Saarländische Ärzteschaft fordert: „Ambulante Versorgung gewährleisten – an Neupatientenregelung festhalten“

Saarland

Die Ärztekammer des Saarlandes unterstützt den Protest und den Widerstand der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen gegen die geplante Abschaffung der Neupatientenregelung. Hierzu verabschiedete die Kammerversammlung in ihrer gestrigen Sitzung einstimmig die Resolution „Ambulante Versorgung gewährleisten – an Neupatientenregelung festhalten“.

Die im Entwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehene Aufhebung der Neupatientenregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) untergrabe das Vertrauen der Ärzteschaft in politische Entscheidungen und verunsichere Patientinnen und Patienten.

 „Die Neupatientenregelung hatte bis jetzt sehr positive Auswirkungen auf die ambulante Versorgung. Es ist für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sehr schwer nachzuvollziehen, dass nun der Zugang zu Terminen von Haus- und Facharztpraxen für Patienten wieder schwieriger werden soll“, sagt Kammerpräsident Dr. Josef Mischo. Der angekündigte Wegfall der Neupatientenregelung würde nicht ohne massive Folgen – wie etwa längere Wartezeiten auf Termine – bleiben. „Diese geplanten Einsparungen erfolgen schlicht und ergreifend nach der Rasenmäher-Methode und bedeuten einen Vertrauensbruch“, sagt Vizepräsident Dr. Markus Strauß, der als niedergelassener Augenarzt in Saarbrücken tätig ist. Die Zahl der behandelten Neupatienten hätten nach Analysen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung zwischen dem 4. Quartal 2019 und dem 4. Quartal 2021 um zwölf Prozent zugenommen. Insgesamt wurden im 4. Quartal 2021 bundesweit 20,2 Millionen Neupatienten behandelt.

Hintergrund Neupatientenregelung

2019 ist die Neupatientenregelung zusammen mit einer Ausweitung der Sprechstundenzeit auf mindestens 25 Stunden pro Woche im Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt worden. Sie diente als Anreiz für Praxen, mehr Termine anzubieten und mehr Menschen zu behandeln. Um zusätzliche Behandlungszeit zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber für zeitintensivere Neupatienten und für die "offene Sprechstunde" die Budgetierung ausgesetzt und die vollständige Vergütung für diese Leistungen zugesichert. Alle Patientinnen und Patienten, die erstmals oder zuletzt vor über zwei Jahren in einer Praxis behandelt wurden, gelten dem Gesetz nach als Neupatienten.

Die Resolution im Wortlaut:

Ambulante Versorgung gewährleisten – an Neupatientenregelung festhalten

Die Vertreterversammlung der Ärztekammer des Saarlandes unterstützt den Protest und den Widerstand der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen gegen die geplante Abschaffung der Neupatientenregelung. Die im Entwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehene Aufhebung der Neupatientenregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) untergräbt das Vertrauen der Ärzteschaft in politische Entscheidungen und verunsichert Patientinnen und Patienten.

Mit dem Inkrafttreten des TSVG haben die Ärztinnen und Ärzte – im Vertrauen auf den Bestand dieser Regelungen – die Abläufe in den Praxen umgestellt. Der angekündigte Wegfall der Neupatientenregelung würde nicht ohne massive Folgen – wie etwa längere Wartezeiten auf Termine – bleiben. Wir werden dies in der öffentlichen Diskussion in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen und aufzeigen, dass diese Folgen von der Politik so gewollt sind. Gerade in den letzten zwei Pandemie-Jahren hat sich das System der Gesundheitsversorgung in Deutschland wieder außerordentlich bewährt, auch wenn dies von der Politik nur selten öffentlich anerkannt worden ist.

Die ambulante flächendeckende Versorgung in Deutschland mit einem Netz von über 100.000 Praxen ist zu Recht als Schutzwall für die Krankenhäuser bezeichnet worden. 19 von 20 Corona-Patienten wurden ambulant behandelt. In der Impfkampagne waren die Praxen der entscheidende Faktor, um in kurzer Zeit viele Menschen zu impfen. Seit Beginn der nationalen Impfkampagne in Arztpraxen im April 2021 haben die niedergelassenen Haus- und Fachärzte über 90 Millionen COVID-19 Impfungen durchgeführt.

Dies alles war nur möglich durch das außerordentliche Engagement der gesamten Praxisteams, die bis heute mit unermüdlichen Einsatz dafür sorgen, dass die ambulante Versorgung der Patientinnen und Patienten verlässlich sichergestellt ist. In dieser angespannten Situation, in der die Praxen derzeit stehen, ist damit zu rechnen, dass es bei Wegfall der Neupatientenregelung längere Termin-Wartezeiten geben wird.

Verschärft wird die Situation in Krankenhäusern und Praxen noch durch Zuwächse bei Energiekosten und die gegenwärtige Inflationsentwicklung. Beides kann über die reguläre Vergütung schon jetzt nicht mehr ausgeglichen werden.

Wir fordern den Bundesgesundheitsminister und den Gesetzgeber nachdrücklich auf, im weiteren Verfahren die angedachte Aufhebung der Neupatientenregelung fallen zu lassen.

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