Reinhardt: „Ein überfälliger erster Schritt für eine nachhaltige Suizidprävention in Deutschland“
Die Bundesregierung hat unter der Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit erstmals eine Nationale Suizidpräventionsstrategie entwickelt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte die Eckpunkte gestern vor.
Darin greift die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen zur Suizidprävention auf, die von zahlreichen Akteuren, so auch von der Bundesärztekammer, gefordert wurden. Dazu zählen unter anderem die Vernetzung und Koordination der Suizidprävention, die Etablierung von 24/7 Krisendiensten sowie eine zentrale Rufnummer für Menschen mit akuter Suizidalität.
„Der heute vorgelegte Maßnahmenkatalog ist ein erster überfälliger Schritt für eine nachhaltige Stärkung der Suizidprävention“, betonte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. Nun müsse noch in dieser Legislaturperiode die Umsetzung eines umfassenden Suizidpräventionsgesetzes folgen, wie es der Deutsche Bundestag im vergangenen Jahr fraktionsübergreifend fast einstimmig gefordert hatte. „Nur die gesetzliche Verankerung der Suizidprävention sorgt für die notwendige dauerhafte finanzielle Absicherung der einzelnen Maßnahmen“, betonte Reinhardt.
Nach Einschätzung der Bundesärztekammer (BÄK) bedürfen etliche Aspekte der vorgelegten Suizidpräventionsstrategie der Konkretisierung. So ist beispielsweise im Hinblick auf die vorgesehene Koordinierungsstelle aufzuzeigen, welche personelle sowie finanzielle Ausstattung notwendig ist, um den vielfältigen Aufgaben im Rahmen der Strategie nachzukommen.
Neben vielen guten Ansätzen, insbesondere zu dem Handlungsfeld Gesundheitskompetenz und Empowerment, fehlt der Strategie aus Sicht der BÄK jedoch eine klare Zuordnung, wie bereits vorhandene und gut funktionierende Strukturen der Suizidpräventionsangebote und deren Fortbestand finanziell gesichert werden sollen, nicht zuletzt auch um Doppelstrukturen zu vermeiden.
Hintergrund
Mit Zustimmung von 687 der 736 Abgeordneten des Bundestages wurde am 06.07.2023 ein Entschließungsantrag zur Stärkung der Suizidprävention angenommen, der die Bundesregierung aufforderte, bis zum 31. Januar 2024 ein Konzept und bis zum 30. Juni 2024 einen Gesetzentwurf vorzulegen, wie zeitnah bestehende Strukturen und Angebote der Suizidprävention unterstützt werden können.
In Deutschland sterben im Schnitt täglich mehr als 25 Personen an Suizid. Im Jahr 2022 lag die Zahl der Suizide erstmals seit acht Jahren wieder höher als 10.000 (exakt 10.119).
Das entspricht einer Rate von 12,1 je 100.000 Einwohner und einer Steigerung von 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit sterben mehr Menschen durch Selbsttötung als durch Verkehrsunfälle, Mord, AIDS/HIV und illegale Drogen zusammen (Statistisches Bundesamt, 2023).