Gehle warnt vor einem „arztfreien ÖGD“
Die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach angekündigte Einrichtung eines Bundesinstitutes für Öffentliche Gesundheit im nächsten Jahr stößt bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) auf Skepsis und Kritik. Lauterbach hatte diesen Plan kürzlich bei einer Regierungsbefragung ins Spiel gebracht. Seiner Meinung nach brauche der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) eine solche Einrichtung für koordinierende Aufgaben.
Nach Ansicht des Vorstandes der ÄKWL macht solch ein Bundesinstitut nur Sinn, wenn es unabhängig von politischem Einfluss agieren könne. „Mal abgesehen davon, dass die Frage der Finanzierung dieses Institutes noch völlig offen ist, wäre es nicht gut, es am Bundesgesundheitsministerium anzudocken“, sagt ÄKWL-Präsident Dr. Hans-Albert Gehle. Eine Stärkung des ÖGD sei dringend erforderlich, so der Kammerpräsident weiter, aber ob dies durch den Eingriff eines Bundesinstituts in länderhoheitliche Kompetenzen erreicht werde, sei mehr als fraglich. Aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie heraus benötige lediglich der Infektionsschutz bundesweite Regelungen, um insbesondere auch eine Akzeptanz in der Bevölkerung für notwendige Schutzmaßnahmen zu erreichen. Gerade in Zeiten, in denen die Gesundheit der Bevölkerung durch den Klimawandel oder von Tieren übertragene Infektionskrankheiten gefährdet werde, sei vielmehr eine von Kommunalverwaltung und Politik fachlich unabhängige und souveräne ärztliche Leitung des ÖGD unverzichtbar.
Um die Situation für den ÖGD zu verbessern, müssten vielmehr Mindestpersonalausstattungen mit Ärztinnen und Ärzten bei den Gesundheitsämtern festgelegt und daher die ärztlichen Gehälter an die Entwicklung in anderen Bereichen des Gesundheitswesens angepasst werden. „Wenn sich nichts ändert, laufen dem ÖGD ansonsten die Ärztinnen und Ärzte weg. Einen arztfreien ÖGD kann niemand wollen“, so Gehle. Ziel müsse es sein, die Gesundheitsämter qualifiziert und personell ausreichend zu besetzen, damit diese ihre vielfältigen Aufgaben im Gesundheitsschutz, der Gesundheitsförderung und Prävention auch erfüllen könnten. Es gehe dabei nicht nur um Entgelt, sondern auch um angemessene Arbeitsbedingungen. Gehle abschließend: „Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist eine unverzichtbare Säule unseres Gesundheitswesens, seine Strukturprobleme müssen endlich behoben werden.“ Der Kammerpräsident bezweifelt, dass ein Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit wie es dem Bundesgesundheitsminister vorschwebt dabei helfen kann.