Charakteristische Szenarien der Telemedizin

Die ersten vier Modelle umfassen den Bereich der Telekonsultation, also den Austausch und die Beratung durch ärztliche Expertise über Methoden der Telekommunikation. Telekonsultation wird im Wesentlichen in der Diagnostik und in der Akutbehandlung von Patienten eingesetzt.

  • Modell 1

    Telekonsil-Arzt mit Arzt (bzw. mehreren Ärzten)

    In diesem Szenario geht es im Wesentlichen um die Kommunikation zwischen (zwei) Ärzten zur konsiliarischen Beratung auf Basis von Befunden ohne direkte Untersuchung oder Patienten während des Konsils.

    Der Informationsaustausch ist meist fokussiert auf ein spezifisches Problem und gleicht dem telefonischen fallbezogenen Austausch zwischen Kollegen oder Befundversand an andere Kollegen zur Mitbeurteilung.

    Die Telekonsile können sowohl zwischen (Fach-)Ärzten des gleichen Fachgebiets als auch zwischen unterschiedlichen Fachgebieten stattfinden.

    Beispiele für dieses Modell sind Tele-Tumorkonferenzen [*] und Traumanetzwerke, aber auch teleradiologische Netzwerke zur Zweitbefundung.

    Das Spektrum der Einflussnahme auf den diagnostischen oder therapeutischen Prozess reicht hier von geringem Einfluss auf die weitere Versorgung bis zur Übernahme der „Herrschaft des Behandlungsgeschehens“ durch den Konsiliarius.

    Das Vorgehen ist konform mit § 7 Abs. 4 der MBO-Ä, da ein rein interkollegialer Austausch stattfindet und mindestens ein Arzt zu verschiedenen Zeitpunkten Kontakt mit dem Patienten hat.

    Meist wird das Telekonsil als eine qualitätssichernde Maßnahme mit angestrebter Verbesserung der Versorgungsqualität eingesetzt. Durch den Einsatz telemedizinsicher Methoden werden hierbei Prozesse verbessert (z. B. durch schnellere Verfügbarkeit benötigter Experten, niedrigere Schwelle der Inanspruchnahme, etc.).


    [*] Güttler, F., Rakowsky, S., Nagel, S. et al. Onkologe (2012) 18: 389


  • Modell 2

    Telediagnostik-Arzt mit Patient

    Modell 2 beschreibt Szenarien zur Befundung und Diagnostik, die durch einen hierfür spezialisierten ärztlichen Kollegen durchgeführt werden. Der für die Indikationsstellung der speziellen Diagnostik verantwortliche Arzt ist vor Ort beim Patienten.

    Die anschließende Bewertung und Befundung findet beim Spezialisten statt, der seine Informationen über telemedizinische Verfahren erhält. Die Befundung von erhobenen Untersuchungsergebnissen findet somit in räumlicher Trennung zum technischen Untersuchungsort statt.

    Beteiligte in diesem Szenario sind der Arzt in räumlicher Entfernung zum Untersuchungsort, Ärzte am Untersuchungsort zur Unterstützung bei der Indikationsstellung, gegebenenfalls medizinisches Fachpersonal und der Patient. Die Verantwortung für den Untersuchungsbefund liegt beim befundenden Arzt.

    Beispiel für Modell 2 sind Teleradiologie nach RöV [1] mit klaren rechtlichen Rahmenbedingungen (§ 3 Abs. 4 RöV, DIN 6868-159, weitere Richtlinien) und die Telepathologie (z. B. Tele-Schnellschnitt).

    Bei einem „Schnellschnitt" wird Gewebe zur feingeweblichen Diagnostik innerhalb eines operativen Eingriffs entnommen. Das Gewebe wird in weniger als 30 Minuten begutachtet, während der Zeitbedarf für die übliche histologische Diagnostik meist 1 bis 2 Tage beträgt.

    Eingesetzt wird das Verfahren im Verlaufe von Operationen, wenn der weitere Verlauf des Eingriffs von der Histologie abhängt. In den meisten Fällen geht es um onkologische Erkrankungen [2].

    Die Sicherstellung flächendeckender Versorgung und die Vermeidung von Patientenverlegungen bzw. -transporten ist der Grund für die Etablierung von Modell 2. Ärzte mit speziellen Fachkenntnissen können nicht an allen, insbesondere kleineren und regionalen Krankenhäusern rund um die Uhr arbeiten.

    Auch hier gibt es hinsichtlich des Verbots der ausschließlichen Fernbehandlung (§ 7 Abs. 4 MBO-Ä) kein grundsätzliches Problem, weil der die Diagnostik anfordernde Arzt die Indikation für die Diagnostik stellt und die weitere Therapie bestimmt und hierbei einen direkten Kontakt mit dem Patienten hat.


    [1] Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen, neugefasst durch B. v. 30.04.2003 BGBl. I S. 604

    [2] Hering J, Prospektive Studie zum Vergleich von telepathologischem und konventionellem Schnellschnitt in der Routinediagnostik


  • Modell 3

    Telekonsil-Arzt mit Gesundheitsfachberuf

    Dieses Modell beschreibt die Zusammenarbeit zwischen einem Gesundheitsfachberuf, der einen direkten Kontakt zum Patienten hat und einem Arzt, der die fallbezogene Kommunikation zum Vertreter dieses Gesundheitsfachberufs übernimmt.

    Hierbei wird in aller Regel ein spezifisches medizinisches Problem fokussiert. Insbesondere in Gebieten mit einer geringen Arztdichte, im Offshore-Bereich und im Rettungswesen kommt dieses Modell zum Einsatz.

    Der über Mittel der Telekommunikation zugeschaltete Arzt begleitet durch seine virtuelle Präsenz Diagnosevorschläge und gibt Hinweise zur weiteren Behandlung des Patienten.

    Angesichts knapper ärztlicher Ressourcen ist die Delegation von ärztlichen Maßnahmen nicht nur rechtlich möglich, sondern insbesondere in Notfällen sogar geboten. 

    Der Vertreter des Gesundheitsfachberufs in diesem Modell ist eine Art verlängerter Arm des Arztes. Der Austausch kann über verschiedene Kommunikationskanäle stattfinden. Im einfachsten Fall kann dies ein telefonischer Austausch zwischen den Beteiligten ähnlich dem Modell 1 sein.

    Der Arzt wird dann zur Mitbeurteilung und Entscheidungshilfe einbezogen. Meist erfolgt eine Übertragung von Vitalparametern oder anderer patientenbezogener Daten (z. B. Video).

    Es handelt sich dann um eine ärztliche Entscheidungshilfe/Qualitätssicherung bei Versorgungsprozessen, die durch nichtärztliches Personal ausgeführt werden und um eine Unterstützung oder Qualitätssicherung bei der Delegation ärztlicher Leistung.

    Beispiele für dieses Modell sind die Unterstützung von nichtärztlichen Praxisassistenten über moderne Kommunikationstechnik, beispielsweise innerhalb von Projekten, wie VerAH (Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis) und AGnES (Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Health-gestützte, Systemische Intervention) [*].

    Auch die Unterstützung von Rettungsassistenten/Notfallsanitätern durch Telenotarzt erfolgt mittlerweile immer häufiger über telemedizinische Rettungsassistenzsysteme.


    [*] Kalitzkus V, Schluckebier I, Wilm S. AGnES, EVA, VerAH und Co – Wer kann den Hausarzt unterstützen und wie? Experten diskutieren die Zukunft der Medizinischen Fachangestellten in der hausärztlichen Versorgung. ZfA 2009; 10: 403–405, DOI 10.3238/zfa.2009.0403


  • Modell 4

    Telekonsil-Arzt mit Arzt und Patient

    Das Modell 4 ist ein Verfahren, um insbesondere Spezialwissen einzelner Fachgebiete auch in ländlichen Regionen zur Verfügung zu stellen. Hierbei geht es um Ferndiagnostik und Beratung am Patienten durch einen Konsiliarius.

    Der Anforderer des Konsils ist immer ein Arzt, der sich in der zu versorgenden Region beim Patienten befindet. Auch hier wird auf ein akut oder längerfristig bestehendes spezifisches Problem des Patienten fokussiert.

    Das Telekonsil kann zwischen Fachärzten des gleichen Fachgebiets, aber auch zwischen Fachärzten unterschiedlicher Fachgebiete erfolgen.

    Der Einfluss auf den diagnostischen oder therapeutischen Prozess reicht bedingt durch die Fragestellung und die Situation von geringem Einfluss auf die weitere Versorgung bis zur Übernahme der „Herrschaft des Behandlungsgeschehens“ durch den Konsiliarius. In den meisten telemedizinischen Projekten, die auf diesem Modell beruhen, führte die konsiliarische Mitbetreuung nachweisbar zur Verbesserung der Versorgungsqualität.

    Ein sehr gut evaluiertes und dokumentiertes Projekt aus dem Bereich der Behandlung von Schlaganfallnetzwerken ist die durch ein Telekonsil unterstütze Telethrombolyse (TEMPiS)[1].

    Gerade in ländlichen Regionen, in denen kleinere regionale Krankenhäuser existieren, die keine eigenen Stroke-Units vorhalten können, macht dieses Konzept Sinn, da eine Thrombolyse, die ein einen Schlaganfall verursachendes Gerinnsel auflösen soll, nur in einem Zeitfenster von einigen Stunden sinnvoll ist.

    Neuere Studien haben gezeigt, dass dieses Fenster unter Umständen auch etwas größer sein kann [2], die Zeitspanne, in der Patienten von einer Trombolyse profitieren, ist in jedem Fall aber begrenzt.

    Das Initial-Projekt für das Verfahren der Telethrombolyse war das TEMPiS-Projekt. Mittlerweile gehört die telemedizinbasierte Thrombolyse seit vielen Jahren zur Routine. Notwendig ist eine Weiterbildung der Stroke-Teams für den Umgang mit einem telemedizinischen Verfahren, in dem auch qualitätssichernde Maßnahmen eine bedeutende Rolle spielen.

    So wurden bei TEMPiS sowohl im Projektvorlauf als auch projektbegleitend intensive Schulungsmaßnahmen für alle Berufsgruppen durchgeführt. Das Weiterbildungskonzept basiert auf standardisierten und optimierten Behandlungsprozeduren.


    [1] H. J. Audebert, J. Schenkel, P. U. Heuschmann, R. L. Haberl und U. Bogdahn, „Effects of the implementation of a Telemedical Stroke Network: the Telemedic Pilot Project for Integrative Stroke Care (TEMPiS) in Bavaria, Germany,“ Lancet Neurology, Nr. 5, pp. 742-748, 2006.

    [2] Diener, H. C., Köhrmann, M., Gerloff, C., & Thomalla, G. (2017). Fortschritte in der Akuttherapie und Prophylaxe des Schlaganfalls. InFo Neurologie & Psychiatrie, 19(9), 42-50.


  • Modell 5

    Telemonitoring-Patient mit einem Arzt

    Während die ersten vier Modelle im Bereich der konsiliarischen Zusammenarbeit angesiedelt sind, geht es in den Modellen 5 und 6 um das Monitoring von Patienten mit Unterstützung von Telekommunikation.

    Telemonitoring findet seine Verwendung in der Betreuung von chronisch Erkrankten und kann aber auch für die Diagnose (beispielsweise die Abklärung der Ursache von Herzrhythmusstörungen) entscheidende Hinweise geben.

    Die Verknüpfung mit Techniken der Telekommunikation hat den zusätzlichen Vorteil, dass die Zeit für eine Reaktion bei schwerwiegenden Ereignissen drastisch verkürzt werden kann.

    Modell 5 beschreibt die kontinuierlich oder über einen definierten Zeitraum durchgeführte Aufzeichnung und die Übermittlung von Vitalparametern an einen Arzt.

    Beteiligt an diesem Modell sind meist ein Arzt und ein Patient. Die Übermittlung der Daten kann hierbei über technisch unterschiedliche Rückkanäle vom Patienten (Telefon, Anzeigegerät in häuslicher Umgebung, Einbestellung des Patienten in Praxis usw.) mit unterschiedlicher Latenz erfolgen.

    Das Resultat der Datenübermittlung kann eine Therapieanpassung sein, die dem Patienten direkt bei einem Arztbesuch, aber auch über Telekommunikationsmedien übermittelt wird.

    Insbesondere in der Inneren Medizin finden telemedizinische Verfahren des Modells 5 Anwendung und werden hier auch erforscht. Im Bereich der Hypertensiologie zeigte sich, dass telemedizinisch überwachte Patienten eine bessere Blutdruckeinstellung aufweisen als Patienten unter Standardbetreuung [1].

    Beispiele für Modell 5 sind die ambulante 24-h-Blutdruckmessung [2] und die Überwachung von Herzschrittmacherimplantaten.

    Bei der 24-h-Blutdruckmessung für die Diagnostik und Klassifikation einer Hypertonie misst das Gerät automatisch regelmäßig Tag und Nacht den Blutdruck. An diesem Beispiel wird die kontinuierliche Weitereinwicklung einzelner Methoden in Richtung Telemedizin deutlich. Zunächst erfolgte nur eine „Aufzeichnung auf tragbare Geräte“.

    Die Aufzeichnungen konnten erst wieder beim nächsten Praxisbesuch analysiert werden. Gefährliche Blutdruckspitzen wurden erst im Nachhinein erkannt. Die kontinuierliche Übertragung der Werte ermöglicht nun auch eine schnellere Reaktion auf ungewöhnliche Werte, was auf der ärztlichen Seite dann auch das entsprechende Personal erfordert (siehe auch Modell 6).

    Somit bedingt eine technische Änderung des Transportkanals oft auch die Änderung bzw. den Übergang zu einem anderen Versorgungsmodell.

    Die telemedizinische Versorgung von Patienten mit Herzschrittmachern und ICD-Systemen (Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator) wird mittlerweile im Rahmen von Integrierten Versorgungsverträgen von verschiedenen Krankenkassen angeboten.

    Je nach Ausgestaltung des Verfahrens ermöglicht eine telemedizinische Unterstützung deutlich mehr Möglichkeiten gegenüber konventioneller Schrittmacherüberwachung.

    Während bei der konventionellen Schrittmacherüberwachung oft nur schwerwiegende Ereignisse, wie ein Sondenbruch oder eine Erschöpfung der Batterie, über eine Alarmfunktion des Schrittmachers dem Patienten gemeldet wurden, können bei der telemedizinischen Versorgung auch die falsche Einstellung eines Schrittmachers, eines Gerätes zur Kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) oder eines ICD erkannt werden.

    Eine Vermeidung falscher Impulse der betreffenden Geräte kann zu einem deutlichen Gewinn an Lebensqualität und Sicherheit für die betroffenen Patienten führen. Auch Modell 5 ist hinsichtlich § 7 Abs. 4 MBO-Ä grundsätzlich zulässig, da auch hier ein Initialkontakt zwischen Arzt und Patient vorhanden war.

    Die Überwachung von Patienten mit einem Defibrillator oder CRT-System ist seit April 2016 als erste telemedizinische Leistung in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen.

    Kardiologen können hierdurch die Funktionsfähigkeit bestimmter kardiologischer Implantate auch telemedizinisch in der Praxis überprüfen und als EBM-Leistung abrechnen. Zu den Geräten, die fernüberwacht werden, gehören neben implantierten Kardiovertern/Defibrillatoren auch implantierte Systeme zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT-Systeme).


    [1] M. Middeke, „Telemedizin in der Hypertensiologie,“ in Report Versorgungsforschung: Telemedizinische Methoden in der Patientenversorgung, Bd. 4, F. J. Bartmann, M. Blettner und P. U. Heuschmann, Hrsg., Deutscher Ärzte-Verlag, 2012, pp. 45-51.

    [2] Sehnert, W., & Mengden, T. (2009). Möglichkeiten der Telemedizin bei Hochdruckpatienten. Medizinische Klinik-Intensivmedizin und Notfallmedizin, 104(4), 314-322.


  • Modell 6

    Telemonitoring-Patient mit arbeitsteilig mehrere Ärzte

    Das Modell 6 eignet sich besonders gut zum sogenannten „Remote Patient Management“ [1] bei chronischen Erkrankungen. Hierbei werden Vitalparameter und gegebenenfalls auch weitere gesundheitsbezogene Daten in der häuslichen Umgebung des Patienten aufgezeichnet, übertragen und in einem Telemedizinzentrum fortlaufend bewertet.

    Ziel ist es, Verschlechterungen und den Patienten gefährdende Situationen einer chronischen Erkrankung frühzeitig zu erkennen und die Möglichkeit zu haben, entsprechend einzugreifen.

    Da diese Versorgungsmethoden über das reine Monitoring von Vitalparametern hinausgehen und auf das bessere Management chronischer Erkrankungen einschließlich edukativer Elemente für die Patienten abzielen, hat sich die Bezeichnung „Remote Patient Management“ etabliert.

    Hierfür werden Vitalparameter oder anderen patientenbezogene Daten (überwiegend bei chronischen Erkrankungen) übermittelt.

    Insbesondere im Bereich der Inneren Medizin werden diese Versorgungsmodelle intensiv untersucht. Im Bereich der Kardiologie verspricht das „Remote Patient Management“ herzinsuffizienter Patienten die Reduktion von Krankenhauseinweisungen aufgrund cardialer Dekompensationen und eine damit verbundene Reduktion von Behandlungskosten bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensqualität der Patienten [2].

    Prinzipiell werden bei Patienten, die an einer Herzinsuffizienz leiden, invasive und nicht-invasive Ansätze verfolgt. Bei den nicht-invasiven wird die Verlaufsmessung des Körpergewichts als Messgröße für den klinischen Zustand und Prädiktor des zukünftigen Verlaufs verwendet.

    Bei invasiven Verfahren wird mittels implantierter Hämodynamik-Sensoren der cardiale bzw. pulmonalarterielle Druck gemessen und übertragen [3]. Hier konnte in der IN-TIME-Studie erstmals eine Senkung der Mortalität in Folge der telemedizinischen Betreuung nachgewiesen werden [4].

    Bei den nicht-invasiven Studien zeigte die TIM-HF-Studie [5] aus Deutschland zwar keinen signifikanten Effekt auf den primären Endpunkt Mortalität. Patienten nach einer Hospitalisierung aufgrund Herzinsuffizienz, die weniger als zwölf Monate zurückliegt, profitierten jedoch von der telemedizinischen Mitbetreuung [6].

    Die aktuelle Studienlage zeigt, dass eine telemedizinische Mitbetreuung ein relevantes Potenzial zur Reduktion der Morbidität und Mortalität bei Patienten mit systolischer Funktionseinschränkung nach einer Herzinsuffizienzhospitalisierung besitzt [7].

    Entscheidend für den Erfolg ist die detaillierte Beschreibung der profitierenden Subgruppen, die gegenwärtig in Studien wie beispielsweise der TIM-HF II Studie weiter untersucht wird.

    Beteiligt an diesem Modell sind der vor Ort behandelnde Arzt, der Patient und Ärzte in Telemedizinzentren. Die Interpretation der übermittelten Daten erfolgt überwiegend durch die Ärzte in Telemedizinzentren. Dadurch resultiert ein deutlicher Einfluss auf das Behandlungsgeschehen durch die Ärzte im Telemedizinzentrum.

    Die auf der Datenübermittlung basierende Therapieanpassung durch Ärzte im Telemedizinzentrum wird über technisch unterschiedliche Rückmeldekanäle zum Patienten (Telefon, Anzeigegerät in häuslicher Umgebung, Einbestellung des Patienten in Praxis, etc.) in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt durchgeführt.

    Letztlich ist aber die Verteilung des Einflusses stark vom jeweiligen Versorgungskonzept, insbesondere vom Grad der Einbindung der jeweiligen Ärzte in Entscheidungsprozesse abhängig. Die Therapieanpassung und Reaktion auf übermittelte Daten erfolgt mit unterschiedlicher Latenz, ist jedoch in den meisten Fällen schneller als im Modell 5.

    Auch Modell 6 ist hinsichtlich § 7 Abs. 4 MBO-Ä kein grundsätzliches Problem, da die Patienten immer wieder auch zu einem persönlichen Kontakt vorstellig werden.


    [1] Wallace, E. L., Rosner, M. H., Alscher, M. D., Schmitt, C. P., Jain, A., Tentori, F., ... & Foo, M. (2017). Remote Patient Management for Home Dialysis Patients. Kidney International Reports, 2(6), 1009-1017.

    [2] G. Hindricks, W. R. Bauer, J. O. Schwag, J. C. Geller, S. Sack und C. Elsner, „Was bringt die Telekardiologie für Patient und Arzt?,“ Deutsches Ärzteblatt, Bd. 4, pp. 156-159, 01 2008.

    [3] S. D. Anker, F. Koehler und W. T. Abraham, „Telemedicine and remote management of patients with heart failure,“ Lancet, Bd. 378, pp. 731-739, 2011.

    [4] Hindricks, M. Taborsky , M. Glikson, U. Heinrich, B. Schumacher und A. Katz, „Implant-based multiparameter telemonitoring of patients with heart failure (IN-TIME): a randomised controlled trial,“ Lancet, Bd. 384, pp. 583-590, 2014.

    [5] F. Köhler, S. Winkler, M. Schieber, U. Sechtem, K. Stangl und M. Bohm, „Impact of remote telemedical management on mortality and hospitalizations in ambulatory patients with chronic heart failure: the telemedical interventional monitoring in heart failure study,“ Circulation, Bd. 123, pp. 1873-1880, 2011.

    [6] F. Köhler, S. Winkler, M. Schieber, U. Sechtem, K. Stangl und M. Bohm, „Telemedicine in heart failure: pre-specified and exploratory subgroup analyses from the TIM-HF trial,“ International Journal of Cardiology, Bd. 161, pp. 143-150, 2012.

    [7] F. Köhler, „Herzinsuffizienz: Telemedizin dient als "Frühwarnsystem",“ Deutsches Ärzteblatt, Bd. 12, Nr. 112, pp. 21-23, 2015.


  • Modell 7

    Telekonsultation-Patient mit Arzt

    Modell 7 beschreibt die Konsultation eines Arztes durch Patienten über Methoden der Telekommunikation. Hierbei erfolgt der Informationsaustausch bzw. die Interaktion über eine  Distanz per Video, Telefon (Audio) oder andere Medien, ohne dass der Arzt beim Patienten physisch präsent ist. Gegebenenfalls werden Vitalparameter oder sonstige Befunde, z. B. Fotos übermittelt.

    Je nach Ausgestaltung können zwei Varianten abgegrenzt werden:

    1. a) allgemeine Beratung durch Ärzte,
    2. b) Diagnosestellung und Therapieempfehlung bezogen auf einen einzelnen Patienten.

    In beiden Varianten sind die Informationen, die der Patient dem konsultierten Arzt übermittelt, Grundlage der Empfehlungen.

    Beteiligte in diesem Modell können sein

    • Arzt,
    • Patient,
    • Ärzte in Telemedizinzentren und
    • nicht-ärztliches Personal in Telemedizinzentren.

    In der telefonischen Beratung von Patienten bestehen oft Mischformen, bei denen sowohl allgemeine Ratschläge als auch individuelle Empfehlungen für Patienten gegeben werden können.

    Je stärker der individuelle Einfluss auf den diagnostischen oder therapeutischen Prozess wird, desto besser ist es für den Arzt, dass er sich im Behandlungsverlauf ein persönliches Bild des Patienten und seiner Erkrankung machen konnte, die Fernbehandlung also keine ausschließliche Fernbehandlung ist.