Prof. Dr. med. habil. Eggert Beleites

15.06.2006

Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Eggert Beleites einen Arzt, Wissenschaftler, ärztlichen Berufspolitiker und Gesundheitspolitiker, der sich in vier Jahrzehnten seiner ärztlichen Berufstätigkeit, als Hochschullehrer und Leiter einer Universitäts-HNO-Klinik um die medizinische Versorgung der Patienten, beim Aufbau der Landesärztekammer Thüringen nach der Wiedervereinigung, die ärztliche Selbstverwaltung, die wissenschaftliche Forschung und Lehre sowie um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht hat.

Eggert Beleites wurde am 1. Juni 1939 in Halle/Saale als Sohn eines HNO-Arztes geboren. Er war das 7. Kind der Familie. Nach Besuch des Gymnasiums in Halle und der Reifeprüfung 1958 arbeitete er ein Jahr als Hilfsarbeiter in den Leuna-Werken. Erst danach durfte er mit dem Studium der Humanmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beginnen. Nach staatlichen Behinderungen schloss er sein Studium 1965 ab. Es folgte eine Pflichtassistenz an der Poliklinik Süd in Halle/Saale und die Promotion im Jahre 1966. Von 1966 bis 1970 absolvierte er seine Facharztausbildung an der Universitäts-HNO-Klinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Viele Menschen verdanken ihr wiederhergestelltes und erhaltenes Hörvermögen dem Können des hervorragenden Operateurs Eggert Beleites, dem die hörverbessernden Operationen ebenso wie die Versorgung von Schwerhörigen mit Hörgeräten immer ein großes Anliegen war. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena gründete er die Arbeits- und Forschungsgemeinschaft "Biomaterialien" und übernahm deren Vorsitz. Im Jahre 1986 habilitierte er über den Einsatz neuer, maschinell bearbeitbarer Glaskeramiken als Permanentimplantatmaterial in der Oto-Rhino-Laryngologie. In enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Glaschemie der Friedrich-Schiller-Universität führte Eggert Beleites das Spezialmaterial Bioverit zur Herstellung von Implantaten für den Gehörknöchelchenersatz in die HNO ein. In der Folgezeit stellte er die drei Millimeter großen Prothesen für seine Patienten in mühevoller Handarbeit selbst her und regte auch viele Kollegen an, seinem Beispiel zu folgen. Das inzwischen zum Markenzeichen avancierte biokompatible Keramikmaterial, heute von einer Jenaer Firma hergestellt und bundesweit vermarktet, hat sich in den Jahren seit seiner Entwicklung immer neue Einsatzgebiete in der Medizin erobert: Aus "Beleites" Bioverit" werden heute neben Mittelohrprothesen auch Implantate für Rekonstruktionen im Schädelbereich und der Gesichtschirurgie hergestellt.

Als Leiter der Universitäts-HNO-Klinik Jena, deren Direktorat er 1994 übernahm, führte Eggert Beleites auch neue OP-Techniken zur Versorgung von hörgeschädigten Patienten mit Chochlea-Implantaten und zur videogestützten Nasenchirurgie ein. In der Biomaterialforschung meldete er eine Reihe von Patenten an; zahlreiche Veröffentlichungen und eine Vielzahl von Vorträgen zeugen von einer unermüdlichen Forschertätigkeit im Dienste des Patienten.

Neben seiner Arbeit als Arzt und Wissenschaftler lag ihm die Ausbildung besonders am Herzen, in der er sich nicht nur als Hochschullehrer engagierte, sondern auch als führender Repräsentant der ärztlichen Selbstverwaltung in Thüringen und engagiertes Mitglied medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaften.

Eggert Beleites war schon bald nach der Wende in der DDR 1989 und 1990 aktiv an Kooperationen zum Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den beiden Teilen Deutschlands beteiligt. Er war treibende Kraft bei der Gründung einer grenzüberschreitenden Vereinigung mitteldeutscher HNO-Ärzte und maßgeblich am Aufbau der ärztlichen Selbstverwaltung in Thüringen beteiligt. Im Juli 1990 wurde Eggert Beleites zum ersten Präsidenten der Landesärztekammer Thüringen gewählt und seitdem in diesem Amt mehrmals bestätigt. Dass trotz schwieriger allgemeiner Rahmenbedingungen die neuen Selbstverwaltungsstrukturen rasch etabliert werden konnten, ist dem persönlichen Verdienst von Eggert Beleites, seiner Überzeugungs- und Integrationskraft sowie seiner hohen fachlichen Kompetenz zu verdanken. Für sein ehrenamtliches Engagement beim Aufbau des selbstverwalteten Gesundheitswesens in Thüringen wurde Eggert Beleites 1997 das Bundesverdienstkreuz verliehen. In hervorragender Weise bewährten sich die jungen Strukturen der Landesärztekammer Thüringen bei der Ausrichtung des 100. Deutschen Ärztetages im Mai 1997 in Eisenach, den Eggert Beleites wesentlich mitgestaltete.

Eggert Beleites berufspolitisches Engagement in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene hat stets der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient gegolten. Dafür hat er sich mit Tatkraft und Hingabe eingesetzt. Seine integrativen Fähigkeiten haben ihn innerhalb der Ärzteschaft zu einem "Mann des Ausgleichs" werden lassen, dessen Rat gerne gehört wird und dessen Urteil fachübergreifend größte Wertschätzung bei den Ärztinnen und Ärzten genießt.

Schon als junger Arzt hat sich Eggert Beleites mit ethischen Konflikten in der Medizin auseinandergesetzt. Dabei hat er die Erfahrung machen müssen, dass es Pflichtenkollisionen gibt und gesellschaftliche Zwänge zu Entscheidungen führen können, die dem Individualinteresse entgegenstehen. Gestützt auf eine christlich-humanistisch geprägte Werteorientierung hat er sich in der Diskussion solcher Fragen stets um eine rationale, ethisch fundierte Beurteilung bemüht. Nachhaltig in Erinnerung bleibt sein Referat zum Thema "Medizinethik in einer offenen Gesellschaft" auf dem 100. Deutschen Ärztetag 1997 in Eisenach, in der er die Bedeutung medizinischer Ethik als Teil ärztlichen Handelns herausstellte.

Als Vorsitzender des Ausschusses für "Ethische und medizinisch-juristische Grundsatzfragen" der Bundesärztekammer hat er federführend an der Erarbeitung und Novellierung der "Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung" mitgewirkt und in dieser Funktion maßgeblich die Position der deutschen Ärzteschaft in dieser Frage gegenüber der Öffentlichkeit vertreten. Die "Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung" tragen seine Handschrift. In Anhörungen des Bundestages, Expertenkommissionen, öffentlichen Symposien, Diskussionsveranstaltungen und in zahlreichen Gesprächen mit Ärzten und Nichtärzten erläuterte er die Ablehnung der Euthanasie und die Haltung der Ärzteschaft zur Kodifikation von Patientenverfügungen.

Mit Eggert Beleites erhält eine hochangesehene Persönlichkeit die Paracelsus-Medaille, die sich in der Ärzteschaft und weit darüber hinaus große Sympathien erworben hat. Durch seinen unermüdlichen Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, Chefarzt, Berufs- und Gesundheitspolitiker sowie als akademischer Lehrer im Fach Chirurgie hat sich Eggert Beleites große und bleibende Verdienste um die ärztliche Versorgung der Patientinnen und Patienten in Thüringen, um den Auf- und Ausbau einer funktionierenden ärztlichen Selbstverwaltung, das Fach Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, die wissenschaftliche Forschung und Lehre sowie um das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht.

Klausursitzung des Vorstandes, Dresden 15.Juni 2006

Vorstand der Bundesärztekammer
Präsident