Arztwohl ist Patientenwohl

Schleswig-Holstein

Bad Segeberg - Hohe Arbeitsdichte, kaum Zeit und Pausen eine Seltenheit – was viele zumindest phasenweise in ihrem Beruf kennen, ist in vielen Bereichen im Gesundheitswesen ein Dauerzustand. Die Ärztekammer Schleswig-Holstein (ÄKSH) warnt, ein andauernder Zeit- und Leistungsdruck sowie ökonomische Vorgaben belasten Ärztinnen und Ärzte zunehmend. Das kann Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben. Die Pandemie sowie der Personalnotstand haben die Arbeitsbedingungen des medizinischen Personals in den Kliniken und Praxen im Land weiter verschlechtert.

Arbeitsbedingungen haben Auswirkungen auf Patientensicherheit

„Die aktuelle Arbeitssituation in den Krankenhäusern ist nicht nur eine Gefahr für die Ärztinnen und Ärzte, die jeden Tag ihr Bestmögliches tun, um die Versorgung in Schleswig-Holstein zu gewährleisten. Auch die Patientensicherheit hat darunter zu leiden. Wir müssen uns im Klaren sein, dass das Arztwohl in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Patientenwohl steht“, meint Prof. Henrik Herrmann, Präsident der ÄKSH, und verweist auf das Genfer Gelöbnis, dem Moralcodex der Ärzteschaft:

„ICH WERDE AUF MEINE EIGENE GESUNDHEIT, MEIN WOHLERGEHEN UND MEINE FÄHIGKEITEN
ACHTEN, UM EINE BEHANDLUNG AUF HÖCHSTEM NIVEAU LEISTEN ZU KÖNNEN.“

Die Arztgesundheit war bereits 2019 Schwerpunktthema des 122. Deutschen Ärztetags. Die Arbeitsbedingungen haben sich seither nicht gebessert. Im Gegenteil. Die Pandemie und die nach wie vor angespannte Personallage in Kliniken und Praxen hat die Arbeitsbedingungen weiter erschwert. Zuletzt hatte die ÄKSH auf die Arbeitsbedingungen der Medizinischen Fachangestellten (MFA) hingewiesen. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung, einer steigenden Erwartungshaltung der Patientinnen und Patienten in der Pandemie sowie geringer Wertschätzung spielen viele junge MFA mit dem Gedanken, die Patientenversorgung zu verlassen oder dem Gesundheitswesen ganz den Rücken zu kehren.

Ökonomische Vorgaben führen zu zusätzlicher Belastung

Ein weiterer Faktor, der sich erschwerend auf die Arbeitsbedingungen des Klinikpersonals auswirkt, ist das DRG-System. Es hat seit der Einführung im Jahr 2003 zu verschiedenen Fehlanreizen und Fehlentwicklungen geführt. „Krankenhäuser sind zu Gesundheitsfabriken geworden, in denen Patientinnen und Patienten abgearbeitet werden. Ärztinnen und Ärzte müssen sich oft dem ökonomischen Druck der Einrichtungen beugen, in denen sie tätig sind. Ihre Arbeit lässt sich nur anhand der Behandlungen und den so entstandenen Kosten messen. Für Leistungen, die nicht vom Vergütungssystem abgedeckt werden, bleibt dann keine Zeit mehr. Das vermindert die Behandlungsqualität und versetzt die Behandelnden unter zusätzlichen Druck. Das entspricht nicht unserer Vorstellung von einer werteorientierten Medizin“, meint Herrmann. Das dürfe es in einem Beruf, bei dem es um die Behandlung von Menschen geht, nicht geben.

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