Hessen: In der Corona-Krise in der vordersten Linie stehen, aber keinen Pflegebonus erhalten?
Frankfurt - „Dass in der Diskussion rund um den längst überfälligen Pflegebonus für Pflegende in Krankenhäusern und Altenheimen die Medizinischen Fachangestellten (MFA) unerwähnt bleiben, ist völlig unverständlich“, erklärt Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen.
Nicht zuletzt hätten durch den hohen Einsatz niedergelassener Ärzte und Medizinischer Fachangestellter sechs von sieben Corona-Patienten in der Pandemie ambulant versorgt werden können (Quelle: Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung). Ausdrücklich schließt sich Pinkowski daher dem Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) an, der eine Ausweitung des Pflegebonus auf die Medizinischen Fachangestellten in den Praxen fordert.
Noch Mitte März, erinnert Pinkowski, habe Bundeskanzlerin Angela Merkel allen Beschäftigten im Gesundheitswesen mit den Worten gedankt, „Sie stehen für uns in diesem Kampf in der vordersten Linie“ – während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den Pflegekräften eine „besondere Anerkennung“ in Form von finanzieller Vergütung in Aussicht stellte. „Dass die Diskussion zur Aufwertung der Pflegeberufe nicht mehr höhere Löhne oder verbesserte Arbeitsbedingungen, sondern nur noch eine einmalige Zahlung in den Fokus nimmt, die sich zudem einzig in der Altenpflege niederschlagen soll, ist ein Armutszeugnis“, stellt der hessische Ärztekammerpräsident fest. „Wenn nun jedoch wenigstens ein Bonus gezahlt werden soll, müssen damit sowohl die Pflegenden als auch die Medizinischen Fachangestellten bedacht werden.“
Das deutschlandweite Netz wohnortnaher Haus- und Facharztpraxen, in denen viele MFA beschäftigt sind, habe einen großen Teil der medizinischen Versorgung in der Pandemie geleistet. Inzwischen sei auch deutlich geworden, welches Risiko für die eigene Gesundheit der lebensrettende Einsatz sowohl für die MFA als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kranken- und Altenpflege bisher in der Corona-Krise bedeutet habe.
Einer am 9. Juli veröffentlichten Analyse von Versichertendaten der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) zufolge habe der Durchschnitt von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wegen einer Covid-19-Diagnose in den Monaten März bis Mai bei 474 Fällen je 100.000 Beschäftigte gelegen. Für die MFA lag der Wert in demselben Zeitraum sogar bei 1207 Fällen je 100.000 Erwerbstätige, was mehr als dem Zweieinhalbfachen des Durchschnittswerts entspricht. Ähnlich verhält es sich auch in der Kranken- und der Altenpflege.
„Trotz der besonders am Anfang mangelnden Schutzausrüstung und damit einhergehenden hohen Infektionsgefahr halfen und helfen MFA jeden Tag dabei, die Kapazitäten in den Kliniken für die schweren Verläufe von Covid-19 frei zu halten“, so Pinkowski. Diesem Einsatz von Medizinischen Fachangestellten in der engmaschigen ambulanten Versorgung aber auch in Krankenhäusern sei es mit zu verdanken, dass Hessen und Deutschland bisher so gut durch die Krise gekommen seien. „Dies mit einem Bonus zu honorieren, ist höchste Zeit.“