Recht auf medizinische Versorgung muss staatlich garantiert werden

Berlin

Anlässlich des Internationalen Tages der allgemeinen Gesundheitsversorgung am 12. Dezember 2022 fordert die Ärztekammer Berlin mehr staatliche Unterstützung für die medizinische Versorgung nicht krankenversicherter Menschen. Die Verantwortung dürfe nicht auf ehrenamtlich getragene Strukturen abgewälzt und die Spendenbereitschaft der Menschen nicht vorausgesetzt werden.

„Medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht“, erklärt PD Dr. med. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. „Wir alle – der Staat, die Bürger:innen und insbesondere wir Ärzt:innen – sind daher in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass jedem Menschen eine angemessene Gesundheitsversorgung gewährt wird.“ 

Auch wenn die Gesetzeslage in Deutschland theoretisch jedem Menschen die Möglichkeit gibt, die notwendige medizinische Behandlung zu erhalten, sieht die Realität anders aus. De facto ist vielen Menschen der Zugang zur Gesundheitsversorgung zu häufig verwehrt – insbesondere Obdachlosen. Nur durch ehrenamtliches Engagement außerhalb der Regelversorgung kann die medizinisch notwendige Versorgung von Menschen ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz überhaupt sichergestellt werden. „Diese Situation ist nicht hinnehmbar“, betont Dr. med. Matthias Blöchle, Vizepräsident der Ärztekammer Berlin. Die Kammer fordert daher mehr Unterstützung durch den Berliner Senat. In der Hauptstadt gibt es eine Reihe von Einrichtungen, die Menschen ohne Krankenversicherung versorgen – zum großen Teil ehrenamtlich und auf der Basis von Spenden. Zunehmend reichen jedoch die Spenden nicht aus, um die Angebote ohne Einschränkungen aufrechtzuerhalten. 

Exemplarisch für eine solche Unterfinanzierung ist der Fall der Berliner Stadtmission e. V. Sie bietet in ihrer Ambulanz medizinische Versorgung für Wohnungslose an, die derzeit ausschließlich aus privaten Spenden sowie einer jährlichen Zuwendung durch die Deutsche Bahn Stiftung finanziert wird. „Wir benötigen eine Basisfinanzierung der Ambulanz. Hier ist der Berliner Senat in der Pflicht. Denn der Zugang zur medizinischen Versorgung für alle Menschen ist Teil der Daseinsvorsorge “, betont Bobbert. 

Auch die Berliner Clearingstelle ist auf Zuwendungen angewiesen. Seit Oktober 2018 berät sie Personen ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Finanziert wird sie durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Die Kostenübernahmen für medizinische Behandlungen erfolgen über einen Notfallfonds. In diesem Jahr wurde der Notfallfonds erstmals ausgeschöpft. Perspektivisch fehlen bis Ende 2022 600.000 Euro – im nächsten Jahr sogar noch mehr. „Dieser Missstand muss dringend behoben werden“, so Bobbert.

Medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht

Der Internationale Tag der allgemeinen Gesundheitsversorgung wird jedes Jahr am 12. Dezember begangen. Er soll ein Bewusstsein dafür schaffen, dass längst nicht alle Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Insbesondere politische Entscheidungsträger:innen werden dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, dass jeder Mensch Zugang zu einer qualitativ hochwertigen, aber auch erschwinglichen Gesundheitsversorgung hat.

Das Recht auf medizinische Versorgung ergibt sich auch aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen sowie den verfassungsmäßigen Anspruch auf das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. „Der Staat kommt derzeit seiner Verpflichtung nicht ausreichend nach, für alle hier lebenden Menschen eine Gesundheitsversorgung zu gewährleisten“, so Blöchle. Dies habe Folgen nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes.

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