Montgomery: „Politisches Kalkül darf nicht vor wissenschaftlicher Evidenz gehen“
Berlin - „Die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) angestrebte Kompetenzausweitung bei der Gestaltung des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist nichts anderes als staatlicher Dirigismus in Reinform. Es ist ganz sicher nicht im Interesse der Patientinnen und Patienten, wenn bei der Bewertung neuer Behandlungsmethoden politisches Kalkül vor wissenschaftlicher Evidenz geht. Genau das wird aber mit der vom BMG vorgelegten Neuregelung der Methodenbewertung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ermöglicht.“ Mit diesen Worten kommentierte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery aktuell vorgelegte ergänzende Regelungen im Referentenentwurf für das Implantateregister-Errichtungsgesetz.
Sie sehen unter anderem eine Verkürzung der Frist für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den G-BA vor. Zudem soll das BMG ermächtigt werden, nach Ablauf dieser Frist oder nach ablehnender Entscheidung durch den G-BA, anstelle bzw. entgegen der Entscheidung des G-BA, die Methode in den Leistungskatalog der GKV aufzunehmen.
„Man kann und sollte über sinnvolle Maßnahmen zur Beschleunigung der Entscheidungen im G-BA sprechen. Die Regelungen führen aber zu einer signifikanten Verschiebung des bisherigen Rollenverständnisses. Das BMG weitet seinen Einfluss auf die Gestaltung des GKV-Leistungskatalogs aus und übernimmt gleich selbst Teile der fachlichen Gestaltung“, warnte Montgomery.
In ihrer schriftlichen Stellungnahme zu dem Referentenentwurf weist die Bundesärztekammer darauf hin, dass die Bewertung des Nutzens neuer Methoden ohne die Betrachtung gewisser Mindestzeiträume nicht auskommen kann. Noch gravierender als die Fristverkürzung der Bewertungszeit sei aber die intendierte Aushebelung von G-BA-Beschlüssen, die einer Methode keinen hinreichend belegten Nutzen attestieren. „Wie das BMG zu der Erkenntnis kommen will, dass die Anerkennung des Nutzens nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin doch vertretbar wäre, ist nicht erkennbar“, so die BÄK.
BÄK unterstützt Einführung eines Implantateregisters
Die Bundesärztekammer befasst sich ihrer Stellungnahme zudem mit den eigentlichen fachlichen Inhalten des geplanten Implantateregister-Errichtungsgesetzes. So unterstützt sie die Einführung eines Impantateregisters, sieht aber gleichzeitig Änderungsbedarf. Insbesondere eine Maßnahme des Referentenentwurfs ist aus Sicht der BÄK für die Gesundheitseinrichtungen unverhältnismäßig und für Patientinnen und Patienten nachteilig: Bei Verwendung eines nicht vom Hersteller in der Produktdatenbank registrierten Implantats soll der Vergütungsanspruch der Gesundheitseinrichtungen entfallen und hierfür ein komplexes bürokratisches Verfahren eingeführt werden. Patientinnen und Patienten würden durch diese Information eher verunsichert werden, da eine Registrierung eines Produkts nichts über dessen Qualität aussagt. „Um das Ziel einer möglichst vollzähligen Produktdatenbank zu erreichen gibt es jedoch geeignetere und zielführendere Alternativen“, heißt es in der Stellungnahme, die auf diese und weitere Unstimmigkeiten im Referentenentwurf im Einzelnen eingeht.