Tätigkeitsbericht 2022

45 Ärztlich assistierte Selbsttötung Angebote zur Suizidprävention flächendeckend ausbauen Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2020 entschieden, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben die Freiheit umfasst, hierfür die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Es hat aber zugleich betont, dass der Gesetzgeber – gegebenenfalls auch mit den Mitteln des Strafrechts – Selbsttötungen entgegenwirken darf, die nicht von freier Selbstbestimmung und Eigenverantwortung getragen sind. Dem Urteil wollen drei fraktionsübergreifend erarbeitete Gesetzentwürfe zur Regelung der Suizidassistenz in unterschiedlicher Weise Rechnung tragen. Einige Abgeordnete hatten geäußert, zurzeit keinen Regelungsbedarf zu sehen. Zwei Parlamentariergruppen beraten darüber, ihre nicht im Strafrecht lozierten Entwürfe zusammenzuführen. Die Bundesärztekammer hat zu allen drei Entwürfen Stellung bezogen und sieht jeweils Verbesserungsmöglichkeiten. Bei einer strafrechtlichen Verankerung fordert sie eine Klarstellung, dass Ärztinnen und Ärzte bei Anwendung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender palliativmedizinischer Verfahren kein Strafbarkeitsrisiko haben. Bereits nach aktueller Rechtslage kann sich hingegen strafbar machen, wer Hilfe bei einem nicht frei verantwortlichen Suizid leistet. Alle Gesetzentwürfe verfolgen mit einem Schutzkonzept das Anliegen, so weit als möglich sicherzustellen, dass die Entscheidung des Suizidwilligen freiverantwortlich, ernsthaft und dauerhaft erfolgt und es für den Zugang zu Betäubungsmitteln jeweils einer ärztlichen Beurteilung bedarf, um etwa eine behandelbare Depression als Ursache des Suizidwunsches zu erkennen. Entsprechende Feststellungen zu treffen, gehört zu den beruflichen Aufgaben von Ärztinnen und Ärzten und setzt entsprechende Fachkenntnisse voraus. Ein Betäubungsmittel zu verschreiben, das in der Absicht der Selbsttötung eingenommen werden soll, gehört hingegen nicht zu diesen Aufgaben. Trotz eines Schutzkonzeptes ist nach internationalen Erfahrungen zu befürchten, dass mit der Möglichkeit einer Suizidassistenz auch in Deutschland die Gesamtzahl der Suizide ansteigt. Um dies zumindest zu begrenzen, bedarf es neben einem flächendeckenden Beratungsangebot vielfältiger weiterer Maßnahmen zur effektiven Suizidprävention. Bereits der 124. Deutsche Ärztetag 2021 in Berlin hatte dazu aufgefordert, die Suizidprävention in Deutschland in den Fokus zu nehmen, auszubauen und zu verstetigen. Aus Sicht der Bundesärztekammer müssen entsprechende Beratungsstellen neu eingerichtet und bestehende ausgebaut werden. ■ © panitan/stock.adobe.com

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