Hallux valgus: Zielleistungsprinzip

Deutsches Ärzteblatt 103, Heft 36 (08.09.2006), Seite A-2332

Zum "Zielleistungsprinzip" heißt es in § 4 Absatz 2a der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ): "Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen Einzelschritte."

Um eine Befriedung bei dieser Problematik herbeizuführen, ist die Bundesärztekammer (BÄK) bestrebt, entweder im Zentralen Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen (mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V., einem Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums und der Beihilfe) oder im Ausschuss "Gebührenordnung" der BÄK Abrechnungsempfehlungen im Interesse aller Beteiligten zu erarbeiten, bei denen unselbstständige Teilschritte unter der jeweiligen Zielleistung beziehungsweise unter einer einzigen Gebührenposition subsumiert, jedoch fakultative, im Einzelfall notwendige Zusatzleistungen als separat berechnungsfähig gekennzeichnet werden.

Insbesondere beim Hallux valgus wird von den Versicherungsunternehmen häufig behauptet, dass bei der Operation des Hallux valgus zwingend die Nr. 2297 "Operation des Hallux valgus mit Gelenkkopfresektion und anschließender Gelenkplastik und/oder Mittelfußosteotomie einschließlich der Leistungen nach den Nrn. 2295 und 2296" angesetzt werden müsse, ungeachtet der Tatsache, dass es heute circa 50 verschiedene Verfahren gibt, die je nach Art und Umfang der Erkrankung und Ziel der Operation in Kombination oder einzeln eingesetzt werden. Dabei wird die herkömmliche gelenkresezierende Methode nach Keller-Brandes, die durch die Nr. 2297 GOÄ beschrieben wird, heute nur noch sehr selten angewendet. Die neueren Verfahren (wie nach Akin, Scarf, oder Shevron) zielen besonders darauf ab, das Großzehengrundgelenk zu erhalten und die physiologische Stellung des Großzehs wiederherzustellen.

Unter Beachtung dieser neuen Techniken hat der Ausschuss "Gebührenordnung" der BÄK im Jahr 2002 Abrechnungsempfehlungen herausgegeben (DÄ, Heft 45/2002 oder www.bundesaerztekammer.de. Diese Abrechnungsempfehlungen wurden kürzlich vom Bundesgerichtshof (Az.: III ZR 217/05 vom 16. März 2006) bestätigt: "... Dass die Osteotomie eines kleinen Röhrenknochens - einschließlich Osteosynthese - (nach Nr. 2260 GOÄ) nicht als ein methodisch notwendiger operativer Einzelschritt der in Nr. 2297 beschriebenen Operation anzusehen ist, ergibt sich mittelbar auch aus einem Beschluss des Ausschusses "Gebührenordnung" der Bundesärztekammer..."

Das ist ein Urteil zum "Zielleistungsprinzip", das zeigt, dass dieses Thema in der Rechtsprechung erfreulicherweise zunehmend differenzierter betrachtet wird als noch vor zwei bis drei Jahren und die Beschlüsse des Ausschusses "Gebührenordnung" als korrekt und zielführend zitiert werden.

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 103, Heft 36 (08.09.2006), Seite A-2332)

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