Individuelle Gesundheitsleistungen nach GOÄ – Einzelfragen

Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 37 (12.09.2008), S. A-1938

Die Definition des Begriffs IGeL (Individuelle Gesundheitsleistung), die Vertragsgestaltung sowie die Rechnungslegung nach der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) wurde in diesem Jahr in den GOÄ-Ratgebern der Hefte 26, 28–29 und 31–32 beschrieben.

Einige Ärztinnen und Ärzte stehen je nach IGeL-Leistung vor der Frage, was dafür in Rechnung gestellt werden kann und darf. Neben der grundsätzlichen Gültigkeit der GOÄ und dem frei wählbaren Gebührensatz (vom 1,0-Fachen bis zum jeweiligen Schwellenwert) müssen für selbstständige ärztliche Leistungen, die nicht im Gebührenverzeichnis der geltenden GOÄ vorhanden sind, die Kriterien nach § 6 Abs. 2 GOÄ beachtet werden. Preisabsprachen mit Kollegen sind nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht zulässig. Ein Austausch darüber, welche analoge Leistung der angebotenen IGeL-Leistung am ehesten gleichwertig entspricht, hingegen schon.

Schwierigkeiten bereitet oft die Frage der Abgrenzung von IGeL-Leistungen zu den Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder privaten Krankenversicherern (PKV) erstattet werden. Häufiges Beispiel ist die Beratung, die einerseits zu einer Erkrankung (und Leistung) stattfindet, die in den Bereich der GKV/PKV fällt, und die Beratung, die einer anderen Erkrankung und IGeL-Leistungen stattfindet. Theoretisch wäre es am einfachsten, diese Beratungen zeitlich voneinander zu trennen, in der Praxis ist dies jedoch leider häufig aus verschiedenen Gründen nicht machbar. Wichtig ist es, dass der Patient vor der Beratung zu der zweiten Erkrankung und den IGeL-Leistungen entsprechend über die Art der Leistung, die Nichterstattung und die Kosten aufgeklärt wird und (bei GKV-Pflicht) einen entsprechenden Vertrag unterschreibt. Dies kann nur dann reibungslos funktionieren, wenn der Patient möglicherweise bei einem vorhergehenden Kontakt darüber informiert wurde, dass er ergänzende, für ihn kostenpflichtige, Leistungen in Anspruch nehmen kann. Sonst wird der Patient von der plötzlichen Wendung während der Beratung „überrumpelt“, unterschreibt und ist verärgert. Ganz abgesehen davon, dass die Gültigkeit des Vertrags womöglich angezweifelt werden könnte. Ein Arzt verteilt beim Erstkontakt, auf Wunsch des Patienten, Informationsmaterial zu der jeweiligen Krankheit, in dem der Patient nachlesen kann, was er sich selbst Gutes tun kann (beispielsweise viel Tee zu trinken), was die GKV/PKV zahlt und welche IGeL-Leistungen der Arzt ergänzend anbieten kann.

Eine Frage, die vor allem von Patienten immer wieder gestellt wird, ist, ob der Arzt Vorkasse verlangen darf. Schaut man in die Regelungen in der GOÄ, so ist die Rechnung zu bezahlen, wenn nach erbrachter Leistung eine fällige Rechnung gestellt wird. Eine Vorkasse wäre demnach nicht zulässig, gleichwohl aber ein Bezahlen nach Erbringung der Leistung und Aushändigung der Rechnung.

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 105, Heft 37 (12.09.2008), S. A-1938)