Reinhardt: „Hightech-Standort Europa ist bei Impfstoffproduktion gefordert“

Berlin - Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt sieht die niedergelassenen Haus- und Fachärzte gut auf Impfungen gegen das Coronavirus in den Praxen vorbereitet. „Wenn wir genügend Impfstoffe haben, dann werden diese sehr schnell in den Praxen verimpft werden können“, sagte Reinhardt dem Berliner Tagesspiegel (18.01.2021). Hierfür sei vor allem der Impfstoff von AstraZeneca interessant, weil dieser wie zum Beispiel die klassischen Grippe-Impfstoffe in den Praxen gelagert werden könne. „Sobald es in Europa eine Zulassung gibt, muss die Produktion dieses Impfstoffes so weit wie möglich nach oben gefahren werden, wie auch die aller anderen zugelassenen Impfstoffe. An dieser Stelle könnte der Hightech-Standort Europa beweisen, wozu er fähig ist“, so Reinhardt.

Mit Blick auf die Akzeptanz der Anti-Corona-Maßnahmen in der Bevölkerung sprach sich Reinhardt für mehr Transparenz bei den Beratungen von Bund und Ländern sowie eine noch stärkere Einbeziehung des Sachverstandes relevanter wissenschaftlicher Fachrichtungen aus. „Auch wenn es oft sehr schnell gehen muss in einer Krise, wäre das möglich“, betonte Reinhardt. Er bekräftigte in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einem interdisziplinären Pandemierat unter Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fachrichtungen, Juristen, Ethikern, Soziologen und weiteren Professionen. Einen solches Gremium hätte auch nach der Pandemie noch seine Berechtigung. Es wäre also immer noch Zeit, dieses Instrument zu etablieren.

Insgesamt sieht Reinhardt ein wachsendes Interesse in der Bevölkerung an der Gesundheitspolitik. Dies zeigte sich bereits im letzten Bundestagswahlkampf, als es verstärkt um Verteilungsgerechtigkeit ging. „Solche Debatten sind auch Folgen einer älter werdenden Gesellschaft, in der für immer mehr Menschen das medizinische System eine wichtige Rolle einnimmt. Dieser Trend wird sich fortsetzen, nochmal verstärkt dadurch, dass die Coronakrise allen deutlich gemacht hat, was auf dem Spiel steht“, sagte der BÄK-Präsident. Gleichzeitig werde das Gesundheitssystem in Folge der gegenwärtigen wirtschaftlichen Einschnitte stärker unter Druck geraten. Reinhardt rechnet deshalb mit Debatten über die Finanzierung und die Finanzierbarkeit von Strukturen im Gesundheitswesen. Diese müssten dann aber auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Krise geführt werden, wie bedeutsam ein gutes Gesundheitswesen für das soziale und wirtschaftliche Leben sei.