Westfalen-Lippe: Gehle: Ein softwaregestütztes Ersteinschätzungsverfahren kann keinen Arzt ersetzen – Kammerversammlung: Deutliche Kritik an der geplanten Reform der Notfallversorgung

Münster - Deutliche Kritik an der geplanten Reform der Notfallversorgung übte der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Dr. Hans-Albert Gehle, auf der heutigen Kammerversammlung der ÄKWL in Münster. „Die von der Politik groß angekündigte Neuregelung fällt aus, stattdessen gibt es Stückwerk und unüberlegte Schnellschüsse.“ ÄKWL-Präsident Gehle bezog sich dabei auf die im Entwurf des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) vorgesehene Einführung einer zusätzlichen verpflichtenden, standardisierten Ersteinschätzung, nach der Patienten, die eine Krankenhausnotaufnahme oder Rettungsstelle aufsuchen, ohne ärztliche Abklärung allein mittels eines Software-Algorithmus weitergeleitet werden sollen. „Ein softwaregestütztes Ersteinschätzungsverfahren kann die Fachkompetenz und den diagnostischen Blick in der Notfallversorgung von Ärztinnen und Ärzten unterstützen aber niemals ersetzten“, so Gehle. Zudem sieht der Kammerpräsident in den Planen eine Gefahr für die in Westfalen-Lippe erfolgreich eingerichteten Portalpraxen. „Die in unserer Region weit verbreiteten Portalpraxen sind ein Erfolgsmodell. Der westfälische Weg sollte als Vorbild dienen und nicht durch schlechtere Strukturen ersetzt werden. Das wäre auch nicht im Sinne einer guten Patientenversorgung im Notfall.“

Die ursprünglich vorgesehenen Regelungen wurden „erfreulicherweise im Gesetzgebungsverfahren quasi auf den letzten Metern“ im Sinne des Patientenschutzes auch aufgrund der massiven Kritik aus der Ärzteschaft abgeschwächt und es bleibe dabei, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für das Verfahren Vorgaben zur Qualifikation des medizinischen Personals machen soll, das die Ersteinschätzung vornimmt. Neu sei nun aber, dass der G-BA bei seinen Festlegungen die bereits in den zentralen Notaufnahmen vorhandenen und zur Anwendung kommenden Verfahren zur Behandlungspriorisierung berücksichtigt. Der G-BA soll auch festlegen, wann definitiv ein Arzt zu entscheiden hat, dass der Patient nicht vor Ort versorgt werden soll und gegebenenfalls das Ergebnis einer automatisierten Ersteinschätzung wieder korrigiert. Er soll Vorgaben zur Weiterleitung von Patienten an Notdienstpraxen oder an Vertragsärzte machen und er wird verpflichtet, die Auswirkungen des neuen Verfahrens zu evaluieren.

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