Saarland: Resolution „Gesundheit vor Ökonomie“
Saarbrücken - „Die saarländische Ärzteschaft setzt ein klares Zeichen gegen den mittlerweile systemimmanenten ökonomischen Druck auf die Patientenversorgung “, so kommentiert der Präsident der Ärztekammer des Saarlandes, Dr. San.-Rat Josef Mischo, die Verabschiedung der Resolution „Gesundheit vor Ökonomie“ durch die Vertretersammlung.
Einstimmig nahm das saarländische Ärzteparlament in seiner Sitzung am Mittwoch das Positionspapier an, das von Marburger Bund (MB) eingebracht worden ist. „Wir wollen keine Medizin nach Fallzahlen, sondern endlich mehr Zeit für unsere Patienten“, fasste San.-Rätin Eva Groterath, Mitglied des Kammervorstandes und MB-Vorsitzende die Forderungen zusammen.
Wortlaut der Resolution vom 19.12.19
Die Delegierten der VV Ärztekammer des Saarlandes fordern:
Gesundheit vor Ökonomie
Das Gesundheitswesen muss sich endlich wieder an den Bedürfnissen der Patienten orientieren. Die seit Jahren herrschende unzureichende Personalausstattung führt zu immer größerer Arbeitsverdichtung für Ärztinnen und Ärzte sowie für Pflegefachkräfte und weitere Gesundheitsberufe. Daraus resultieren Überlastungssituationen, die zu Zeit- und Zuwendungsmangel für die Patienten führen. Das medizinische Personal in Kliniken und Praxen muss jeden Tag mehr als drei Stunden für medizinisch nicht notwendige Dokumentationstätigkeiten aufwenden. Diese Zeit fehlt für die Patientinnen und Patienten. Kommunikation ist jedoch die Basis einer guten Arzt-Patienten-Beziehung. Seit Jahren steigt der ökonomische Druck durch die fortdauernde Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Die Länder müssen endlich ihren Investitionsverpflichtungen bei der stationären Versorgung nachkommen. Ein indikationsgerechter, sparsamer am Patientenwohl ausgerichteter Umgang mit den Ressourcen ist dabei die Voraussetzung. Das Gesundheitswesen darf jedoch andererseits nicht für Gewinnmaximierung missbraucht werden.
Diese Gewinne sollten für bessere Arbeitsbedingungen und Reinvestitionen in die Gesundheitseinrichtungen verwendet werden. Dies gilt auch für die Pflegeeinrichtungen. Gleichzeitig müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die auch durch Fehlanreize ausgelöste, bestehende Unter-, Über- und Fehlversorgung zu beseitigen. Grundleistungen wie ärztliche Gespräche und Beratungen, klinische Untersuchungen und interdisziplinärer Austausch müssen in Klinik und Praxis adäquat finanziert werden. Dazu bedarf es einer Reformierung des bestehenden Vergütungssystems.
Fehlanreize müssen durch eine bedarfsgerechte Ausrichtung der Ressourcen minimiert werden. Das bestehende System bringt Ärztinnen und Ärzte oftmals in die Situation, sich zwischen einer patientengerechten oder einer erlösoptimierten Therapie zu entscheiden.
Ärztinnen und Ärzte müssen in der Lage sein, medizinische Entscheidungen im Gespräch gemeinsam mit dem Patienten frei von ökonomischen Zwängen zu treffen. Die Versorgung kranker Menschen ist Aufgabe des Staates und darf nicht Gegenstand eines rein marktwirtschaftlichen Denkens sein.