Aufsichtspflicht bei Laborleistungen

Deutsches Ärzteblatt 105, Nr. 41 (10.10.2008), S. A-2182

Die Delegation und Abrechnung von Laborleistungen wurde mit der Vierten Änderungsverordnung zur Novellierung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 1996 stark eingeschränkt. Neben einem Praxislabor (M I GOÄ) wurden ein delegierbares Basislabor (M II GOÄ) und das nicht an eine Laborgemeinschaft delegierbare Speziallabor (M III und M IV GOÄ) geschaffen. Da die Einschränkung der Delegationsfähigkeit auf M II anfangs zu erheblichen Irritationen geführt hatte, fasste die Bundesärztekammer (BÄK) 1996 einen Auslegungsbeschluss (DÄ, Heft 9/1996, Seite A 562). Dieser erläutert die Neufassung von § 4 Absatz 2 Sätze 1 und 2 GOÄ. Entscheidend war aber die Klarstellung, was unter „Aufsicht und fachlicher Weisung“ des Arztes bei Leistungen des Speziallabors zu verstehen ist. Grundsätzlich könne der Arzt delegationsfähige Leistungen des Abschnitts M III und M IV GOÄ unter seiner Aufsicht und fachlicher Weisung an nachgeordnetes Personal delegieren. Er habe jedoch bei allen Schritten der Leistungserbringung persönlich anwesend zu sein (Ausnahme: technische Erstellung durch automatisierte Verfahren). Die Schritte der Leistungserstellung ergeben sich aus den Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts M Ziffer 1 GOÄ. Der Beschluss der BÄK von 1996 erläutert diese detaillierter: Sicherstellung ordnungsgemäßer Probenvorbereitung; regelmäßige stichprobenartige Überprüfung der Laborgerätewartung und Bedienungsabläufe durch das Laborpersonal einschließlich der Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen; persönliche und nicht nur telefonische Erreichbarkeit innerhalb kurzer Zeit zur Aufklärung von Problemfällen; persönliche Überprüfung der Plausibilität der aus Untersuchungsmaterial erhobenen Parameter nach Abschluss des Untersuchungsgangs, um bei auftretenden Zweifeln dieselbe Probe zeitnah erneut analysieren zu können; unmittelbare Weisungsberechtigung gegenüber dem Laborpersonal sowie Dokumentation der Wahrnehmung der Verantwortung.

Die BÄK hat sich im Jahr 2000 erneut mit den Regelungen zu den Speziallaborleistungen befasst (DÄ Heft 30/2000, Seite A 2058–9). Dies wurde notwendig, weil Stellungnahmen darauf hinwiesen, dass sich durch die Weiterentwicklung der Technik die umfassende Aufsichtspflicht des Arztes bei der Erbringung von Speziallaborleistungen erübrige, da er insbesondere auf die „Blackbox-Verfahren“ nicht einwirken könne. Die BÄK hat den Beschluss von 1996 bestätigt, ergänzt und ausführlich erläutert. Ausschlaggebend für die Auslegungen von 1996 und 2000 sei die gebührenpolitische Zielsetzung des Verordnungsgebers. Dieser habe mit der Neuregelung eine Einschränkung der Beziehbarkeit von Laborleistungen erreichen wollen. Daran habe sich bis heute nichts geändert, und eine Infragestellung der Regelung des § 4 Absatz 2 GOÄ sei nicht wünschenswert, da die Diskussion um das Labor als ärztliche Leistung wieder aufleben könnte.

Dr. med. Anja Pieritz
(in: Deutsches Ärzteblatt 105, Nr. 41 (10.10.2008), S. A-2182)