veranstaltung fand in einem würdigen Rahmen im Hause der Industrie- und Handelskammer, Place Gutenberg statt. Dank der Vermittlung des französischen Generalsekretärs des „Conseil National de l'Ordre des Médecins“, Dr. Pierre Haehnel, der in Straßburg ansässig ist , und der Großzügigkeit des Präsidenten und Direktors der Abteilung Kommunikation der IHK, konnten wunderbare funktionale Räume, die auf eine mehr als 400-jährige Geschichte zurückblicken, für diesen Kongress genutzt werden.

An diesem IX. Kongress nahmen neben zahlreichen Referenten und Teilnehmern aus USA und Kanada Vertreter aus 19 Ländern der Europäischen Union, aus Mittel- und Zentraleuropa sowie 2 Repräsentanten der Tunesischen Ärzteorganisation teil.

In drei verschiedenen, nach Sprachen aufgeteilten Workshops bestand die Möglichkeit zum Thema Diabetes eine Homepage zu erarbeiten. In 3 Räumen war ein Internet-Anschluss bereitgestellt. Feststellen ließ sich, dass den Newcomern im Internet eine gewisse „WEB-Site-Kontaktangst“ genommen werden konnte. Jeder Teilnehmer hat sehen können, welche Bilder zur Aufzeichnung von Frühsymptomen, Beschwerden und Ursachen zur Verfügung stehen.

Ziel dieses Kongresses war es, neue Wege ärztlicher Fortbildung aufzuzeigen, Möglichkeiten der Anwendung zu erläutern und schließlich die Chancen und Risiken neuer Verfahren anzusprechen. Die praktischen Konsequenzen, so berichtete Professor Dr. Mumenthaler (Schweiz) in der abschließenden Synthese, sind darin zu sehen, dass die neuen Medien nicht blenden, sondern zum Nutzen in Dienst genommen werden sollen. Vor jeder Aktion solle die Frage gestellt werden, welche technische Möglichkeit am geeignetesten ist. Bei den Mitteln der Selbstkontrolle soll die Rückmeldung Kritik enthalten. Bei der Abwägung der „Pro's und Con's“ wurde vor allem positiv herausgestellt, dass ärztliche Fortbildung von Zeit und Raum unabhängig sein kann, wenn der Empfänger bereit ist. Das Angebot kann optimal sein, ein „Traumteam“ von Professoren kann gewonnen werden, wobei Interaktivität gewährleistet ist, d.h. die Kombination von exzellenter Präsentation und Interaktivität kann sehr gut geboten werden. „Self-Assessment“ ist möglich. Das Angebot ist kostengünstig, wenn man bedenkt, wie viel Teilnehmer dadurch erreicht werden können.

Gefahren, die es allerdings auch zu bedenken gilt, sind darin zu sehen, dass die Produkte in falsche Hände geraten können, der Persönlichkeitsschutz nicht garantiert wird und die Qualität fraglich sein kann. Die ungeheure Flut des Angebotes dürfte auch gewisse Probleme beinhalten. Außerdem ist zu prüfen, wer die Sponsoren sind. Oberstes Gebot ist die Unabhängigkeit der Fortbildung von Marketinginteressen.

Es wäre zu wünschen, dass die EAMF eine Harmonisierungsrolle übernimmt, Maßstäbe definiert und auch durchsetzt, die dafür Sorge tragen, dass hohe Qualität und eine bedarfsgerechte Fortbildung dem Arzt angeboten, eine Akkreditierung der Fortbildung quantitativ umschrieben wird, und daß die didaktischen Prinzipien respektiert werden, sowie ein Rahmen und eine Verbindung über die Grenzen und Ozeane hinaus geschaffen wird.

Von Seiten der Alliance for Continuing Medical Education wurde ein Statement folgenden Inhalts eingebracht: „Neue Techniken in der ärztlichen Fortbildung werden das Verhalten der Ärzte und die gesundheitliche Versorgung dahingehend verändern, dass sie die Bedürfnisse des Lernenden in geeigneter Weise bestimmen, Grenzen deutlich machen, die es zu verändern gilt, Inhalt in interaktiver Weise zu verbreiten, und es dem Arzt so zu ermöglichen, das Neuerlernte in die Praxis umzusetzen, das einmal Erzielte zu verstärken.“

Aus Anlass des 20jährigen Bestehens der Europäischen Akademie für ärztliche Fortbildung fand am 22. und 23. Oktober 1999 auf Einladung der Royal Society of Medicine der X. Internationale Kongress in London statt, der sich mit dem Thema der Qualitätssicherung in der ärztlichen Fortbildung befasste. Im Vordergrund standen die Vermittlung der Fortbildungssituation in den einzelnen nationalen Ärzteschaften und ein Informationsaustausch, der es möglich macht, das Wissen um verschiedenartige Fortbildungsstrukturen und -möglichkeiten zu erweitern.

An drei Themata wurden Erfahrungen mit der Fortbildung und deren Qualitätssicherung durch Fortbildung dargestellt:

    Erfahrungen mit der Frühdiagnose von Brustkrebs

    Fortbildung und Rezertifizierung von Ärzten, die im Rahmen des Blutspendewesens tätig sind

    Ärztliche Fortbildung der Allgemeinärzte im Hinblick auf Verordnung von Arzneimitteln


Ein weiteres Thema befasste sich mit der Rezertifizierung und der Selbstbewertung sowie den daraus zu ziehenden Konsequenzen.

Referenten und Teilnehmer aus 16 Ländern waren vertreten. Bedauerlicherweise war die Teilnehmerzahl mit 70 relativ gering, was sich darauf zurückführen lässt, dass es aufgrund einer Terminverschiebung von Seiten der Royal Society of Medicine zur Überschneidung mit anderen internationalen Veranstaltungen gekommen war.

Im Laufe des Jahres 2001 fanden einige Sitzungen einer kleinen Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Dr. Haehnel statt. Grundlage der Beratungen waren Thesenpapiere zu den Bereichen der Qualitätsmerkmale, der Qualitätssicherung und Evaluierung sowie der Normung und Zertifizierung befassen, die zur Erstellung eines Konzeptes dienen sollen.

In der Mitgliederversammlung am 27.10.2001 in Frankfurt führte die Diskussion zu dem Ergebnis, dass in Anbetracht der bescheidenen Finanzlage sowie der Tatsache, dass sich zahlreiche andere internationale Einrichtungen mit denselben Aufgaben und Zielen befassen im Laufe der nächsten Monate der neu gewählte Vizepräsident und Vorsitzender der wissenschaftlichen Kommission, Dr. Pierre Haehnel (ehemaliger Generalsekretär der französischen Ärztekammer) bei der Kommission ein EAMF-Evaluierungsprojekt einbringt und die Europäische Akademie sich um eine finanzielle Forderung bemühen wird.

Leider muss inzwischen festgestellt werden, dass die Korrespondenz mit Brüssel und die dort geführten Gespräche nicht zu dem erwarteten Ergebnis geführt haben.

Da sich aber zahlreiche andere europäische Einrichtungen mit denselben Komplexen befassen wird im Laufe des Jahres 2003 wohl die Auflösung der Europäischen Akademie in die Wege geleitet. Die Bezeichnung „Europäische Akademie für ärztliche Fortbildung“ jedoch wird erhalten bleiben.

© 2003, Bundesärztekammer.