BÄK sieht Koalition prinzipiell auf richtigem Weg, Nachjustierungen erforderlich

Berlin - Die Bundesärztekammer (BÄK) hat sich im Vorfeld einer Expertenanhörung am kommenden Freitag grundsätzlich positiv zu dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) geäußert. In ihrer schriftlichen Stellungnahme begrüßt die BÄK grundsätzlich, dass der Gesetzgeber von den ursprünglich geplanten landeseinheitlichen diagnosebezogenen Tagesentgelten abgerückt ist und die Einrichtungen stattdessen weiterhin individuelle Budgets mit den Krankenkassen vereinbaren können. Regionale Besonderheiten und besondere Versorgungsverpflichtungen lassen sich nach Einschätzung der Bundesärztekammer so besser berücksichtigen.

Zum Hintergrund: Bereits die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte im Jahr 2009 das Projekt eines Pauschalisierten Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) angestoßen. Im Jahr 2017 sollte es flächendeckend eingeführt werden. Kritik kam von Ärzteschaft und Pflege, die davor warnten, dass ein solches leistungsorientiertes System den Besonderheiten psychischer Erkrankungen nicht gerecht werde. Mit Erfolg: Im Koalitionsvertrag von Union und SPD war von landesweit vergleichbaren Tages-Fallpauschalen für Psychiatrie und Psychosomatik keine Rede mehr. Im Februar dieses Jahres stellte das Bundesgesundheitsministerium Eckpunkte für das Gesetz vor, die Grundlage für den mit dem nun vorgelegten Referentenentwurf verbundenen Richtungswechsel waren.

Positiv bewertet die Bundesärztekammer unter anderem die geplante Einführung von Mindestvorgaben für die Personalausstattung. Zuletzt hatte der 119. Deutsche Ärztetag Ende Mai gefordert, aus Gründen der Patientensicherheit und zum Schutz der Mitarbeiter verbindliche Personalschlüssel für den ärztlichen und pflegerischen Dienst zu schaffen. Die Ärzteschaft begrüßt zudem, dass mit der vorgesehenen Stärkung der Institutsambulanzen sowie mit der Möglichkeit zur Erbringung „stationsäquivalenter“ Leistungen durch Kliniken die sektorübergreifende Versorgung gestärkt wird.

Nach dem Entwurf umfasst die stationsäquivalente Versorgung eine psychiatrische Behandlung während akuter Krankheitsphasen im häuslichen Umfeld. Nach Auffassung der BÄK sind für diesen neuen Behandlungsansatz Präzisierungen für Organisation, Indikation und Umsetzung erforderlich. Notwendig sind zudem die Abstimmung mit den in der ambulanten Versorgung tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie die Sicherstellung der ärztlichen Leitung der mobilen multiprofessionellen Behandlungsteams.

Nachbesserungsbedarf sieht die BÄK auch bei anderen Passagen des Referentenentwurfs. So wird der Rahmen für die Budgetverhandlungen vor Ort durch zu viele Vorgaben erheblich eingeschränkt. Zudem wird eine klare und eindeutige Trennung zwischen der Budgetfindung- und Vereinbarung vor Ort und der Abrechnung gefordert. Auch sind viele Neuregelungen mit zusätzlicher Dokumentation und Bürokratie verbunden. Gerade die angestrebte Abkehr vom bisher eingeführten PEPP-System bietet aus Sicht der Bundesärztekammer die Chance, diese Anforderungen und die Prüfroutinen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen deutlich zu reduzieren. Ebenso fehlen in dem Entwurf bisher eindeutige Formulierungen, die eine nachhaltige und solide Gegenfinanzierung der Leistungen von Ärztinnen und Ärzten und des weiteren medizinischen Personals in den betroffenen Kliniken und Abteilungen sicherstellen.

Vorläufige Stellungnahme der Bundesärztekammer zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG)
Berlin, 14.06.2016