Arztzahlstatistik zeigt: Jede/r zweite berufstätige Ärztin/Arzt ist 50 Jahre und älter

Rheinland-Pfalz

„Den Kopf in den Sand zu stecken und so zu tun, als ob schon alles gutgehen wird, wird nicht mehr funktionieren und hilft auch nicht mehr weiter: Die demografische Entwicklung schlägt bei den Ärztinnen und Ärzten genauso zu Buche wie in der Gesamtbevölkerung.“ Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, erneuert daher seine Forderung, die Anzahl der Medizin-Studienplätze deutlich zu erhöhen: „Wir brauchen mindestens zehn bis 15 Prozent mehr Studienplätze, um den künftigen ärztlichen Versorgungsbedarf überhaupt noch mit gutem Niveau decken zu können.“

Fakt ist: Die zahlenmäßig starke Generation der Babyboomer wird in wenigen Jahren altersbedingt aus dem Beruf ausscheiden. „Wir brauchen auch gar nicht überrascht tun, wenn es soweit ist. Wir sind mitten im demografischen Wandel angekommen. Künftig wird es nicht mehr in jedem Dorf einen Arzt oder eine Ärztin geben können. Für die Patientinnen und Patienten werden daher die Wege länger werden“, fügt der Ärztekammer-Präsident hinzu. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Und zwar nicht nur im hausärztlichen Bereich, sondern auch in der fachärztlichen Grundversorgung. Der Blick auf die demografische Entwicklung im fachärztlichen Bereich komme aber leider immer noch zu kurz, kritisiert Matheis.

Die Arztstatistik der Landesärztekammer (Stichtag 31.12.2022) zeigt, dass inzwischen die Hälfte der berufstätigen Ärzte und Ärztinnen in Rheinland-Pfalz 50 Jahre und älter ist. Hinzu kommt, dass jeder vierte berufstätige Arzt 60 Jahre und älter ist. Matheis: „Diese unmissverständliche Entwicklung darf nicht weiter ignoriert werden. Wie viele Alarmsignale braucht es denn noch, um endlich zu reagieren?“

Insgesamt ist die Zahl der registrierten Ärztinnen und Ärzte in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr zwar um 2,1 Prozent gestiegen, doch mehr Ärzte und Ärztinnen (statistisch gesehen) und zugleich Ärztemangel schließen sich nicht aus. „Es ist vielmehr eine natürliche Folge gesellschaftlicher Veränderungen“, so der Kammer-Präsident. Matheis: „Seit Jahren vermittelt unsere Arztzahlstatistik ein Déjà-vu: Das Wachstum liegt erneut hinter dem erforderlichen Bedarf, um künftige Versorgungsnotwendigkeiten decken zu können.“

Der Bedarf an Ärztinnen und Ärzte ist in den vergangenen Jahren gewachsen und wird auch weiter steigen. Das gilt sowohl für das Krankenhaus als auch für den ambulanten Bereich. Zugleich ist das Arbeitsvolumen pro Arzt oder Ärztin gesunken. Die Gründe hierfür: der erhöhte Anteil von Teilzeitstellen und der Trend zur Arbeitszeitverkürzung. Schätzungen zufolge werden inzwischen 1,8 Ärztinnen und Ärzte benötigt, um eine/n ausscheidende/n Ärztin/Arzt zu ersetzen. „Der Wunsch nach Teilzeit steigt. Das ist persönlich sehr verständlich, denn es gibt schließlich ein Leben neben dem Beruf. Doch versorgungspolitisch ist das fatal und es zeigt auch, dass die Arbeitsbedingungen dringend verbessert werden müssen“, so Matheis.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Ärztinnen und Ärzte sich wieder ihren eigentlichen Kernaufgaben in der Patientenversorgung widmen können und dass sie in ihrer ärztlichen Entscheidungsfindung keinen wirtschaftlichen Zwängen unterliegen, fordert Kammer-Präsident Matheis. Auch seien überbordende Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben sowie Überlastung durch arztfremde Tätigkeiten noch immer Gründe, warum Ärztinnen und Ärzte ihren einstigen Traumberuf vorzeitig an den Nagel hängen. Zur Statistik: Im vergangenen Jahr sind insgesamt 23.523 Ärztinnen und Ärzte bei der Landesärztekammer registriert gewesen; von ihnen sind 19.662 berufstätig. Im ambulanten Bereich arbeiten laut Statistik 7.906 Ärztinnen und Ärzte. Im Krankenhaus sind es 9.284 Ärztinnen und Ärzte.

Die Statistik ermöglicht auch einen Blick auf die Altersverteilung bei den berufstätigen Ärztinnen und Ärzten: Der Anteil zwischen Jüngeren und Älteren ist fast gleich. Insgesamt 9.949 dieser Ärztinnen und Ärzte sind bis 49 Jahre alt; weitere 9.713 sind 50 Jahre und älter. Ein Rückblick: Im Jahr 2000 waren 16.169 Ärztinnen und Ärzte bei der Landesärztekammer gemeldet; 13.444 von ihnen waren damals berufstätig. Von ihnen arbeiteten 6.126 im ambulanten Bereich und 5.940 im Krankenhaus.

Die Arztzahl-Statistik der Landesärztekammer zeigt auch klar: Der Anteil der Jungen steigt nicht parallel zum Anteil der Älteren, sondern stagniert. Im vergangenen Jahr gab es in der Altersgruppe 35 bis 39 Jahre landesweit 2.449 berufstätige Ärztinnen und Ärzte. Im Vergleich zum Jahr 2000 (35-39-jährige Berufstätige: 2.443) ist deren Anteil gleichgeblieben. Schaut man in dieser Altersgruppe in den ambulanten Bereich, so ist ein Rückgang sehr offensichtlich: Im Jahr 2022 gab es bei den 35- bis 39-Jährigen 564 ambulant arbeitende Ärztinnen und Ärzte; im Jahr 2000 waren es 811. In der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen sinkt der Anteil derer, die ambulant arbeiten, im selben Zeitraum stark: von 2.374 (Jahr 2000) auf 1.639 (Jahr 2022). Das bedeutet einen Rückgang von fast einem Drittel.

Gleichzeitig steigt jedoch die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die zwischen 50 und 59 Jahre alt sind. Gab es im Jahr 2000 noch 1.990 ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte in dieser Altersgruppe, so waren es in 2022 schon 2.454 - ein gutes Drittel mehr. Der Anteil der 60- bis 65-Jährigen wuchs im selben Zeitraum von 528 auf 1.613. Und der Anteil derjenigen, die über 65 sind und im ambulanten Bereich arbeiten, stieg von 164 (Jahr 2000) auf 1.337 (Jahr 2022) und hat sich damit verachtfacht. Matheis: „Diese Entwicklung ist mehr als bedenklich.“ Eine ähnliche Altersstruktur wie im ambulanten Bereich zeigt sich auch im Krankenhaus. Zwar stieg die Zahl der Klinikärztinnen und -ärzte, die bis 39 Jahre alt sind, seit dem Jahr 2000 von 3.361 auf jetzt 4.504. Doch auch in den Kliniken verzeichnet sich ein starker Anstieg der Ärztinnen/Ärzte, die 50 Jahre und älter sind. Ihre Zahl stieg von 1.032 (im Jahr 2000) auf 2.820 (Jahr 2022) und hat sich somit mehr als verdoppelt.

Ein weiterer Blick in die Statistik zeigt, dass rund 44 Prozent der rheinland-pfälzischen Landesärztekammer-Mitglieder weiblich sind. Im vergangenen Jahr sind bei der Landesärztekammer 10.425 Ärztinnen registriert gewesen; von ihnen sind 8.861 berufstätig – sehr oft in Teilzeit. Der Anteil der berufstätigen Ärztinnen ist im Vergleich zum Vorjahr um 3,0 Prozent gestiegen. Der größere Teil der Ärztinnen arbeitet nach wie vor im stationären Bereich (4.298); im ambulanten Bereich sind es 3.481 Ärztinnen. In der Statistik ist auch erkennbar, wie viele Ärztinnen und Ärzte Rheinland-Pfalz verlassen haben: 75 Ärztinnen und Ärzte aus Rheinland-Pfalz sind im vergangenen Jahr ins Ausland ausgewandert. Die meisten von ihnen gingen nach Luxemburg und in die Schweiz. Weiter gestiegen ist in den vergangenen Jahren der Anteil der ausländischen Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz. Waren es im Jahr 2000 noch 799 ausländische Ärztinnen/Ärzte, so arbeiteten im vergangenen Jahr bereits 3.020 ausländische Ärzte/Ärzte im Land. Das sind fast viermal so viele wie vor 20 Jahren. Der Anteil der Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz, die nicht in Deutschland studiert haben, beträgt inzwischen rund 12,8 Prozent. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien, Rumänien, Ungarn, Ägypten und der Russischen Föderation.

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