Gehle: „Vielmehr müssen wir Patientenversorgung gemeinsam gestalten“

Ärztekammer kritisiert Gassen-Vorschlag zu ambulanten Operationen
Westfalen-Lippe

Vor dem Hintergrund der Forderung des KBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Gassen, mehr Operationen ambulant durchzuführen, sagt der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Dr. Hans-Albert Gehle: „Wenn Gassen von drei bis vier Millionen Operationen jährlich spricht, die ambulant statt im Krankenhaus durchgeführt werden sollen, frage ich mich ernsthaft, ob das ambulante System dies auch abbilden kann.“ Zudem bezweifelt der ÄKWL-Präsident das von Gassen postulierte Einsparpotenzial von bis zu zehn Milliarden Euro. Gehle fordert hingegen, das Gegeneinander von stationärem und ambulantem Sektor aufzugeben. „Mit Pauschalkritik kommen wir bei der Frage nach der Zukunft des Gesundheitswesens nicht weiter“, so der Kammerpräsident zu dem Gassen-Vorschlag. „Vielmehr müssen wir Patientenversorgung gemeinsam gestalten.“

Grundsätzlich sei zwar zu begrüßen, dass Leistungen inzwischen auch ambulant erbracht werden können, erklärt Dr. Gehle. „Leistenbrüche werden heute schon ambulant operiert. Solch ein niedrigschwelliges Angebot muss jedoch die Situation der Patienten und operierenden Ärzte berücksichtigen“. Ein ambulanter Eingriff müsse als Vorteil, nicht als Zumutung für die Patienten wahrgenommen werden. Für Gehle stellen sich dabei wichtige Fragen: „Wie sind dann Nachversorgung und Überwachung etwa bei einem 90jährigen multimorbiden Patienten oder bei komplizierten und langwierigen Verläufen gesichert? Ist das überhaupt mit Blick auf den Fachkräftemangel in der häuslichen Pflege gesichert?“

Zweifel bleiben bei Gehle auch bezüglich der von Gassen genannten Einsparmöglichkeiten durch mehr ambulante Operationen. „Der in diesem Jahr neuformulierte AOP-Vertrag sollte einheitliche Rahmenbedingungen zur Durchführung ambulanter Operationen in Praxen und Kliniken schaffen, tut es aber leider nicht.“ Die angestrebten zehn Milliarden Euro Einsparungen wären dann wohl nur mit Qualitätseinschränkungen zu erreichen. „Eine qualitativ gleichwertige Versorgung wird auch gleichwertige Kosten sowohl im ambulanten wie im stationären Bereich verursachen. Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sollen gleiches Geld für gleiche Leistungen bekommen.“

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