Ethik in der Medizin

Der geklonte Mensch – eine Medieninszenierung

Nachdem der Bundestag am 31. Januar 2002 einen Import bereits vorhandener menschlicher embryonaler Stammzellen unter strengen Voraussetzungen für zulässig erklärt hatte, ließ das Interesse der breiten Öffentlichkeit an diesem Thema spürbar nach. Zwar spielten medizinisch-ethische Themen nach wie vor eine besondere Rolle in der Berichterstattung der Medien, doch vor dem Hintergrund des Wahlkampfs setzten die Redaktionen zunehmend andere Prioritäten. Größere Aufmerksamkeit rief lediglich der im Mai 2002 fertig gestellte Bericht der Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Bundestages hervor. Eine Art Dauerbrenner war aber das Thema „Klonen“.

Bereits Anfang April 2002 geisterte die Meldung vom ersten „Klonembryo“ durch die Presse. Der italienische Fortpflanzungsmediziner Severino Antinori hatte behauptet, eine Teilnehmerin seines Klon-Projekts sei in der achten Woche schwanger. Die Scientific Community quittierte diese Aussagen Antinoris mit großer Skepsis. Gleichwohl konnte Antinori weltweite Aufmerksamkeit für seine Menschenexperimente verbuchen. Ende November 2002 gelang es ihm erneut, in die Schlagzeilen zu kommen. Diesmal kündigte er an, die Geburt des ersten Klon-Babys stehe unmittelbar bevor. Die Zweifel waren wiederum unüberhörbar.

Einen Beweis für seine Behauptungen konnte Antinori nicht antreten. Dies hinderte ihn aber nicht, in regelmäßigen Abständen die Medien mit neuen Meldungen über seine angeblichen Klonerfolge zu versorgen. Eine ähnliche Strategie verfolgten Anhänger der in Kanada ansässigen Raelianer Sekte, die im Dezember 2002 mit der Meldung Furore machten, das erste Klonbaby sei geboren worden. Wochenlang beschäftigten sich die Medien mit der angeblichen Klon-Geburt, ohne dass die vermeintlichen Klon-Schöpfer einen Nachweis ihrer Behauptungen erbracht hatten. Die Medieninszenierung war den Raelianern allerdings gelungen.

Dies spiegelte sich auch in einer Vielzahl von Anfragen für Interviews und Statements, die die Pressestelle erreichten. In ihren öffentlichen Stellungnahmen zu diesem Thema verurteilte die Bundesärztekammer die Praktiken der selbst ernannten Klonforscher und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass bei solchen Experimenten der Tod Hunderter, wenn nicht gar Tausender Embryonen in Kauf genommen werde. In einem Pressegespräch zu medizinisch-ethischen Fragen am 18. Dezember 2002 forderte die Bundesärztekammer „die Allmachtsphantasien der reproduktionsmedizinischen Amokläufer“ als solche zu entlarven und ihre Praktiken – so wie dies auch der Weltärztebund getan hatte – zu ächten. Die Deutsche Presse-Agentur, Associated Press sowie die Katholische Nachrichtenagentur berichteten ausführlich über das Pressegespräch. Auch in verschiedenen Tageszeitungen fanden die klaren Worte des Präsidenten der Bundesärztekammer ihren Niederschlag.

Vor dem Hintergrund der gerade erst gescheiterten Bemühungen um ein internationales Klonverbot auf Ebene der Vereinten Nationen wurde auch die Position der Bundesärztekammer zu einem Verbot des so genannten therapeutischen Klonens aufmerksam registriert. Die Bundesärztekammer unterstützte nachhaltig die Bemühungen der Bundesregierung, ein internationales Klonverbot zu erreichen, erklärte BÄK-Präsident Hoppe in einer Pressemitteilung (13.01.2003). „Sollte zunächst nur ein Verbot des reproduktiven Klonens auf Ebene der Vereinten Nationen durchsetzbar sein, so wäre dies zwar nur die zweitbeste Lösung, aber immerhin ein beachtlicher Fortschritt gegenüber dem Status quo“, sagte Hoppe. Die Ärzteschaft plädiere aber nach wie vor für ein umfassendes Klonverbot, dass auch das so genannte therapeutische Klonen mit einschließe.

Sterbehilfe: ethische Abwärtsspirale erfasst auch Belgien

Auch das Thema Sterbehilfe war wieder ein Dauerthema der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Nachdem im Jahr 2001 die Niederlande als erstes Land der Welt die ärztlich assistierte Euthanasie unter bestimmten Voraussetzungen für rechtlich zulässig erklärt hatten, beschloss das Parlament des Nachbarlandes Belgien im Mai 2002 ein Gesetz, das über die holländischen Regelungen sogar noch hinaus ging. Danach sollte Sterbehilfe auch auf dauerhaft psychisch Kranke ausgedehnt werden. In einer Pressemitteilung (17.05.2002) zeigte sich die Bundesärztekammer entsetzt über die „ethische Abwärtsspirale“, die immer mehr Länder erfasse. In einer Vielzahl von Interviews, Statements und Gastkommentaren forderte BÄK-Präsident Hoppe, sich dieser Entwicklung mit aller Macht entgegen zu stellen. Das belgische Gesetz stehe „im krassen Gegensatz zu den Prinzipien einer humanen Gesellschaft“. Als eine „Entscheidung für das Leben“ bewertete er dagegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Ende April 2002, mit dem nochmals festgestellt wurde, dass es kein Grundrecht auf aktive Sterbehilfe gebe.

Auch der 105. Deutsche Ärztetag in Rostock übte scharfe Kritik an der Euthanasie- Gesetzgebung in Belgien, die nicht nur dem eigenen Land schweren Schaden zugefügt habe. „Wenn Patienten nicht mehr davon ausgehen können, dass das Bestreben ihrer Ärzte nur auf den Schutz ihres Leben ausgerichtet ist, wird es schwer, Vertrauen zu fassen. Wenn Vertrauen fehlt, werden Heilung, Linderung und Trost viel schwerer oder gar nicht zu erreichen sein“, kritisierte der Ärztetag und erklärte sich mit den belgischen Kollegen solidarisch, die den Kampf gegen dieses Gesetz noch nicht aufgegeben hätten. Das Gesetz sei ein falsches Zeichen für alle, die leiden. Es ziehe den Tod durch den Arzt als Ausweg in Erwägung statt Wege zur Hilfe zu zeigen. „Es lässt sich auch nicht der Eindruck vermeiden, als sollen hier lästige, weil teure Patienten quasi zur Selbstentsorgung getrieben werden“, befürchtete der Ärztetag. Die Verbindung der Euthanasie mit einem Gesetz zur Palliativmedizin könne nur als Kosmetik bewertet werden. Es sei ein „durchschaubarer Versuch, die zutiefst menschenverachtende Gesetzgebung zur Euthanasie als human zu tarnen“.

Weitere medienrelevante Themen im Berichtszeitraum waren u.a.:

-    Ärztliche Vergütung

-    Arzneimittelausgaben der GKV

-    Vorwürfe des Abrechnungsbetrugs

-    Ärztliche Behandlungsfehler (Arzthaftung)

-    Evidenzbasierte Medizin (Leitlinien)

-    EU-Gesundheitssysteme

-    Gentherapie

-    Spätabtreibungen

-    Palliativmedizin

-    Patentierung von Genen (Biopatent-Richtlinie)

-    Präimplantationsdiagnostik

-    Telemedizin

-    Methadon-Substitution

-    Organtransplantation

-    Positivliste

-    Schönheitsoperationen

-    Selbstbehalte

-    Stammzellen

-    Lebendorganspende


Von der Pressestelle verfasste Pressemitteilungen sind im Dokumentationsteil zusammengestellt.

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