54 Sogenannte Triage BÄK-Stellungnahme im Rahmen der Verfassungsbeschwerden zum IfSG In ihrer Stellungnahme hat sich die Bundesärztekammer insbesondere mit dem Verbot des Revidierens der Zuteilung von Behandlungskapazitäten – der sogenannten Ex-Post-Triage – befasst. Sie stellte diesbezüglich klar, dass der Begriff „Ex-Post-Triage“ aus ärztlicher Sicht verfehlt ist. In diesem Fall geht es nicht um eine Zuteilungsentscheidung aufgrund knapper Ressourcen im Nachhinein. Vielmehr erfolgt die Re-Evaluierung des Zustandes der (intensivmedizinisch) behandelten Patientinnen und Patienten kontinuierlich. Sie ist eine zentrale ärztliche Aufgabe in einem fortlaufenden Behandlungsprozess. Das Verbot der „Ex-Post-Triage“ hätte zur Folge, dass ausnahmslos das Prinzip „first come, first served“ gelten würde. Demnach blieben Patientinnen und Patienten unbehandelt, die mit einer Behandlung eine hohe Überlebenswahrscheinlichkeit hätten, aber später ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dies widerspricht dem Ziel, durch Zuteilungsentscheidungen möglichst viele Menschenleben zu retten. Auch das Verfahren der Zweit- und ggf. Drittmeinung und die Hinzuziehung von Fachexpertinnen und Fachexperten sieht die Bundesärztekammer in diesem Zusammenhang kritisch. Sie erkennt das Anliegen des Gesetzes an, ein möglichst transparentes Verfahren für sogenannte Zuteilungsentscheidungen festzuschreiben. Dennoch erscheint die Regelung bei aufgrund einer übertragbaren Krankheit nicht ausreichend vorhandenen überlebenswichtigen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten bürokratisch und nicht praktikabel. Die Regelung wird für Ausnahmesituationen getroffen, in denen sich jeder Zeitverzug hochkritisch auf die Überlebenschancen aller betroffenen Patientinnen und Patienten auswirken kann. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass in solch einer Ausnahmesituation höchstwahrscheinlich alle verfügbaren Ärztinnen und Ärzte bereits für die Behandlung der Patientinnen und Patienten benötigt werden. Auch in einer Pandemiesituation gelten die grundlegenden Prinzipien ärztlichen Handelns: Die medizinische Indikation, der Patientenwille und die klinischen Erfolgsaussichten sind zentrale Kriterien für ärztliche Entscheidungen. Es widerspricht dem Ziel, möglichst viele Menschenleben zu retten, wenn Patientinnen und Patienten nicht behandelt werden können, weil mehrere Ärztinnen und Ärzte damit beschäftigt sind, an einer – dadurch vermutlich verzögerten – Zuteilungsentscheidung mitzuwirken, die auch von einer einzelnen Ärztin oder einem einzelnen Arzt getroffen werden kann. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt abzuwarten. ■ © picture alliance/dpa/Jan Woitas Der Bundesärztekammer wurde im Rahmen der Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen § 5c Infektionsschutzgesetz (IfSG) bezüglich Regelungen der sogenannten Triage bei aufgrund einer übertragbaren Krankheit nicht ausreichend vorhandenen überlebenswichtigen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten die Möglichkeit gegeben, als sachkundige Dritte Stellung zu nehmen.
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