Niedersachsen: Eine kurze komplette Schließung von Schulen und Kitas schützt auch die Kinder
Hannover - Vor fast einem Jahr im Verlauf der ersten Welle der Corona-Pandemie in Deutschland gab es noch kaum Erkenntnisse dazu, ob und wie ansteckend das SARS-CoV-2-Virus für Kinder ist. Mittlerweile wurden mehrere Studien veröffentlicht, die nicht nur dokumentieren, dass Kinder sich in der Tat anstecken, sondern auch, dass die Infektion bei ihnen überwiegend asymptomatisch verläuft. Dr. med. Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN), fordert daher, die Schulen in Niedersachsen endlich für eine gewisse Zeit komplett zu schließen und nur noch Distanzunterricht abzuhalten.
Die Lungenfachärztin räumt zwar ein, dass die Infektionszahlen leicht sinken: „Wir sind aber noch nicht über den Berg.“ Deshalb betont Wenker, „es gibt noch keinen Grund zur Entwarnung.“ Wie schnell die Zahlen wieder in die Höhe schießen könnten, habe nicht zuletzt die Entwicklung in Baden-Württemberg gezeigt, wo Schulen und Kitas geöffnet werden sollten: „Wir sollten jetzt konsequent handeln, da die Impfungen in Aussicht sind. Sonst könnten wir unsere Inkonsequenz eventuell sehr bereuen“, sagt Wenker, die sich als Mitbegründerin der „Initiative Niedersächsischer Ethikrat“ selbst in den vergangenen Monaten sehr für die Chancen- und Bildungsgerechtigkeit während der Pandemie eingesetzt und dafür plädiert hat, mit aller Kraft und auch mit finanziellen Mitteln die Eltern zu stützen.
Die Eltern die Verantwortung tragen zu lassen, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken, hält Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Thomas Buck, Mitglied im ÄKN-Landesvorstand und Vorsitzender der ÄKN-Bezirksstelle Hannover, für grundfalsch: „Die Verantwortung für den gefahrlosen Schulbesuch muss der Kultusminister tragen“, sagt Buck. Andererseits sehe er in seiner Praxis die Folgen des Lockdowns für die Kinder wie Sprachentwicklungsstörungen und psychische Probleme. „Wir laufen derzeit Gefahr, zwanzig Prozent der Kinder von ihrer weiteren Entwicklung abzuhängen“, warnt Buck und fordert deshalb, die Schulen mit Schnelltests und Lüftungssystemen pandemiefest zu machen: „Schulschließungen müssen eine kurzfristige Notmaßnahme bleiben. Jetzt für alle, aber mit einer klaren Perspektive für eine sichere Öffnung.“
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