Organspende ins Gedächtnis rufen

Schleswig-Holstein

Bad Segeberg − Mit dem Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende war die Hoffnung verbunden, die Zahl durchgeführter postmortaler Organspenden stark zu erhöhen. Tatsächlich stieg 2020 nach der vorausgegangenen gesellschaftlichen Debatte über die drei unterschiedlichen politischen Vorschläge zur Regelung der Organspende in Deutschland die Spenderbereitschaft. In den Folgejahren sank die Anzahl von Spenderinnen und Spendern allerdings wieder. In dem Zeitraum von Januar bis April 2022 sanken die Spendendenzahl um 26,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr*. „Die Zahlen sind alarmierend“, so Prof. Dr. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein (ÄKSH). Neben einer angekündigten Informationspolitik hofft Herrmann weiterhin auf die freie Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein.

Entscheidungslösung – Organspende ein gesellschaftliches Thema
Die sogenannte Entscheidungslösung setzt auf die selbstbestimmte Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger. Eine ausgebaute Informationspolitik soll sie dabei unterstützen. So sollen etwa die Ausweisstellen von Bund und Ländern Aufklärungsmaterial und Organspendeausweise aushändigen. Das Gesetz schlägt außerdem vor, dass Hausärztinnen und Hausärzte ihre Patientinnen und Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre über die Möglichkeit der Organspende beraten. „Bei einem Beratungsgespräch geht es nicht darum, Menschen in eine Richtung zu drängen, sondern das Thema wieder ins Gedächtnis zu rufen, sodass die Menschen eine selbstbestimmte Entscheidung treffen können – für diese partizipative Entscheidungsfindung braucht es Zeit und Raum“, so Herrmann. Prof. Dr. Felix Braun, Leiter der Sektion Klinische Transplantationsmedizin an der Klinik für Allgemeine, Viszeral-, Thorax-, Transplantations- und Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel, betont die hohe Bedeutung einer rationalen Debatte: „Nach wie vor brauchen wir in Deutschland eine offene und sachlich geführte Kommunikation, damit sich dauerhaft eine Kultur der Organspende entwickeln kann.“ Der stetige Informationsfluss von Ärztinnen, Ärzten und öffentlichen Behörden kann dabei helfen, die Entscheidungsfreudigkeit der Bevölkerung nachhaltig zu steigern.

Freie Entscheidung muss nicht warten
„Entscheidet sich ein Mensch nicht zu Lebzeiten, wird diese Entscheidung an die Ehepartner oder Kinder abgegeben. Das setzt die Angehörigen unter Druck,“ beschreibt Herrmann die Kehrseite einer nicht getroffenen Entscheidung. Wichtig bleibt, dass man sich des Themas annimmt und eine Entscheidung aus freien Stücken und aus eigener Überzeugung trifft und diese auf einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung dokumentiert wird.

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