„Gesundheit“ sollte perspektivisch zum Schulfach werden

Vorschlag der Ärzteschaft zum Start des neuen Schuljahres in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg

In Kindheit und Jugend die Grundlage für ein gesundes Leben schaffen: Die Landesärztekammer setzt sich zu Beginn des neuen Schuljahres im Südwesten dafür ein, perspektivisch das Thema „Gesundheit“ als Unterrichtsfach an den Schulen einzuführen. Auf diese Weise könnten junge Menschen bereits im Rahmen ihrer Schulbildung lernen, wie man gesund bleibt und die Gesundheit fördert – in Zeiten schwindender Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung ein wichtiger Schritt.

„Je früher und strukturierter man sich damit beschäftigt, welche gesundheitlichen Folgen beispielsweise das Rauchen, zu viel Alkohol, zu wenig Bewegung oder falsche Ernährung haben, desto besser“, sagt Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Auch die Frage, welche gesundheitlichen Folgen der Klimawandel mit sich bringt, werde drängender. Bisher würden Gesundheitsaspekte im schulischen Kontext im Rahmen von Projekten und Wahlpflicht-Optionen sowie „eingebettet“ in andere Fächer behandelt. Was fehle, sei ein ganzheitlicher, systematischer Ansatz durch die Jahrgangsstufen hindurch. „Gesundheitsförderung wird im Bio-, Sachkunde- oder Sportunterreicht bislang nicht so hinreichend behandelt, dass es nachhaltige Effekte haben kann. Dafür bräuchte es ein eigenes, fest in die Lehrpläne integriertes Schulfach,“ stellt Dr. Miller fest.

Aktuelle Studien zeigen, dass es um die Gesundheitskompetenz – also die Fähigkeit, „offline und online“ kompetent mit gesundheitsrelevanten Informationen umzugehen und sie „nutzbar“ zu machen – in Deutschland recht schlecht bestellt ist. Dass also inzwischen viele Menschen Probleme dabei haben, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen und anzuwenden, sich gesundheitsbewusst zu verhalten oder die Einrichtungen des Gesundheitssystem richtig in Anspruch zu nehmen. In der Folge steigen die Krankheitsrisiken und -raten und der Gesundheitssektor wird belastet. Andere Untersuchungen führen an, dass explizit auch Jugendliche Schwierigkeiten mit Gesundheitsinformationen haben, teils gar nicht interessiert sind oder von vornherein gar keine Chance haben, den Umgang mit ihnen zu lernen.

Warum also nicht früh, effektiv und in der Breite ansetzen? Die Etablierung eines Unterrichtsfaches „Gesundheit“ könnte dabei helfen, viele Kinder und Jugendliche – ungeachtet der Herkunft – in der Schule zu erreichen und für Gesundheitsprävention zu sensibilisieren. Ernährung, Bewegung, Körperfunktionen, Suchtvermeidung, Erste Hilfe und weitere Themen könnten jungen Menschen systematisch nähergebracht werden. In der Folge ergibt sich die Chance, dass sich Gelerntes verfestigt und die allgemeine Gesundheitskompetenz mit der Zeit steigt.  Aufklärung über Funktionen und angemessene Inanspruchnahme von Gesundheitseinrichtungen könnte ebenfalls Teil des Lernstoffes werden. Dies würde im Nebeneffekt helfen, Medizinisches Personal zu entlasten. 

Dass die Einführung eines Unterrichtsfaches „Gesundheit“ auch unter jüngeren Menschen Befürworter hätte, zeigt noch eine weitere Untersuchung, wonach sich dies viele Befragten wünschen. Auch die Jüngeren selbst scheinen also wahrzunehmen, dass Gesundheitskompetenz bei ihnen ausbaufähig ist – eine wichtige Grundvoraussetzung, um das Problem angehen zu können.

„Die positiven Wirkungen eines Schulfaches ‚Gesundheit‘ liegen auf der Hand“, hält Dr. Miller fest. Die Politik sollte daher das Bildungswesen personell, finanziell und strukturell stärken, sodass entsprechende Pläne vorangetrieben werden könnten. Denn es sei klar, dass hierfür die Rahmenbedingungen im Bildungssektor verbessert und den ohnehin schon geforderten Lehrkräften nicht einfach noch mehr „aufgedrückt“ werden dürfe. Auch die Ärzteschaft stehe bereit, sich mit ihrer Fachexpertise einzubringen und maßgeblich zum Gelingen des Vorhabens beizutragen, so Dr. Miller.

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