Westfalen-Lippe: Ärztevertreter in Westfalen-Lippe fordern intensivere Zusammenarbeit aller medizinischen Berufe
Münster - Besser Kooperieren, mehr delegieren, gemeinsam organisieren – das fordern die Kassenärztliche Vereinigung und die Ärztekammer Westfalen-Lippe, wenn es um die Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten und anderen medizinischen Berufen geht. Mit ihren Forderungen wenden sich KVWL und ÄKWL nun an die Entscheidungsträger auf Bundesebene.
„Die Ärztliche Arbeitskraft ist mittlerweile eine knappe Ressource. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von einer wachsenden Nachwuchsproblematik innerhalb der Ärzteschaft hin zu einem gleichzeitig steigenden Bedarf der Bürgerinnen und Bürger an medizinischer Versorgung. Um diesen Herausforderungen im Sinne der Patientinnen und Patienten zu begegnen, müssen wir die Grenzen zwischen den medizinischen Professionen überwinden, die Zusammenarbeit intensivieren und gleichzeitig klare Strukturen und Rahmenbedingungen schaffen“, betont Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). So entlasten besonders qualifizierte medizinische Fachangestellte bereits heute die niedergelassenen Ärzte, indem sie beispielsweise Hausbesuche übernehmen und Patienten eigenständig versorgen.
„Wir wollen Grenzen überwinden, um zu einer Patientenversorgung im Team zu gelangen, in dem Jede und Jeder die bestmöglichen Stärken einbringen kann. So erreichen wir ein hohes Qualitätsniveau zum Wohle des Patienten“, sagt Kammerpräsident Dr. Hans-Albert Gehle. „Zudem reden wir seit Jahrzehnten über die Überwindung der Sektorengrenzen und integrierte Versorgung. Aber wie kommen wir zu einer regionalen Versorgungsplanung, die ambulant und stationär zusammenbringt?“ Das scheitere schon an den unterschiedlichen Vergütungsstrukturen, so Gehle. „Also muss doch endlich kreativ darüber nachgedacht werden, wie man integrierte Versorgung auch integriert finanziert.“
Allgemeinmediziner Schrage und Intensivmediziner Gehle stellen allerdings auch klar, dass mehr Delegation nicht zur Substitution ärztlicher Kernaufgaben durch andere medizinische Berufe führen darf: „Der behandelnde Arzt muss auch weiterhin die Verantwortung für den gesamten Behandlungsprozess und die Koordination der einzelnen Behandlungsschritte tragen. Hierzu gehören beispielsweise die Anamnese, Diagnosestellung, Aufklärung, Beratung und Therapieentscheidung“. Es gehe darum, Abläufe zu optimieren, Ressourcen gezielter und effizienter zu nutzen und die Arbeitsqualität für alle Beteiligten zu verbessern. „Was wir dabei unbedingt vermeiden müssen, ist ein unnötiges Kompetenzgerangel“, betonen Schrage und Gehle. Die Übertragung von medizinischen Leistungen, die bisher ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehaltener waren, an Pflegekräfte zur selbstständigen Durchführung und ohne Delegation lehnen beide ab: „Das heißt nichts anderes als Substitution, bedeutet Arztersatz und nicht mehr Arztentlastung und überschreitet eine rote Linie!“ Gehle: „Die Möglichkeiten der Delegation sind noch längst nicht ausgeschöpft.“
Die Forderungen der KVWL und der ÄKWL im Überblick:
- Grundlage einer professionsübergreifenden Zusammenarbeit in Behandlungsteams muss eine klare Definition der allein den Ärztinnen und Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten sein. Dazu fordern wir die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf.
- Die Möglichkeiten zur Delegation und zur selbständigen Mitbehandlung durch Gesundheitsberufe müssen erweitert und fortgeschrieben werden. Dazu fordern wir den GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf.
- Es muss gesetzliche Regelungen zur Verantwortung und Haftung für die Eigenverantwortlichen Tätigkeiten der Gesundheitsberufe geben. Dazu fordern wir den Gesetzgeber auf.
- Mehr Delegation und professionsübergreifende Zusammenarbeit müssen in Modellprojekten erprobt und gefördert werden. Daran werden ÄKWL und KVWL arbeiten.