39 Die schleichende Pandemie Wege im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen Schätzungsweise 1,27 Millionen Menschen sterben jedes Jahr weltweit an Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien, Tendenz steigend. Die Entwicklung neuer Antibiotika schreitet hingegen nur langsam voran. Die Bundesärztekammer hatte deshalb gemeinsam mit der EU-Vertretung des Freistaates Bayern und der Bayerischen Landesärztekammer Mitte November 2022 zu der Veranstaltung „Die schleichende Pandemie – Den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen jetzt voranbringen“ in Brüssel geladen. (*) Neben dem bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek diskutierten Vertreter der EU, der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Pharmaindustrie und der Ärzteschaft darüber, wie die Entwicklung neuer Antibiotika in Europa vorangebracht und die Wirksamkeit bekannter Antibiotika erhalten werden könnten. Insgesamt nahmen etwa 180 Personen an der Veranstaltung teil. New Deal für Antibiotika-Entwicklung „Wir brauchen einen New Deal für die Entwicklung neuartiger Antibiotika. In den vergangenen Jahren haben sich mehrere große Pharmaunternehmen aus der Entwicklung zurückgezogen. Dieser Trend muss dringend gestoppt werden, denn er stellt eine Gefahr für die Patientenversorgung dar“, forderte BundesärztekammerPräsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich der Veranstaltung. Neue Anreizsysteme müssten dafür sorgen, dass Antibiotika für die Entwickler auch dann profitabel sind, wenn sie als Reserve für die Behandlung von schweren Erkrankungen bei Menschen vorgehalten werden. „So wäre es beispielsweise denkbar, das Verwendungsrecht für neuartige Antibiotika zu vergüten – unabhängig von der eingesetzten Menge“, erklärte Reinhardt. Der Europaabgeordnete Tomislav Sokol (EVP) forderte die Europäische Kommission auf, einen ähnlich konkreten Plan vorzulegen wie zur Krebsbekämpfung. Vertreter der Kommission gaben bei der Veranstaltung einen Einblick, welche rechtlichen Anreize und Anforderungen ihre für Frühjahr 2023 erwarteten Gesetzgebungsvorschläge enthalten könnten. Ergänzend dazu könnte die neu geschaffenen EU-Stelle für Krisenvorsorge und Reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) bei der Entwicklung, Beschaffung und Verteilung von Antibiotika helfen. Prof. Dr. Norbert Suttorp, Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, betonte die Bedeutung von „Antibiotic Stewardship“-Programmen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika und zur Infektionsvermeidung. Die fortlaufende Verfügbarkeit bereits zugelassener Antibiotika sicherzustellen, ist besonders für weniger finanzstarke Staaten bedeutsam, hob die Vertreterin der WHO hervor. ■ © analysis121980/stock.adobe.com (*) www.baek.de/tb22/antibiotika
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