E-Evidence-Verordnung: „Big brother is watching you“

Berlin – Der 125. Deutsche Ärztetag hat die Pläne der Europäischen Kommission für eine sogenannte E-Evidenzverordnung scharf kritisiert. Durch die E-Evidence-Verordnung soll die Herausgabe von elektronisch gespeicherten Daten an Ermittlungsbehörden anderer EU-Staaten erleichtert werden. Aus Sicht der Ärzteschaft gefährdet das Vorhaben das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Ärztinnen und Ärzten und ihren Patientinnen und Patienten.

Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt hatte bereits in seiner Eröffnungsrede des Deutschen Ärztetages gewarnt, dass sich Behörden anderer EU-Länder Zugriff auf die von Ärztinnen und Ärzten dokumentierten Patientendaten verschaffen könnten, wenn der Verordnungsentwurf unverändert in Kraft treten sollte. Der Ausspruch „Big brother is watching you“ bekomme so eine ganz neue Bedeutung, so Reinhardt. Gerade mit Blick auf das ärztliche Berufsträgergeheimnis sei das „fatal und absolut inakzeptabel“. Die Bundesärztekammer habe deshalb das Bundesjustizministerium angeschrieben und mit Vertretern des Europäischen Parlaments Kontakt aufgenommen und auf dieses Problem aufmerksam gemacht.

Aus Sicht der Ärzteschaft garantiert das ärztliche Berufsgeheimnis den Schutz von Patientendaten vor einer strafprozessualen Verwendung. Das aber werde durch das vorgeschlagene Verfahren unterlaufen. „Es wird dadurch ein Instrument geschaffen, das geeignet ist, Vertrauen der Patientinnen und Patienten in digitale Lösungen im Gesundheitsbereich, wie zum Beispiel die elektronische Patientenakte, zu erschüttern“, betonten die Abgeordneten des Ärztetags. Dies stelle eine erhebliche Grundrechtsbeeinträchtigung dar und gefährde die ärztliche Schweigepflicht. Patientinnen und Patienten müssten sich auf die Sicherheit ihrer Daten verlassen können.

Die E-Evidence-Verordnung in ihrer jetzigen Form könnte das Vertrauen der Menschen in digitale Lösungen im Gesundheitswesen und auch in einen künftigen Europäischen Gesundheitsdatenraum schwächen. „Wir können dann nicht mehr ausschließen, dass Ärztinnen und Ärzte aus Sorge um die Sicherheit der sensiblen Patientendaten die Etablierung von digitalen Prozessen in ihren Praxen aussetzen“, hatte Reinhardt in seiner Rede vor den Abgeordneten des Deutschen Ärztetages gewarnt.