Tätigkeitsbericht 2024 der BAEK

37 Als bereits etabliertes Konzept zur länderübergreifenden Verlegung von intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten wurde das Kleeblattkonzept herausgehoben, das initial in der Corona-Pandemie angewendet und seither weiterentwickelt wurde. Seit dem Frühjahr 2022 werden über den Kleeblattmechanismus schwerverletzte und schwerkranke Patientinnen und Patienten aus der Ukraine nach Deutschland verlegt. Im Fall der Bündnis- oder Landesverteidigung ist mit einer erheblichen Anzahl verwundeter, verletzter und erkrankter Soldatinnen und Soldaten und auch Zivilpersonen in Deutschland zu rechnen, die versorgt und zum Teil weitertransportiert werden müssen – und das bei stark belasteter Gesundheitsinfrastruktur. Deutlich wurde zudem, dass der medizinische Sektor bei der Bewältigung von Krisensituationen auf unterschiedliche Faktoren angewiesen ist: eine schnelle Verfügbarkeit von Ressourcen, eine flexible Versorgung der Patientinnen und Patienten sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit von verschiedenen Fachbereichen und Institutionen. Insbesondere die zivil-militärische Zusammenarbeit sollte weiter gestärkt werden. Konsens bei der Veranstaltung bestand auch darin, die Bevölkerung durch entsprechende Risikokommunikation zu sensibilisieren und zur eigenständigen Vorsorge zu motivieren. Bezüglich der Logistik der Patientenversorgung in Krisenfällen merkten die Referentinnen und Referenten an, wie wichtig dieser Aspekt unter anderem vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Arzneimittelproduktion sei. Zunehmend mehr Produktionsstätten werden ins Ausland verlagert, so dass ausreichend Lager- und Bevorratungskapazitäten in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung vorgehalten werden müssten. Hierbei wurden auch die notwendigen strukturellen und organisatorischen Maßnahmen thematisiert, wie etwa die schnelle Verfügbarkeit von Notfallplänen, die Schulung von medizinischem Personal und die Koordination von Hilfsmaßnahmen. In einer Podiumsdiskussion – moderiert von Thomas Wiegold – wurde darüber hinaus diskutiert, wie ein Notfallplan für Krankenhäuser und Arztpraxen konkret aussehen sollte. Hier wurde die Notwendigkeit einer klaren Kommunikation und einer schnellen Entscheidungsfindung unterstrichen. Krisenresilienz in Gesetzgebung berücksichtigen Die Durchführung von Notfallübungen im Krankenhaus muss durch eine entsprechende Finanzierung sichergestellt werden, forderten die Referentinnen und Referenten sowie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung. Der Krisenfall müsse auch in Gesetzgebungsverfahren stärker berücksichtigt werden. Problematisch sei beispielsweise, dass Reservekapazitäten in Krisenfällen nicht im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) berücksichtigt werden. Die vorgesehene Konzentration sowie Spezialisierung der Krankenhäuser müsse mit der Vorbereitung auf Krisenszenarien in Einklang gebracht werden, damit die Kapazitäten der medizinischen Einrichtungen im Krisenfall nicht zu schnell erschöpft sind. Beim Neu- und Umbau von Krankenhäusern seien Vorkehrungen zur Energiesicherheit und notwendige Spezialvorhaltungen wie z. B. Dekontaminationseinheiten mitzuplanen und zu finanzieren. Die Frage der Krisenresilienz wird für die kommenden Jahre zu einer zentralen Herausforderung für das Gesundheitswesen werden. Die Veranstaltung „BÄK im Dialog“ hat dazu wesentliche Impulse gegeben. Sie war zugleich ein Auftakt für den Dialog, den die Bundesärztekammer in diesem Themenfeld auch weiterhin mit den Partnern auf fachlicher und politischer Ebene führen wird. ■ Info Eine Aufzeichnung der Veranstaltung „BÄK im Dialog – Bedingt abwehrbereit? Die Patientenversorgung auf den Ernstfall vorbereiten“ steht auf der Website der Bundesärztekammer zur Verfügung. „Sprechende Medizin – der Podcast“ In der Podcast-Folge „Bedingt abwehrbereit“ geht BÄK-Präsident Reinhardt unter anderem der Frage nach, wie krisenfest das deutsche Gesundheitssystem ist.

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