Bundesgerichtshof stützt Argumentation der Bundesärztekammer

Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 50 (14.12.2007), Seite A-3504

Die Amtliche Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sieht drei Gebührenrahmen vor (§ 5 GOÄ): Für ärztliche Leistungen gilt ein Gebührensatz vom einfachen bis 3,5-fachen und „in der Regel [Regelspanne] darf eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3-Fachen [Schwellenwert] des Gebührensatzes bemessen werden“. Ärztlich-technische Leistungen haben einen Gebührenrahmen vom einfachen bis zum 2,5-fachen mit einem Schwellenwert von 1,8-fach. Für Laborleistungen gilt ein Gebührenrahmen vom einfachen bis zum 1,3-fachen mit einem Schwellenwert von 1,15-fach.

Was genau der Gesetzgeber mit der Formulierung „in der Regel darf eine Gebühr nur ...“ meint, war in der Vergangenheit strittig. Die privaten Krankenversicherungen legten die Bestimmung so aus, dass der 2,3-fache Satz der „Regelhöchstwert“ für ärztliche Leistungen sei, der Arzt seine Leistungen üblicherweise zwischen dem einfachen und 1,8-fachen zu berechnen habe, nur in besonders schwerwiegenden Fällen der „Mittelwert“ von 1,8-fach überschritten werden dürfe und die durchschnittlich schwierige ärztliche Leistung zum 1,8-fachen Satz abzurechnen sei. Die Bundesärztekammer (BÄK) hingegen ist der Ansicht, dass es bei der letzten Gesamtreform der GOÄ 1982 ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers gewesen sei, den Schwellenwert zum Richtwert zu machen, um den Fall des durchschnittlichen Schwierigkeitsgrads und Zeitaufwands, kurz den Normalfall, abzugelten.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte kürzlich in einem Streitfall zu entscheiden, ob die Leistungen eines Augenarztes, die durchschnittlich schwierig und zeitaufwendig waren, mit dem Höchstsatz der Regelspanne [Regelhöchstwert/ Schwellenwert] abgerechnet werden dürfen (Az.: III ZR 54/07 vom 8. November 2007). Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor, aber laut Pressestelle des BGH entschied der III. Zivilsenat, dass der Arzt das ihm vom Verordnungsgeber (VOG) eingeräumte Ermessen nicht verletze, wenn er nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche ärztliche Leistungen, für die große Mehrzahl der Behandlungsfälle, mit dem Höchstsatz der Regelspanne abrechne. Dem VOG sei die[se] Abrechnungspraxis bekannt, und er habe davon abgesehen, den Bereich der Regelspanne deutlicher abzugrenzen und vom Arzt bis zum Höchstsatz der Regelspanne eine Begründung zu verlangen. Ohne eine Begründungspflicht im Bereich der Regelspanne sei es jedoch nicht praktikabel und offenbar nicht gewollt, den für eine durchschnittliche Leistung angemessenen Faktor zu ermitteln oder anderweitig festzulegen. Der VOG habe auch keinen Mittelwert für durchschnittliche Leistungen innerhalb der Regelspanne vorgesehen. Hiervon bleibe unberührt, dass der Arzt nicht alle seine Leistungen mit dem Höchstsatz der Regelspanne berechnen dürfe, sondern sich bei einfachen ärztlichen Verrichtungen im unteren Bereich der Regelspanne bewegen müsse.

Diese Entscheidung weist die Forderungen nach regelhafter Abrechnung von ärztlichen Leistungen zum sogenannten kleinen Mittelwert (1,8-fach) als unhaltbar zurück und bestätigt die bisherige Rechtslage.

Dr. med. Anja Pieritz
Deutsches Ärzteblatt 104, Heft 50 (14.12.2007), Seite A-3504