Montgomery: „Ausbau der sprechenden Medizin nicht nur fordern, sondern auch fördern“

Berlin - „Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Das trifft auch auf die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz vorgesehene gestufte Steuerung der psychotherapeutischen Behandlung zu. Statt Engpässe in der Versorgung zu beseitigen, werden neue Zugangsbarrieren für Patienten geschaffen. Viel sinnvoller wäre es, bei den Behandlungsstrukturen anzusetzen, sie zu stärken und die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung noch enger in den somatischen Behandlungskontext einzubinden.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery im Vorfeld der öffentlichen Anhörung zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG).

Bei den Reformüberlegungen sollte auch und gerade der spezifisch ärztlichen Expertise der Behandlung psychisch Kranker besondere Aufmerksamkeit zukommen. Denn Patienten könnten auf ein sehr breit gestuftes Angebot zurückgreifen, das von der psychosomatischen Grundversorgung durch Haus- und Fachärzte bis hin zur fachärztlichen psychiatrischen, psychosomatischen und psychotherapeutischen Versorgung reiche. Dies sei umso wichtiger, weil psychische Erkrankungen häufig mit behandlungsbedürftigen somatischen Erkrankungen einhergingen und sich beide wechselseitig sogar noch verstärken könnten.

Das im Entwurf des TSVG vorgesehene Modell der „gestuften und gesteuerten Versorgung“ in der Psychotherapie sieht vor, dass besonders qualifizierte Ärzte und psychologische Psychotherapeuten in Voruntersuchungen festlegen, welches Hilfe- oder Therapieangebot die Betroffenen wahrnehmen dürfen. „Damit beschränkt der Gesetzgeber nicht nur die Wahlfreiheit der Patienten, eine solche Regelung speziell für Menschen mit psychischen Erkrankungen diskriminiert die betroffenen Patientengruppen auch“, kritisierte Montgomery. Er forderte die Streichung des entsprechenden Passus im TSVG.

Der Bundesärztekammer-Präsident stellte klar: „Die meisten psychischen Erkrankungen sind gut behandelbar – aber sie müssen eben auch behandelt werden. Andernfalls drohen Chronifizierungen und schwere Verläufe. Deshalb sollten Politik und Kostenträger den Ausbau der sprechenden Medizin durch Haus- und Fachärzte nicht nur fordern, sondern auch fördern.“