Westfalen-Lippe: Wiedererlangung von Bürgerrechten für Corona-Geimpfte und Genesene: Frage des solidarischen Umgangs

Gemeinsame Pressemitteilung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und des Universitätsklinikums Münster

Münster - In der Diskussion um die Rücknahme von Grundrechtseinschränkungen für Corona-Geimpfte und Corona-Genesene warnen die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) und das Universitätsklinikum Münster (UKM) davor, die in der Corona-Schutzverordnung des Bundes getroffenen Maßnahmen zu schnell wieder zurückzunehmen. Dies gefährde die Eindämmung der dritten Corona-Welle und konterkariere auch die Bemühungen, eine Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden, sind sich der Präsident der ÄKWL, Dr. Hans-Albert Gehle, und der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKM, Univ.-Prof. Dr. Hugo Van Aken, einig. Die Menschen müssten trotz der bisherigen Impffortschritte noch Geduld aufbringen und weiter sorgfältig miteinander umgehen.

In dieser Woche berät das Bundeskabinett über Regeln zu möglichen Erleichterungen für Corona-Geimpfte und Corona-Genesene, Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium arbeiten derzeit an einer entsprechenden Bundesverordnung, die Ende Mai abschließend im Bundestag und Bundesrat beraten werden und dann ab Juni greifen soll. Einzelne Bundesländer wollen bei diesem Thema jedoch noch schneller handeln.

Solange es nur ein eingeschränktes Impfangebot gibt, ist es nach Ansicht von Kammerpräsident Gehle „eine Frage der Solidarität, erst einen hohen Grad der Durchimpfung abzuwarten und bis dahin die Pandemie gemeinsam durchzustehen“. Von den Geimpften wünscht sich Gehle Rücksichtnahme, da sich ansonsten Nicht-Geimpfte, wie etwa jüngere Menschen, eventuell nicht mehr an die Corona-Regeln halten. Die Diskussion um Vorteile für Geimpfte und die Rückgabe von Rechten bereitet ihm die Sorge, „dass die Menschen dann unachtsam werden“. Die Infektionszahlen seien viel zu hoch, die Intensivstationen zu voll und die Sterbezahlen immer noch zu besorgniserregend, um leichtfertig über Lockerungen zu reden. Schließlich müsse man auch Rücksicht nehmen auf diejenigen, die bisher noch nicht geimpft werden konnten. Derzeit hätten lediglich knapp acht Prozent der Bevölkerung eine Zweitimpfung und damit den bestmöglichen Impfschutz erhalten. Erst bei einer Durchimpfung von mindestens jedem Zweiten und der Möglichkeit für jeden, ein Impfangebot anzunehmen, könne man über die Rückgabe von Grundrechten reden. „Sobald die Ausbreitung des Virus gestoppt und die Schwere der Krankheitsverläufe nachlässt, dürfen wir vom Ende der Beschränkungen sprechen – und dann für alle Menschen. Bis dahin müssen wir weiter auf einen sorgfältigen Umgang miteinander achten.“

Der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des UKM (Universitätsklinikum Münster), Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hugo Van Aken, plädiert dafür, insbesondere junge Menschen nun schneller und konsequent zu impfen. „Insbesondere die Jungen, die noch nicht geimpft sind, weisen hohe Infektionsraten auf. Um die Infektionsketten hier wirksam zu unterbrechen, rufen wir die Bundesregierung auf, die Gruppe der unter 30-Jährigen nun in der Priorisierung nach vorne zu ziehen.“

Neben der Senkung der Infektionszahlen, ist es weiter wichtig, das Tempo der Impfkampagne hoch zu halten. Der Leiter des Instituts für Virologie am UKM, Univ.-Prof. Stephan Ludwig, ist insbesondere bezüglich der Entstehung möglicherer impfresistenter Virusvarianten skeptisch. „Wir sehen jetzt endlich erste Wirkungen der Impfkampagne. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Allerdings wirkt keine Impfkampagne zu hundert Prozent und bei den immer noch sehr hohen Infektionszahlen ist die Gefahr von Impfdurchbrüchen und die Entstehung von Virusmutanten, gegen die der Impfstoff nicht mehr wirksam ist, sehr groß. Daher gilt es bei Lockerungen mit großem Augenmaß vorzugehen. Von einer Durchimpfung sind wir noch weit entfernt.“

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